Der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, Konstantin von Notz (Grüne), sagte dem Handelsblatt: „Es mag kurzfristige wirtschaftliche Argumente für einen Einstieg Chinas beim Hamburger Hafen geben, langfristige, politisch-strategische Gründe verbieten einen solchen Verkauf.“ Das Parlamentarische Kontrollgremium überwacht die Arbeit der deutschen Nachrichtendienste.
Für von Notz liegt auf der Hand: „Wenn China und seine kommunistische Führung relevante Teile der globalen und europäischen Lieferketten in der Hand halten, sind wir schlicht maximal erpressbar.“ Und das von einem Land, „das immer imperialistischer und totalitärer agiert und explizit kein Verbündeter rechtsstaatlicher und liberaler Demokratien“ sei.
Noch deutlicher wurde die FDP-Fraktionspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Was muss in der Welt eigentlich noch passieren, damit Deutschland in der Realität ankommt und nicht Männchen macht vor den Feinden der freien demokratischen Welt?“, schrieb die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag auf Twitter.
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Ein Verkauf von kritischer Infrastruktur an China sei ein „krasser Fehler“. Mit Blick auf Scholz fügte sie hinzu: „Wer berät eigentlich den Bundeskanzler?“ Auch der China-Kenner und Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, fand klare Worte: „So dumm sollten wir nicht sein“, twitterte er.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff vermied deutliche Worte in Richtung Scholz. Er sei zwar „durchaus skeptisch, wenn China in kritische Infrastruktur bei uns investiert“, sagte der Co-Chef der SPD-Linken dem Handelsblatt. „Wir sollten hier mit Vorsicht darauf blicken.“ Er sei allerdings sicher, dass die Bundesregierung und der Erste Bürgermeister in Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), hier genau abwägen.
Für den SPD-Nachwuchs ist die Sache hingegen klar: „Ein staatsnaher Konzern aus China darf keine Anteile am Hamburger Hafen kaufen“, schreiben die Jusos auf Twitter.
Der Hamburger Hafenlogistikspezialist HHLA und Cosco trafen im September 2021 eine Vereinbarung: Die Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) erhält eine 35-prozentige Minderheitsbeteiligung am Terminal CTT, und die weltweit zweitgrößte Containerreederei konzentriert dafür ihre Ladungsströme in der Hansestadt. Der Hamburger Hafen soll für die Beteiligung einen Betrag von rund 65 Millionen Euro erhalten. CTT soll zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa werden.
China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner im drittgrößten europäischen Seehafen Hamburg – der Hafen ist in Teilen sogar von dem chinesischen Staatskonzern abhängig. Cosco lässt seine Schiffe seit Jahrzehnten am dortigen Terminal CTT festmachen. CTT ist mit vier Liegeplätzen und 14 Containerbrücken eines von drei Containerterminals, die die HHLA im Hamburger Hafen betreibt.
Für den Hamburger Hafen wäre der Deal laut eigenen Angaben ein wichtiger Schritt im Konkurrenzkampf gegen Antwerpen und Rotterdam. Doch das Geschäft muss von der Bundesregierung genehmigt werden. Und hier gibt es von allen sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, große Vorbehalte.
Geheimdienste sehen Chinas Einfluss mit großer Sorge
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) drohte schon mit einem Verbot, weil er eine zu große chinesische Einflussnahme fürchtet. „Ich tendiere in die Richtung, dass wir das nicht erlauben“, erklärte er. Seit August liegt der Deal auf Eis. Die aktuelle Genehmigungs- oder Untersagungsfrist läuft Ende Oktober aus. Wegen des Streits wurde sie verlängert, jetzt soll bis Ende des Jahres eine Entscheidung her.
Der Vorgang ist brisant, zumal diese Woche erst die Präsidenten der deutschen Nachrichtendienste bei einer Anhörung im Bundestag die China-Problematik offen ansprachen. Der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND (Bundesnachrichtendienst), Bruno Kahl, sagte, China scheue sich nicht, wirtschaftliche Hebel und technische Möglichkeiten einzusetzen, um seine Interessen durchzusetzen.
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, mahnte, es dürfe keine Situation entstehen, in der China über Infrastruktur „Einfluss auf das politische Geschehen auch in Deutschland nehmen kann“.Hamburgs Regierungschef Tschentscher sieht die Vorbehalte Habecks gegen den Cosco-Einstieg mit großem Unbehagen. Tschentscher fürchtet schlicht Standortnachteile für Hamburg im internationalen Wettbewerb.
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„Eine Ablehnung wäre eine schwere Belastung für den Wirtschaftsstandort und eine einseitige, wettbewerbsverzerrende Benachteiligung Hamburgs gegenüber Rotterdam und Antwerpen, in denen Cosco bereits Terminal-Anteile besitzt“, sagte der Erste Bürgermeister der Hansestadt kürzlich. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, müssten auch in Hamburg Terminalbeteiligungen von Reedereien möglich sein.
Von Notz mahnte indes, mit der China-Beteiligung nicht das zu wiederholen, was Berlin in Sachen Russland derzeit erlebt, nämlich, dass eine einseitige Abhängigkeit Deutschland teuer zu stehen kommen kann. „Es fällt Deutschland gerade maximal hart auf die Füße, sich in Fragen der kritischen Infrastruktur von Ländern abhängig gemacht zu haben, die die Werte unseres Rechtsstaats und Europas ausdrücklich nicht teilen“, sagte der Grünen-Politiker.
„In dieser Situation einer Diktatur wie China, die völlig offensiv erklärt, mit universellen Menschenrechten und den rechtsstaatlichen Werten Europas nichts anfangen zu können, hochsensible Teile unserer kritischen Infrastruktur zu überlassen, wäre eine Wiederholung und Vertiefung von Fehlern der Vergangenheit, aus denen wir eigentlich gelernt haben sollten.“
Mehr: Kommentar – Die Abkehr von China hat sich noch nie so gelohnt wie jetzt
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