Oct 25, 2022
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Italien: Giorgia Meloni bekennt sich zu Europa und distanziert sich erstmals deutlich vom Faschismus

Written by Christian Wermke


Giorgia Meloni

Die neue Premierministerin verspricht, europäische Regeln zu befolgen.


(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Rom Giorgia Meloni hat schon unzählige Male im italienischen Parlament geredet. Doch ihr Auftritt am Dienstagmorgen ist ein historischer: Es ist der erste seit ihrer Vereidigung als Ministerpräsidentin – und das erste Mal, dass in Rom eine Frau die Regierung anführt.

Die 45-Jährige zeigt sich stolz und betont gleichzeitig die große Verantwortung, als sie in der Abgeordnetenkammer um das Vertrauensvotum bittet, das ihr die Parlamentarier am Dienstagabend mit klarer Mehrheit gaben.

Meloni gibt sich moderat und europafreundlich in ihrer Rede: „Italien ist voll und ganz Teil des Westens und seines Bündnissystems.“ Zusammen mit Griechenland sei das Land die „Wiege der westlichen Zivilisation und ihres Wertesystems“.

Das Ziel ihrer Regierung sei es nicht, die europäische Integration zu verlangsamen oder zu sabotieren, sondern Europa effizienter in der Krisenbewältigung zu machen. Man werde geltende Regeln akzeptieren und wolle dazu beitragen, einige zu ändern – etwa beim Stabilitätspakt.

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Die Gelder des EU-Wiederaufbaufonds will Meloni „bestmöglich“ einsetzen und nicht verschwenden. Angesichts der hohen Rohstoff- und Energiepreise will sich Meloni aber mit der EU-Kommission auf „notwendige Anpassungen“ beim Fonds einigen. Deutliche Worte findet sie für den Ukrainekrieg: Italien werde weiterhin „das tapfere ukrainische Volk unterstützen“ und den Annexionskrieg Russlands nicht akzeptieren.

Freiheit und Demokratie nennt sie die Markenzeichen Europas. Sie habe nie Sympathie oder Nähe zu antidemokratischen Regierungen empfunden. Das gelte für jedes Regime, „einschließlich des Faschismus“.

Die Rassengesetze von 1938 bezeichnete sie „als Tiefpunkt der italienischen Geschichte“ und „Schande“. So deutlich hatte sich Meloni bislang noch nicht vom Faschismus distanziert, was ihr viele Kritiker wegen ihrer Vergangenheit in radikalen rechten Parteien immer wieder vorgeworfen hatten.

Meloni will Italien aus der Verschuldung führen

Volle fünf Jahre will sie mit ihrem Kabinett regieren und damit die „große italienische Anomalie“ der häufigen Regierungswechsel und Expertenkabinette durchbrechen. Das Interesse der Nation stehe dabei immer vor den Parteiinteressen, betont sie.

Beim Thema Flüchtlinge gibt sie sich moderater als im Wahlkampf: Die Absicht sei nicht, das Asylrecht infrage zu stellen. Sie wolle vielmehr verhindern, „dass die Auswahl bei der Einreise nach Italien von Schleusern getroffen wird“.

>> Lesen Sie hier: Mussolini-Verehrer und Russland-Freund – das sind Giorgia Melonis mächtigste Männer im Parlament

Meloni will Italien, wie schon ihr Vorgänger Mario Draghi, über Wachstum aus der hohen Verschuldung bringen. Die derzeitige Energiekrise sieht sie dabei als Chance: Italien sei „ein Paradies für erneuerbare Energien“, das bislang aber zu oft durch Bürokratie und Vetos blockiert worden sei. Um Unternehmen und Familien zügig zu entlasten, kündigte sie konkrete Maßnahmen an, die im nächsten Haushalt verabschiedet werden sollen.

Wer in Italien Geschäfte mache, müsse unterstützt werden, anstatt Unternehmer „zu schikanieren und mit Misstrauen zu betrachten“. Meloni kündigte dafür einen neuen Fiskalpakt an, will die Steuern senken. Die Mafia nennt Meloni einen „Krebs, dem wir frontal entgegentreten werden“.

Das rechte Dreierbündnis aus Melonis Fratelli d’Italia, der Lega und Forza Italia hatte die Parlamentswahl Ende September mit deutlicher Mehrheit gewonnen, auch das Vertrauensvotum in der kleineren Senatskammer am Mittwoch war daher nur Formsache. Am vergangenen Freitag wurde Meloni von Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Regierungsbildung beauftragt, am Sonntag wurde sie gemeinsam mit ihrem Kabinett vereidigt.

Mehr: Das sind die wichtigsten Köpfe in Italiens neuem Kabinett



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