Jan 24, 2023
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Außenhandel: Unternehmen kritisieren neue deutsche Afrikastrategie

Written by Teresa Stiens

Berlin Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ist sich sicher: „Afrika wächst und verändert sich gewaltig. Wie es sich entwickelt, wird das 21. Jahrhundert prägen – und damit auch Deutschlands und Europas Zukunft.“ Am Dienstag will Schulzes Ministerium die neue Afrikastrategie vorstellen. Das Handelsblatt hatte bereits im Dezember über die neue Strategie berichtet, die den bestehenden „Marshallplan“ ersetzen soll.

Schulzes Einschätzung wird auch von der deutschen Wirtschaft geteilt. Denn im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und wachsender Spannungen mit China richten deutsche Unternehmen auf der Suche nach neuem wirtschaftlichen Potenzial ihren Blick vermehrt in afrikanische Länder. Bisher nutzen deutsche Unternehmen bestehende Möglichkeiten kaum.

Laut Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, fehlt in Schulzes neuer Strategie ein Plan, um die Beziehungen zum afrikanischen Kontinent für deutsche Unternehmen zu erleichtern.

„Für unsere Unternehmen ist in der Afrikastrategie leider nicht viel zu finden“, bemängelt Kannengießer. Das Ministerium berücksichtige das entwicklungspolitische Potenzial des deutschen Privatsektors zu wenig. Es fehlten etwa neue Impulse bei der Unterstützung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien. Sein Fazit: „Die deutsche Privatwirtschaft findet doch eher am Rande statt.“

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Dabei ist der Drang nach Süden eigentlich groß: Laut einer Befragung des Afrika-Vereins wollen 43 Prozent der Unternehmen, die auf dem Kontinent tätig sind, in Zukunft in ihr Afrikageschäft investieren. Auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing stellte im vergangenen Jahr fest: „Afrika ist ein Kontinent, der in Gesprächen mit Kunden enorm an Bedeutung gewinnt.“

>> Lesen Sie hier: Wie Deutschland mit der neuen Afrikastrategie den Wettlauf mit China gewinnen will

Doch trotz der Beteuerungen sieht die Investitionsquote deutscher Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent bisher eher mau aus. Lediglich rund ein Prozent der deutschen Direktinvestitionen gingen 2021 nach Afrika. Wirtschaftsexperten sehen dafür mehrere Gründe.

Unternehmen hegen weiterhin Vorurteile gegenüber Afrika

Da sind zum einen die bis heute verbreiteten Vorurteile, meint Mirabell Mayack. Sie berät Unternehmensberatungen und Anwaltskanzleien zu Märkten im frankophonen Subsahara-Afrika. Die Deutsche mit kamerunischen Wurzeln versteht sich als „kulturelle Übersetzerin“. Oft sei der Blick der deutschen Wirtschaft auf Afrika noch sehr vorurteilsbehaftet, stellt sie fest. „Es gibt eine große Skepsis, weil oft noch Bilder von Kindern mit Blähbauch, von Korruption und Krieg in den Köpfen vorherrschen“, sagt Mayack. Die Angst der Unternehmen laute: „Wenn ich da investiere, ist mein Geld weg.“

Sie rät Unternehmen, die Potenziale einzelner Länder genau zu betrachten und sich die Frage zu stellen: Welcher Markt ist für uns wirklich relevant? „Nicht jede Unternehmensidee passt in jedes Land“, sagt sie. Die Demokratische Republik Kongo und der Senegal etwa seien ganz unterschiedlich und müssten auch so behandelt werden.

„Die Mittelschicht auf dem Kontinent wächst sehr schnell“, sagt Mayack. Sie vergleicht die afrikanischen Länder mit Pennystock-Aktien, die momentan sehr günstig zu haben seien und ein enormes Kurspotenzial versprächen.

Tatsächlich bietet der Kontinent bei genauem Hinsehen einige ungeahnte Chancen. Im Technologiesektor beispielsweise führt die fehlende Finanz-Infrastruktur dazu, dass sich neue Lösungen schneller durchsetzen als etwa in Europa. So gelten viele afrikanische Volkswirtschaften als Vorreiter für mobile digitale Zahlungssysteme.

Von den 1,2 Milliarden weltweit registrierten Konten entfielen 2020 rund 45,2 Prozent auf den afrikanischen Kontinent. Eine bisher unveröffentlichte Untersuchung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, die dem Handelsblatt vorliegt, kommt zu dem Schluss, dass Zentralbanken in Europa bei der Einführung von digitalen Währungen von den afrikanischen Erfahrungen mit mobilem Bezahlen lernen sollten.

Schlange vor der Filiale eines Mobilfunkanbieters in Nairobi

In vielen afrikanischen Ländern sind mobile Bezahlsysteme besonders verbreitet.


(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Durch die digitalen Bezahlweisen könne etwa der Zugang zu Zahlungssystemen verbessert werden, heißt es dort. Allerdings habe das afrikanische Beispiel gezeigt, dass es zwingend einen klaren regulatorischen Rahmen für digitales Geld brauche.

Laut einer aktuellen Berechnung von McKinsey soll der Markt für elektronisches Bezahlen in Afrika bis 2025 um rund 152 Prozent wachsen. Ähnlich phänomenale Wachstumsraten sind auch in anderen Wirtschaftssektoren möglich. Die Weltbank geht für die kommenden beiden Jahren für einige Länder in Westafrika von einem starken Wirtschaftswachstum aus. So könnte beispielsweise die Wirtschaft der Elfenbeinküste um 6,8 Prozent und die des Senegals um 8,0 Prozent wachsen.

Rekordhandelsjahr für China

Dass die deutsche Wirtschaft dieses Potenzial kaum nutzt, liegt einerseits daran, dass die afrikanischen Märkte von anderen Wirtschaftsakteuren dominiert werden. Neben lokalen Akteuren ist das allen voran China, das sein Handelsvolumen mit Afrika laut Angaben des chinesischen Zolls zwischen 2020 und 2021 um 35 Prozent auf 254 Milliarden US-Dollar steigerte.

Auch Indien gilt laut dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel als wichtiger Handelspartner für viele afrikanische Staaten. Der Vizehandelsminister der USA, Don Graves, betonte beim US-Afrika-Gipfel in Washington im Dezember, US-Investoren und -Unternehmen müssten im Vergleich zu China wieder aufholen.

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) veröffentlichte Ende 2022 einen Aufruf für einen Neustart der deutsch-afrikanischen Beziehungen. BDI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Niedermark stellt darin fest: „Afrika ist heute ein Muss für deutsche Unternehmen“. Für Deutschland werde Afrika immer wichtiger, um sich stärker zu diversifizieren und Abhängigkeiten zu reduzieren, vor allem von China. In dem Papier empfiehlt der BDI unter anderem, die Herstellung von grünem Wasserstoff zu fördern und auf Zukunftstechnologien wie das Satelliteninternet zu setzen.

Mehr: Wettrennen um Afrika – Chinas Einfluss wächst, Deutschland müht sich



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