Jan 30, 2023
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Landtagswahl Hessen: Faeser soll auch als SPD-Spitzenkandidatin Innenministerin bleiben

Written by Martin Greive

An diesem Freitag will sich die hessische SPD-Vorsitzende zu ihren Plänen beim sogenannten Hessengipfel, der traditionellen Klausurtagung ihres Landesverbands, erklären. Es gilt als sicher, dass sie ihre Spitzenkandidatur für die Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober erklärt.

Ein Sprecher der hessischen SPD sprach mit Blick auf eine mögliche Doppelfunktion Faesers von „Spekulationen“. Am Freitag werde aber „eine weise Entscheidung“ getroffen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte den Bericht nicht kommentieren.

Faeser ist in der Hessen-SPD die unumstrittene Nummer eins. Deswegen zweifelt kaum noch jemand daran, dass sie als Spitzenkandidatin ins Rennen geht.

Dass es so kommen würde, ließ Faeser lange offen. Immer wieder wiegelte die Ministerin Fragen zu ihrer politischen Zukunft ab. Sie gab dann stets ähnliche klingende Antworten. Ihr Ministerinnenamt übe sie mit „großer Kraft und Leidenschaft“ aus, versicherte sie und betonte, so schnell werde sich daran auch nichts ändern.

In der SPD ist die Sache klar. Flügelübergreifend wird erwartet, dass Faeser bei einer Kandidatur angesichts der innenpolitischen Herausforderungen ihren Platz als Innenministerin sofort räumen müsste – auch, um in Hessen überhaupt eine Chance zu haben, erfuhr das Handelsblatt aus Fraktionskreisen. Zudem müsse Faeser klarmachen, auch im Falle einer Niederlage nach Hessen zu wechseln.

Die SZ will indes erfahren haben, dass Faeser im Fall einer Wahlniederlage in Berlin bleiben und nicht Oppositionsführerin in Hessen werde. Es werde in der Partei damit gerechnet, dass sie nur als Ministerpräsidentin nach Wiesbaden wechseln würde, schreibt das Blatt.

Politikwissenschaftler: „Populäre Spitzenkandidatinnen oder – Kandidaten können Wahlen für sich entscheiden“

In Berlin kannte Faeser, die 1970 in Bad Soden geboren wurde, kaum jemand, als sie von Kanzler Scholz im Dezember 2021 mit der Leitung des Bundesinnenministeriums betraut wurde – als erste Frau in diesem Amt. Einige Regierungsbeamte bemühten seinerzeit erst einmal die Suchmaschine, um sich ein Bild von der neuen Chefin zu machen.

Seither hielt sich hartnäckig das Gerücht, die verheiratete Mutter eines siebenjährigen Sohnes sei nur auf Zeit in Berlin, um dann bei der Wahl in Hessen gegen Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Landeswirtschaftsminister Tarek Al-Wazir von dessen grünem Koalitionspartner anzutreten.

>> Lesen Sie auch: Jung, pragmatisch, konservativ: Wie Boris Rhein und seine Kollegen die CDU verändern

Triftige Anhaltspunkte gab es schon im Frühjahr vergangenen Jahres. Faeser, die im Juli 53 Jahre alt wird, wurde im Mai auf einem Landesparteitag in Marburg mit 94,3 Prozent als Landesparteichefin wiedergewählt. „Mein Herz ist in Hessen“, erklärte sie seinerzeit. Für viele klang das wie ein Versprechen. Es keimte die Hoffnung, dass es mit Faeser als Frontfrau endlich gelingen könnte, die CDU nach 24 Jahren an der Regierung abzulösen.

Dass Faeser im Bund stark beansprucht wird, sehen die Genossen in Hessen nicht als Nachteil. Sie sehen vielmehr die Vorteile ihrer Präsenz als Innenministerin, etwa dass die studierte Juristin in dieser Funktion ständig bundesweit in Erscheinung tritt und damit einen hohen Bekanntheitsgrad hat.

Der Politikwissenschaftler Uwe Jun von der Universität Trier ist überzeugt: „Populäre Spitzenkandidatinnen oder – Kandidaten können Wahlen für sich entscheiden.“ Zumal, wie er sagt, bei Landtagswahlen Landesthemen oft weniger den Ausschlag geben als Persönlichkeiten.

Wegen Schönbohm-Abberufung in der Kritik

Bei Faeser spielte das Regierungsamt im Bund für ihre Außenwirkung zunächst kaum eine Rolle. Als Innenministerin startete sie farblos. Sie wandelte sich allerdings schnell zur Macherin. Nicht nur, weil sie bei der Fußball-WM in Katar Fifa-Chef Gianni Infantino düpierte, indem sie die verbotene „One Love“-Kapitänsbinde trug.

Fußball-WM in Katar

Nancy Faeser im Dezember 2022 mit der umstrittenenen „One Love“-Armbinde im Gespräch mit Fifa-Chef Gianni Infantino.



(Foto: Reuters)

Sie setzte auch innenpolitische Akzente, etwa beim Bevölkerungsschutz oder bei der Fachkräftezuwanderung. Für Wirbel sorgten ihre Pläne, Migranten schneller einzubürgern. Viel Kritik musste sie auch wegen ihres Vorgehens gegen den Chef der deutschen Cybersicherheitsbehörde einstecken, den sie inmitten einer wachsenden Cyberbedrohung wegen einer angeblichen Nähe zu Russland seines Amtes enthob.

Faeser gibt sich als zupackende Kümmerin. Sie selbst beschreibt ihren Politikstil als bürgernah. „Ich will Politik aus dem Leben machen“, erklärte sie kürzlich im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Lange Zeit war sie Stadtverordnete in Schwalbach am Taunus, erzählt sie. Das habe sie geprägt, weil es so unmittelbar sei.

„Man entscheidet nicht anhand der Aktenlage, sondern geht raus zu den Menschen.“ Deshalb treffe sie als Innenministerin auch oft Polizei- und Rettungskräfte, gehe in Ämter, in Flüchtlingsunterkünfte oder an Grenzübergänge.

Faesers Art Politik, zu machen, scheint in der Bevölkerung anzukommen. Das legt zumindest das ZDF-Politbarometer nahe, das regelmäßig auch Sympathie und Leistung von Politikerinnen und Politikern bewerten lässt. Danach schaffte es Faeser im Januar erstmals unter die zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker.

Ob das gute Voraussetzungen dafür wären, die Wahlchancen der Hessen-SPD zu steigern, ist indes alles andere als ausgemacht. Das Bundesland wird derzeit von einer Koalition aus Christdemokraten und Grünen regiert. Jüngste Umfragen sehen die CDU als stärkste Kraft.

SPD könnte bei Wahlsieg in Hessen Blockademacht der Union im Bundesrat brechen

Für die Sozialdemokraten ist damit zwar nicht ausgeschlossen, dass Faeser im Fall einer Kandidatur trotzdem Ministerpräsidentin wird. Allerdings müssten hierfür Grüne und FDP zu einer Ampelkoalition unter Führung Faesers bereit sein.

Das ist kein leichtes Unterfangen. Schon vor Monaten haben die hessischen Grünen einen „Dreikampf“ um die Staatskanzlei in Wiesbaden ausgerufen. Wirtschaftsminister Al-Wazir greift als Spitzenkandidat erstmals nach dem Amt des Ministerpräsidenten.

>> Lesen Sie auch: Die Länder wollen über den Bundesrat im Bund wieder lautstark mitreden

Für die SPD hätte ein Ampelbündnis indes einen besonderen Reiz, der auch in den Erwägungen der Grünen und der FDP eine Rolle spielen könnte. Mit einem solchen Regierungsbündnis wäre die Blockademacht der Union im Bundesrat hinfällig. CDU und CSU könnten dann bestimmte Gesetze nicht mehr ausbremsen, wie das zuletzt beim Bürgergeld der Fall war.

Dass Faeser als Spitzenkandidatin wohl gleichzeitig Bundesinnenministerin bleiben könnte, kommt vor allem einem zupass: Kanzler Scholz. Für ihn würde nach dem Rücktritt von Christine Lambrecht (SPD) als Verteidigungsministerin nicht erneut der Zwang bestehen, sein Kabinett umzubilden.

Noch aber stehen ohnehin ganz andere Themen auf Faesers Agenda. Die Liste der Aufgaben, die sich die Ministerin für dieses Jahr vorgenommen hat, ist lang. Neben verschiedenen sicherheitspolitischen Projekten, steht ein besonders für die Wirtschaft relevantes Thema kurz vor der Umsetzung.

Die Bundesregierung will mit einfacheren Regeln und neuen Angeboten mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen. Das entsprechende Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll Anfang März vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Mehr: Erst Lambrecht, dann Faeser? Union fordert Klarheit über Zukunft der Innenministerin



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