Berlin Die Metall- und Elektroindustrie produziert mehr als die Hälfte der Exporte, ist also zentral für Deutschlands internationale Wettbewerbsfähigkeit. Ihre rund vier Millionen Beschäftigten tragen ganz erheblich zu den Einnahmen von Fiskus und Sozialkassen bei.
Doch wie andere Branchen auch kämpft die Schlüsselindustrie mit Personalengpässen. Nach einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) für das Bundeswirtschaftsministerium herrscht in den Metall- und Elektroberufen ein flächendeckender Fachkräftemangel.
Insgesamt fehlten demnach zwischen Juli 2021 und Juni 2022 gut 110.000 Fachkräfte. Rechnet man verwandte Berufe wie den Anlagenbau oder die IT-Netzwerktechnik mit ein, die für die Branche von zentraler Bedeutung sind, vergrößert sich die Lücke noch um 18.000 Personen.
Der ab Mitte 2019 einsetzende Konjunkturabschwung und die Auswirkungen der Coronapandemie haben die Arbeitskräftenachfrage nicht nachhaltig gedämpft. Bereits seit dem Jahr 2021 steigt die Zahl der offenen Stellen wieder, sodass der Fachkräftemangel in den Metall- und Elektroberufen im betrachteten Zeitraum fast schon wieder dem Vorkrisenniveau entspricht.
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Die Lücke errechnet sich aus der Differenz der Zahl der offenen Stellen und der Arbeitslosen mit passender Qualifikation. Besonders ausgeprägt ist der Fachkräftemangel in der Mechatronik sowie den Energie- und Elektroberufen.
Lücke in Elektroberufen groß
Sie sind zentral, wenn die Bundesregierung die gesteckten Klimaziele erreichen will. Rechnerisch konnten hier gut sieben von zehn offenen Stellen nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab. Allein in der Bauelektrik fehlen 17.000 Fachkräfte.
Allerdings reagiert auch die Metall- und Elektroindustrie auf die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit. Unternehmen halten ihr Personal und stocken nur zögerlich auf.
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Der nordrhein-westfälische Arbeitgeberverband Metall NRW teilte am Donnerstag mit, dass 22 Prozent der Metallbetriebe in dem Bundesland im nächsten halben Jahr Neueinstellungen planen. Vor einem Jahr wollte noch fast ein Drittel der Betriebe die Mitarbeiterzahl aufstocken.
Wie in der Gesamtwirtschaft sind auch in der Metall- und Elektrobranche vor allem Fachkräfte mit Berufsausbildung knapp. Trotz eines gestiegenen Ausbildungsplatzangebots etwa in der Mechatronik und der Energie- und Elektrotechnik ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in der Branche im Zuge der Coronapandemie stark gesunken.
Die Zahl der unbesetzten Lehrstellen ist zwischen 2011 und 2018 stark gestiegen und stagniert auf hohem Niveau. „Die Berufsorientierung an den Schulen ist von herausragender Bedeutung“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Oliver Zander, dem Handelsblatt.
Hier müsse an allen Schulen wieder verstärkt auch für eine Berufsausbildung geworben werden. „Leider ist eine gute wirtschafts- und zukunftsorientierte Berufsorientierung im Schulalltag immer noch die Ausnahme.“
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Die Enttäuschung über frei gebliebene Plätze könnte mit dazu beigetragen haben, dass in Berufsfeldern wie der Metallerzeugung und -bearbeitung, dem Maschinenbau und der Fahrzeugtechnik das Ausbildungsplatzangebot zurückgegangen ist. Und das, obwohl der Mangel an Fachkräften mit Berufsausbildung hier am größten ist.
Weiterbildungsverbünde von kleinen und mittelgroßen Unternehmen
Weil über die Ausbildung zu wenig Berufsnachwuchs nachkommt, erschließen Metall- und Elektrobetriebe zunehmend auch andere Potenziale. Sie stellen verstärkt auch Personal ein, das aus anderen Berufsfeldern kommt.
Lag die entsprechende Zahl 2015 bei knapp 120.000 Beschäftigten, ist sie bis 2021 um 23 Prozent auf 146.000 gestiegen. Ein großes Potenzial für die Gewinnung qualifizierten Personals liegt nach der Kofa-Studie aber auch in Aufstiegen vom Helfer- auf das Fachkraftniveau. Allein in den Maschinenbau- und Fahrzeugtechnikberufen ist dies im untersuchten Zeitraum in 46.000 Fällen gelungen.
In Metallberufen mit besonders großen Personalengpässen ist das Ausbildungsplatzangebot zurückgegangen.
(Foto: imago images/Rupert Oberhäuser)
Die Metall- und Elektroindustrie investiert laut Zander jährlich acht Milliarden Euro in die Aus- und Weiterbildung. Und auch der Staat baut die Förderung aus. So soll sich die Bundesagentur für Arbeit (BA) stärker auch der Beratung und Qualifizierung von Beschäftigten widmen.
Mitte Dezember 2022 hat das Bundesarbeitsministerium zudem seinen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung vorgelegt. So soll es etwa feste Fördersätze für die Qualifizierung von Beschäftigten und eine Bildungszeit geben.
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Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Zander weist auf das in der Nationalen Weiterbildungsstrategie verankerte Konzept von Weiterbildungsverbünden hin, in denen sich kleine und mittlere Unternehmen zusammenschließen können, um sich die Kosten und Organisation von Weiterbildungen zu teilen.
Auch die Nachqualifizierung Arbeitsloser bietet der Kofa-Studie zufolge noch großes Potenzial. So gab es im Untersuchungszeitraum fast 60.000 Arbeitslose, die eine Tätigkeit in einem Metall- und Elektroberuf anstrebten, für die es aber im konkret gesuchten Beruf bundesweit keine passende offene Stelle gab.
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<< Den vollständigen Artikel: Metall- und Elektroindustrie: Fachkräftemangel fast wieder auf Vor-Corona-Niveau >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.