Jan 10, 2023
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Synthetische Kraftstoffe: Autogipfel: Verbrenner-Aus sorgt für neuen Zoff

Written by Daniel Delhaes

Berlin Die FDP fordert Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Grünen dazu auf, sich zum Industriestandort zu bekennen. „Zum Mobilitätsgipfel im Kanzleramt erwarten die Freien Demokraten von Wirtschaftsminister Habeck und dem grünen Koalitionspartner ein klares Bekenntnis zum Automobilstandort Deutschland mit seinen hunderttausenden hoch spezialisierten Arbeitsplätzen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carina Konrad dem Handelsblatt.

Bislang sei das Interesse des Ministeriums am Industriestandort „höchst überschaubar“, kritisierte sie. „Immer weitreichendere Regulierungsideen und ein an vielen Stellen lückenhaftes energiepolitisches Konzept gefährden die digitale Transformation des Mobilitätssektors hin zur Klimaneutralität.“

An diesem Dienstag wird es zum ersten Autogipfel der Ampelkoalition kommen. Kurz vor Weihnachten hatte das Bundeskanzleramt zum ersten Treffen einer „Strategieplattform“ eingeladen, um die „Transformation von Automobil- und Mobilitätswirtschaft“ zu unterstützen, wie es in den Anschreiben heißt. Als Themen für den auf zwei Stunden angesetzten Gipfel sind „Klima- und Umweltschutz im Verkehr, Smart Car und vernetzte Mobilität sowie die Resilienz der Lieferketten“ vorgesehen. Jeder Punkt soll jeweils 30 Minuten umfassen, wie aus der Tagesordnung hervorgeht.

Regierungsparteien streiten über Klimaschutz

Die Regierung vertreten neben Kanzler Olaf Scholz und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) die FDP-Minister Christian Lindner (Finanzen) und Volker Wissing (Verkehr) sowie die Grünen-Minister Robert Habeck und Steffi Lemke (Umwelt). Zudem nehmen Betriebsräte, die IG Metall sowie der Chef des Think Tanks Agora Verkehrswende teil und ebenso die Vorsitzenden des Expertenkreises „Transformation der Automobilwirtschaft“ des Wirtschaftsministeriums und des Expertenbeirat Klimaschutz in der Mobilität des Verkehrsressorts.

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Nach einleitenden Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird eine hitzige Debatte zum Klimaschutz erwartet. So sollen die eingeladenen Vorstandsvorsitzenden Oliver Zipse von BMW, Ola Källenius von Mercedes-Benz und Oliver Blume von Volkswagen erläutern, wie Pkw, aber auch schwere Lkw künftig, ohne Kohlendioxid auszustoßen, fahren können und welchen Beitrag die Politik leisten muss, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

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Über die Frage streiten FDP und Grüne seit Monaten. So unterstützt die FDP etwa die Haltung des neuen VW-Chefs Blume. Er setzt weiter auf den Verbrennermotor und nicht ausschließlich auf Elektromobilität. Vielmehr sollten die Fahrzeuge auch mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden dürfen.

Rund um die E-Fuels hatte es im Frühjahr eine Regierungskrise gegeben. Es ging um die Frage, ob ab 2035 in Europa nur noch Fahrzeuge neu zugelassen werden sollen, wenn sie kein Kohlendioxid mehr ausstoßen. Dies kommt dem Ende des Verbrennermotors gleich – auch mit synthetischen Kraftstoffen. Die FDP setzte daraufhin zumindest einen Prüfauftrag in Brüssel durch, um E-Fuels noch eine Chance zu lassen.

„Der politische Widerstand gegen die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors“ stehe der Dekarbonisierung des Verkehrssektors im Wege, kritisierte FDP-Vize Konrad nun die Grünen. Sie sollten „endlich ihre Blockade gegenüber nachhaltigen strombasierten Kraftstoffen“ aufgeben.

Wie VW-Chef Blume argumentiert die FDP, dass es auch nach 2035 Millionen zugelassene Autos mit Verbrennungsmotor geben werde, die mit Benzin oder Diesel führen. E-Fuels beizumischen helfe, deutlich weniger CO2 zu emittieren.

Allerdings gibt es diesen Kraftstoff derzeit nur in sehr geringen Mengen, und er ist im Vergleich zu anderen Kraftstoffen um ein Vielfaches teurer. Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklung und fördert Projekte in den kommenden Jahren mit gut zwei Milliarden Euro. Ein Sprecher des Umweltministeriums verwies darauf, dass E-Fuels eingesetzt werden dürften und sie im Luftverkehr ab 2026 sogar beigemischt werden müssen.

FDP will die Abgasregeln weniger streng fassen

Diskussionen gibt es auch zur geplanten neuen Abgasnorm Euro 7. Die FDP fordert eine weniger strenge Regulierung, um die Autoindustrie bei der Transformation hin zur klimaneutralen Mobilität nicht übermäßig zu belasten. „Umwelt- und Wirtschaftsministerium müssen sich daher auch für eine umsetzbare Euro-7-Norm einsetzen und die Auswirkungen auf Wertschöpfungsketten im Blick haben“, forderte Konrad. Das Umweltministerium hat bereits Fachgespräche geführt, verweist aber auf eine Reihe offener Fragen, die mit der EU-Kommission geklärt würden.

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Unter Druck geraten die Grünen auch von der SPD. Schon im Frühjahr hatte sich Scholz im Streit um E-Fuels auf die Seite der FDP gestellt. Am Wochenende nun hat der Bundesvorstand auf seiner Klausurtagung ein Strategiepapier beschlossen und fordert darin „ein Comeback der Infrastrukturpolitik“. Dazu gehört auch, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Die Grünen wollen die umwelt- und naturschutzrechtlichen Vorgaben nur für die Infrastruktur von erneuerbaren Energien oder das Schienennetz lockern, nicht aber für den Bau von Straßen oder Flughäfen. Dies aber fordert die FDP – und bekommt dabei nun Schützenhilfe von der SPD. „Wir brauchen beides in Deutschland“, sagte SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Für Schienen und Straßen müsse das Ziel gelten, dass Deutschland über „die modernste und zugleich nachhaltigste Verkehrsinfrastruktur Europas“ verfügt, heißt es in dem Papier.

FDP-Justizminister Marco Buschmann begrüßt diese Haltung. Am Mittwoch kommender Woche soll ein Gesetzespaket das Kabinett passieren, mit dem Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. „Angesichts der aktuellen Krise ist es höchste Zeit für eine Entfesselung von hemmender Regulierung“, sagte Fraktionsvize Konrad.

Während Umweltverbände beklagen, nicht zum Autogipfel eingeladen zu sein, gab es Kritik von der Opposition. Die Industrie und die Beschäftigten bräuchten keine „Alibiveranstaltung“, sondern „Planungssicherheit“, sagte die Vorsitzende der Mittelstandsunion der CDU, Gitta Connemann, dem Handelsblatt. „Dazu gehört weiterhin ein Mix an Angeboten, der auch moderne und effiziente Verbrenner umfasst. E-Fuels müssen endlich als echte Alternative behandelt werden.“

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Politik

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