Dec 27, 2022
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Abkehr von Null-Covid: China öffnet sich schnell – doch die Coronalage ist weiter angespannt

Written by Dana Heide

Berlin Es ist eine 180-Grad-Wende: Am Montag hat die chinesische Nationale Gesundheitsbehörde nahezu alle Einreiserestriktionen in die Volksrepublik aufgehoben. Ab dem 8. Januar müssen Reisende bei Ankunft in China nicht mehr in Quarantäne, sondern sind lediglich verpflichtet, sich innerhalb von 48 Stunden auf Corona testen zu lassen.

Zudem teilte die Behörde mit, dass sie das Coronavirus ab dem 8. Januar von dem Gefahrenstatus A auf den Status B herabsetzt – ein weiterer großer Schritt bei der Abkehr von der Null-Fall-Strategie. Auch das Aidsvirus und Tuberkulose sind in der Kategorie B eingeordnet. Aus dem Status folgt, welche Maßnahmen zur Bekämpfung ergriffen werden

Die Lockerungen stellen den jüngsten radikalen Schritt der chinesischen Staatsführung bei ihrer Abkehr von der Null-Covid-Strategie dar. China hatte fast während der ganzen Zeit der Coronapandemie durchgehend weltweit die schärfsten Einreisebestimmungen. Je nach Zielort mussten Reisende aus dem Ausland zwei bis mehr als sechs Wochen in Quarantäne – meist in einer zentralen Einrichtung und immer ohne Ausgang.

Die Europäische Handelskammer begrüßte die Lockerungen bei den Einreiserestriktionen. Der Schritt werde das Vertrauen in die Wirtschaft stärken, sagte EU-Handelskammerpräsident Jörg Wuttke.

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Führungskräfte aus den Hauptniederlassungen von Unternehmen, die in den letzten drei Jahren im Großen und Ganzen nicht in der Lage waren, China persönlich zu besuchen, könnten nun wieder in die Volksrepublik reisen. Und umgekehrt werde es Mitarbeitern aus China ermöglicht, zu Networking- und Schulungszwecken nach Übersee zu reisen.

Investitionsvertrauen in China ist deutlich zurückgegangen

Drei Jahre strengste Coronarestriktionen hatten in der Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Das Geschäftsvertrauen deutscher Unternehmen in China sei auf einem „historischen Tiefstand“, hieß es jüngst in einer Umfrage der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China.

>> Lesen Sie hier: Geschäftsvertrauen deutscher Unternehmen in China ist auf „historischem Tiefstand“

Das Investitionsvertrauen der deutschen Unternehmen mit Geschäften in der Volksrepublik sei „deutlich“ zurückgegangen. Gerade mal die Hälfte der Firmen plant noch, ihre Investitionen vor Ort in den nächsten zwei Jahren zu erhöhen – 2021 waren es noch 71 Prozent.

Und trotz Freude über die gelockerten Einreisebestimmungen ist die Stimmung in China weiterhin alles andere als euphorisch. Denn die überraschende und kaum vorbereitete Öffnung des Landes hat bereits zu rund 250 Millionen Infektionen in den ersten 20 Tagen im Dezember geführt. Das berichten die „Financial Times“ und die Nachrichtenagentur Bloomberg, die sich auf nicht öffentliche Schätzungen der Nationalen Gesundheitsbehörde beziehen. Laut Bloomberg kam es in der Woche vor dem 23. Dezember demnach an nur einem Tag zu 37 Millionen Neuinfektionen in der Volksrepublik.

Ältere Chinesen sind unzureichend geimpft

Der Anstieg der Fallzahlen ist rasant. Die Krankenhäuser sind in diesen Tagen vielerorts völlig überlastet. Im Internet kursieren Videos, wie Menschen aus Platzmangel in den Krankenhäusern teilweise auf offener Straße Infusionen erhalten.

Ambulantes Fieberkrankenhaus in Peking

Da viele Krankenhäuser in China überfüllt sind, öffnen nun ambulante Kliniken. Sie behandeln vor allem Symptome wie Fieber bei einer Corona-Infektion.



(Foto: dpa)

Wie viele Menschen infolge der enorm schnellen Ausbreitung des Virus und der unzureichenden Gesundheitsversorgung bereits an den Folgen ihrer Coronaerkrankung gestorben sind, ist mangels valider offizieller Statistiken unklar. Die Gesundheitsanalysefirma Airfinity geht davon aus, dass derzeit mehr als 5000 Menschen pro Tag in China der Krankheit erliegen.

Reporter vor Ort berichten von langen Schlangen mit Leichenwagen vor Krematorien, in den sozialen Netzwerken kursieren Videos von Szenen, in denen Angehörige ihre Verstorbenen auf Betten in die Einrichtungen schieben.

Insbesondere der ältere Teil der chinesischen Bevölkerung ist laut Experten unzureichend geimpft. Zudem ist lediglich der chinesische Impfstoff in China zugelassen, der zwar als wirksam, aber nicht so effektiv gilt wie ausländische mRNA-Vakzine.

>> Lesen Sie hier: Chinas Wandel unter Xi: In der deutschen Wirtschaft kehrt Ernüchterung ein

EU-Kammerpräsident Wuttke dämpft angesichts der ungewissen Lage Hoffnungen, dass die jüngsten Lockerungen kurzfristig die Investitionsstimmung bei den Unternehmen heben wird. „Da China derzeit einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der Covid-19-Pandemie vollzieht, werden die Unternehmen wahrscheinlich weiterhin abwarten, wie sich die Situation vor Ort in den kommenden Wochen entwickelt, bevor sie langfristige Entscheidungen über ihre Investitionen in China treffen“, glaubt er.

Quarantäne-Hotel in der Provinz Guangdong

Ab dem 8. Januar müssen internationale Reisende nicht mehr in Quarantäne – damit sind Geschäftsreisen erstmals wieder ohne große Restriktionen möglich.



(Foto: dpa)

Lokalmedien berichten von gravierenden Personalengpässen aufgrund der hohen Krankenstände bei den Unternehmen in der Volksrepublik. Bei manchen Firmen kommt es laut dem chinesischen Wirtschaftsmagazin „Caixin“ bereits zu Lieferschwierigkeiten. Das Magazin zitiert Industrievertreter mit Schätzungen, nach denen etwa viele Haushaltsgerätehersteller derzeit nur mit einer Kapazitätsauslastung von 20 bis 50 Prozent arbeiten. Einige Unternehmen schickten ihre Belegschaft in den vorgezogenen Neujahrsfest-Urlaub, der landesweit eigentlich erst Ende Januar beginnt.

Im Tesla-Werk in Shanghai sollen die Bänder nach internen Plänen im Januar für fast zwei Wochen stillstehen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Zum chinesischen Neujahr 2022 waren die Bänder demnach allenfalls für drei Tage gestoppt worden.

Chinesen hoffen auf internationale Reise

Derweil macht sich die chinesische Bevölkerung Hoffnung, bald wieder ins Ausland reisen zu können. Die chinesische Staatsführung beziehungsweise die Provinzregierungen hatten Reisen chinesischer Staatsbürger außerhalb Chinas de facto komplett unterbunden.

Nur einige wenige Menschen durften das Land in den vergangenen drei Jahren verlassen. Mit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 stellten die Behörden fast keine neuen Reisepässe mehr aus, vereinzelt wurden Reisepässe sogar an der Grenze eingezogen.

Am Dienstag versprach die chinesische Einwanderungsbehörde, dass sie ab dem 8. Januar Anträge chinesischer Staatsbürger auf Ausstellung eines gewöhnlichen Reisepasses für touristische Zwecke und Auslandsbesuche wiederaufnehmen wolle.

Mehr: Wenig Spielraum für die Politik: Die Bundesregierung steht vor einem Chinadilemma



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Politik

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