Dec 27, 2022
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Israel: „King Bibi“ so schwach wie nie: Netanjahu hat sich abhängig von Extremisten gemacht

Written by Pierre Heumann


Benjamin Netanjahu

Der Rechtskonservative hatte die Wahl im November klar gewonnen.



(Foto: dpa)

Tel Aviv Bisher hatte Benjamin Netanjahu stets dafür gesorgt, dass in seinem Kabinett neben radikalen Kräften auch liberale Parteien vertreten waren. Künftig fährt der designierte israelische Ministerpräsident eine neue Strategie und setzt voll und ganz auf Extremisten und Ultraorthodoxe, die das Gesicht des Landes verändern wollen.

Bibi, wie er von Freund und Feind genannt wird, dominierte die israelische Politik jahrelang. In seiner früheren Regierungszeit hat er Israel und seine einst sozialistisch verkrustete Ökonomie umgekrempelt. So ist die Wirtschaft, die nach der Staatsgründung vor allem für den Export von Jaffa-Orangen bekannt war, jetzt eine Hightech-Weltmacht. Wer Israel sagt, sagt auch Innovation und Start-up-Nation.

Mit ihm wird aber auch einer der mutmaßlich korruptesten Politiker, die Israel je gekannt hat, erneut Premier. Und dieser Superlativ will etwas heißen in einem Land, in dem bereits Finanz- und Innenminister, Premierminister sowie zahlreiche Stadtpräsidenten ins Gefängnis mussten, weil sie Gelder veruntreut hatten oder der Korruption überführt worden waren.

Die Staatsanwaltschaft wirft Netanjahu vor, Geschenke von Milliardären angenommen zu haben. Zudem habe er sich eine ihm freundlich gewogene Berichterstattung erkauft. Die Gerichtsverfahren sind noch nicht beendet.

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Netanjahus künftige Bündnispartner wissen, dass er sich von seinem Amt als Regierungschef bessere Chancen verspricht, in den gegen ihn laufenden Korruptionsprozessen freigesprochen zu werden. Und so machten sie Netanjahus Hoffnung auf eine schnelle und problemlose Koalitionsbildung zunichte.

Seit seinem klaren Sieg bei der Wahl am 1. November konfrontierten sie ihn fast täglich mit immer wieder neuen Forderungen: keine Fußballspiele am Schabbat, neue Siedlungen in der Westbank, Änderungen am Justizsystem und beim Obersten Gericht oder mehr Gelder für ultraorthodoxe Schulen, an denen weder Mathematik noch Englisch unterrichtet wird. Als Gegenleistung für ihre Unterstützung beanspruchen sie deutlich mehr Macht und Budgetmittel.

Demonstration gegen Netanjahu

Der Politiker steht wegen Korruptionsvorwürfen in der Kritik.


(Foto: IMAGO/APAimages)

Der 73-Jährige, der mit Unterbrechungen bereits 15 Jahre Ministerpräsident war, wird deshalb ein neuer „Bibi“ sein. In Interviews mit ausländischen Medien gibt er sich zwar ganz der Alte und zeigt sich von der liberalen Seite. Doch im Inland, wo er seit Wochen keine Interviews gegeben hat, lässt er rechts-radikale und orthodoxe Kräfte an die Schalthebel der Macht.

Netanjahu macht Steuerbetrüger zum Finanzminister

Selbst Wähler seiner rechtskonservativen Likud-Partei und prominente Parteigrößen sind entsetzt über die Zusammensetzung der Regierungsallianz. Netanjahu habe im Laufe der Koalitionsverhandlungen den Faden verloren, warf ihm neulich ein bekannter Likud-Politiker vor laufenden Kameras vor.

Um an die Macht zurückzukehren, hat Netanjahu, dem es in der Vergangenheit immer wieder gelungen war, seine politischen Gegner auszutricksen und zu spalten, den Forderungen der Rechts-Radikalen und Orthodoxen nachgegeben. Nun hat sich „King Bibi“, wie ihn ein US-Nachrichtenmagazin vor zehn Jahren nannte, von Extremisten abhängig gemacht und ist deshalb schwächer denn je.

So ernennt er einen Mann zum Polizeiminister mit erweiterten Kompetenzen, der von der Armee in seiner Jugend wegen seiner radikalen Ansichten abgewiesen worden war und der noch vor wenigen Monaten wiederholt in arabischen Stadtvierteln mit provokativen Aktionen Unruhe gestiftet hatte. Ein stürmischer Verfechter des Siedlungsausbaus in den besetzten Gebieten ist künftig für die Westbank zuständig, die bisher unter der Aufsicht der Armee stand. Netanjahu hat dafür gesorgt, dass das Parlament ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

Einem verurteilten Steuerbetrüger vertraut Netanjahu das Innen- und in zwei Jahren das Finanzministerium an, nachdem das Parlament im Hauruckverfahren eine Gesetzesnovelle verabschiedet hat, die auch verurteilte Politiker als Minister zulässt.

Mehr: Gigantisches Gasfeld im Meer – so will Israel Europa aus der Energiekrise helfen



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