Jan 18, 2023
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Großbritannien: Die Inflation sinkt, doch der Kampf um höhere Löhne verschärft sich

Written by Torsten Riecke

Großbritannien folgt damit dem Trend in den USA und Europa, wo der Preisdruck ebenfalls nachlässt. Die Entwicklung deute darauf hin, dass „die Inflation ihren Höhepunkt überschritten hat“, sagte David Bharier, Ökonom bei der British Chamber of Commerce, „aber das bedeutet lediglich, dass sich die Preise auf einem viel höheren Niveau als vor einem Jahr stabilisieren werden“.

Für eine Entwarnung ist es vor allem deshalb noch zu früh, weil die Inflationsrate immer noch fünf Mal so hoch ist wie der Zielwert der Bank of England (BoE). Hinzu kommt, dass die Löhne und Gehälter (ohne Boni) in Großbritannien nach Angaben der staatlichen Statistiken in den drei Monaten bis November im Durchschnitt um 6,4 Prozent gestiegen sind und damit so schnell wie seit der Pandemie nicht mehr. Die Notenbanker haben aus Furcht vor einer Lohn-Preis-Spirale die Leitzinsen auf zuletzt 3,5 Prozent angehoben. Ökonomen erwarten Anfang Februar einen weiteren Zinsschritt von 50 Basispunkten.

Erschwert wird die Inflationsbekämpfung durch die seit Monaten andauernden Streiks im öffentlichen Dienst. Am Mittwoch setzten die Krankenschwestern in England ihren Arbeitskampf um höhere Löhne mit einem zweitägigen Ausstand fort. Die Eisenbahner haben für Anfang Februar erneut massive Streiks angekündigt. Im Februar und März wollen auch die Lehrer in England und Wales ihre Arbeit niederlegen.

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„Der beste Weg, den Menschen zu mehr Lohn zu verhelfen, ist, an unserem Plan festzuhalten, die Inflation in diesem Jahr zu halbieren. Wir dürfen nichts tun, was die Gefahr birgt, dass die hohen Preise dauerhaft in unserer Wirtschaft verankert werden“, sagte der britische Finanzminister Jeremy Hunt. Der Konservative Schatzkanzler beschreibt damit jedoch nur eine Seite des Inflationsdilemmas.

Die Arbeitnehmer haben real weniger im Portemonnaie

Aus Sicht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst stellt sich die Lage anders dar: Ihre Löhne stiegen zuletzt nur um 3,3 Prozent, verglichen mit durchschnittlich mehr als sieben Prozent im Privatsektor. Der Lohnanstieg liegt zudem deutlich unter der Inflationsrate, was bedeutet, dass die Arbeitnehmer real weniger im Portemonnaie haben.

Rishi Sunak

Als Antwort auf die Lohnstreiks will der Premierminister von Großbritannien Streikgesetze verschärfen.



(Foto: dpa)

Die Gewerkschaften fordern deshalb einen Inflationsausgleich. Die Regierung lehnt das mit dem Hinweis auf die deutlich niedrigeren Empfehlungen der unabhängigen Lohnfindungskommissionen im öffentlichen Dienst ab.

Die Arbeitnehmerorganisationen bezweifeln jedoch die Unabhängigkeit der Gremien, die häufig mit ehemaligen Managern aus der Wirtschaft besetzt sind. „Die Regierung versteckt sich hinter den Gremien und weigert sich, eine vernünftige Einigung mit unseren Gewerkschaften des öffentlichen Sektors zu erzielen“, klagt Paul Nowak von Gewerkschaftsdachverband TUC.

Die konservative Regierung will jetzt die Regeln für Arbeitskämpfe verschärfen, um eine Basisversorgung bei wichtigen öffentlichen Dienstleistungen wie dem Gesundheits-, Transport- oder Bildungswesen sicherzustellen.

Ökonomen bezweifeln Lohn-Preis-Spirale im öffentlichen Dienst

Sollten Streiks dieses Minimum gefährden, könnte die Regierung die Gewerkschaften verklagen oder streikende Mitarbeiter entlassen. „Niemand bestreitet das Streikrecht, aber es ist auch wichtig, dieses mit dem Recht der Menschen auf Zugang zu lebensrettender Gesundheitsversorgung in Einklang zu bringen“, rechtfertigte Premierminister Rishi Sunak seinen Vorstoß.

>> Lesen Sie hier auch: Ökonom Kenneth Rogoff: „Wir befinden uns am Wendepunkt der Weltwirtschaft“

Für die Gewerkschaften ist das eine weitere Kampfansage der Regierung. Nicht gut zu sprechen ist die Arbeitnehmerorganisationen auch auf Notenbank-Chef Andrew Bailey, der die Arbeitnehmer im vergangenen Jahr zu Lohnzurückhaltung aufgerufen hatte. Die BoE rechnet damit, dass sich die Inflationsrate in Großbritannien im Laufe des Jahres halbieren wird und warnt vor neuem Preisschub durch hohe Lohnsteigerungen.

Ben Zaranko vom Institute for Fiscal Studies (IFS) in London hält es jedoch für abwegig, dass höhere Löhne im öffentlichen Dienst sich in höheren Inflationsraten niederschlagen. „Es ist schwer zu erkennen, wie eine Erhöhung der Löhne im öffentlichen Sektor direkt zu einer Lohn-Preis-Spirale beitragen könnte, da es im öffentlichen Sektor keine Preise gibt“, erklärt der Ökonom.

Mehr: Britische Wirtschaft wächst im November leicht



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