Feb 5, 2023
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Christdemokraten: Die CDU stellt sich dem rechten Rand neu entgegen

Written by Daniel Delhaes

Bereits am Donnerstag klagte Maaßen in einem Fernsehinterview, dass an ihm „ein Exempel statuiert“ werden solle. Betont kämpferisch erklärte er, sich mit seinen Anwälten zu beraten. Er sei zuversichtlich, dass ein Parteiausschlussverfahren „nicht zu meinem Nachteil ausgehen wird“.

Maaßen hatte am Tag zuvor Post aus dem Konrad-Adenauer-Haus erhalten, wonach er sich bis Sonntag, 12 Uhr erklären solle. Trete er nicht aus, so habe er bis zum 9. Februar Gelegenheit, sich schriftlich einzulassen. Er habe der Partei mit seinen Äußerungen schwer geschadet. Ohne seinen Austritt werde der Bundesvorstand das Verfahren einleiten und ihm mit sofortiger Wirkung die Mitgliedsrechte entziehen.

„Das Ausschlussverfahren gegen Hans-Georg Maaßen ist folgerichtig“, sagt CDU-Fraktionsvize Johann Wadephul. „Antisemitismus und Verschwörungsideologien haben in der CDU keinen Platz.“ Die Äußerungen von Maaßen stünden den Werten und Überzeugungen vieler Christdemokraten entgegen. „Insofern wird der Beschluss des Parteipräsidiums nach meinem Eindruck von einem breiten Rückhalt in der Partei getragen.“

Wadephul ist auch Chef der schleswig-holsteinischen CDU-Abgeordneten im Bundestag. Im Norden sind sie mit Ministerpräsident Daniel Günther an der Spitze stolz darauf, bei der letzten Landtagswahl mit einem liberalen Kurs fast die absolute Mehrheit geholt zu haben – und vor allem, dass die AfD den Wiedereinzug in den Landtag verpasst hat. Es ist bundesweit ein Novum.

„Unsere Mitglieder wollen Zukunft gestalten und Verantwortung übernehmen“, erklärte Wadephul den Erfolg. Es habe sich gezeigt, dass „eine Politik der Mitte nah bei den Menschen“ erfolgreich sei. „Der Kurs der Bundespartei ist vollkommen richtig: Abgrenzung statt Anbiederung.“

Klare Kante gegen die AfD und rechte Sprache

Der Fall Maaßen leitet auch eine Wende in der CDU ein. Noch vor einem Jahr hatte sich Friedrich Merz in seiner Bewerbungsrede für den Parteivorsitz zugetraut, die Wahlergebnisse der AfD zu „halbieren“, also deren Wähler zur CDU zu holen.

Doch dies misslang kräftig: Die AfD legt in den Umfragen zu, während die Union es nicht schafft, über die 30 Prozentmarke zu springen und sogar Landtagswahlen verlor. Weder die Regierung vor sich her zu treiben half, noch schlugen rechtspopulistische Äußerungen wie die vom „Sozialtourismus“ bei Flüchtlingen oder den „kleinen Paschas“ bei Kindern von Migranten positiv zu Buche.

„Nicht alle der aktuell zwölf bis 15 Prozent, die für die AfD stimmen würden, kommen von der Union, und nicht alle würden sich der Union zuwenden, wenn die AfD von heute auf morgen verschwinden würde“, sagt der Mainzer Politikwissenschaftler Kai Arzheimer dem Handelsblatt. „Wichtig für die zukünftigen Wahlergebnisse der CDU ist deshalb vor allem eine glaubwürdige Abgrenzung von der AfD.“

Hans-Georg Maaßen

Maaßen steht wegen umstrittener Aussagen in der Kritik und wurde zum Parteiaustritt aufgefordert.



(Foto: dpa)

Das Ausschlussverfahren gegen Maaßen sei da „nur ein Aspekt“. Wichtiger sei es, „auf regionaler und kommunaler Ebene nicht mit der Partei zusammenzuarbeiten und ihre Positionen und Begriffe nicht zu kopieren“.

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Die Partei sieht dies inzwischen auch so, ebenfalls in Thüringen, wo Maaßen 2021 als Direktkandidat für den Bundestag antrat und mit seinen Positionen deutlich verlor. „Wir distanzieren uns von Maaßen und grenzen uns klar von der AfD ab“, sagt Christian Hirte, Bundestagsabgeordneter und Thüringer Landesgruppenchef, dem Handelsblatt. Auch der Landesvorstand habe einstimmig für den Ausschluss Maaßens gestimmt, betont der Vize-Landeschef.

Das Präsidium der Bundespartei hat zudem beschlossen, dass eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der „Werteunion“ unvereinbar sei. Dieser Gruppierung außerhalb der CDU steht Maaßen seit Kurzem vor. Laut Maaßen sind 80 bis 85 Prozent der rund 4000 Mitglieder auch in der Partei. „Die CDU schadet sich damit selber“, sagt Maaßen.

Der neue „pragmatische Konservatismus“

Der neue Kurs der CDU passt aber zu dem, was die jungen Ministerpräsidenten wie Daniel Günther, Boris Rhein aus Hessen oder Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen vorgeben. „Politik soll zusammenführen und nicht spalten, handlungsfähig sein und sich nicht zerstreiten“, sagte etwa Rhein Anfang des Jahres. Dies sei „ein pragmatischer Politikstil, ein mitfühlender Konservatismus“.

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Andere nennen es „pragmatischen Konservatismus“: Die Landesfürsten müssen vor Ort Flüchtlinge unterbringen und sehen, dass diese mit Arbeit besser integriert würden. All das sprechen sie im Präsidium an und wissen auch Merz auf ihrer Linie, verbale Fehltritte hin oder her.

Die Frage der Migration ist eine von mehreren, die die Partei in diesem Jahr neu beantworten will. 2023 soll das Jahr der inhaltlichen Neuausrichtung sein. „Frauen, junge Menschen und Migranten“, will Merz für die Partei gewinnen und so wieder über die 30 Prozentmarke springen – ohne auf die Wähler der AfD zu schielen.

„Die CDU hat es nicht in der Hand, den Stimmenanteil der AfD substanziell zu beeinflussen“, sagt auch Professor Arzheimer. „Menschen wählen vor allem deshalb die AfD, weil sie dem Thema Zuwanderung extrem negativ gegenüberstehen.“ Entsprechend helfe es nicht, wenn die CDU AfD-Positionen übernehme. Dies verschaffe allenfalls dem Thema mehr Aufmerksamkeit.

Zugleich drohe die CDU dann Stimmen in der Mitte zu verlieren. „Der Stimmenanteil der AfD wird dann sinken, wenn das Zuwanderungsthema weiter an Bedeutung verliert“, sagt Arzheimer.

Zentrale Inhalte der CDU soll die Debatte um das laufende Grundsatzprogramm liefern. Der Leiter der Programmkommission, Carsten Linnemann, will Antworten auf die drängenden Fragen der nächsten zehn Jahre geben: die Inflation, die Zukunft der Industrie bei steigenden Energiekosten und nötigem Klimaschutz, die neue Geopolitik bis hin zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten der Umwälzungen. Es gehe um „eine neue Zeit, eine neue CDU“, sagt er.

Im März und April wird die Partei die Mitglieder befragen, im Sommer soll es einen großen Konvent geben sowie im laufenden Jahr vier Regionalkonferenzen mit dem Parteichef Merz. 2024 will die Partei ihr Programm beschließen – pünktlich vor der Europawahl und den Landtagswahlen in den AfD-Hochburgen Thüringen, Sachsen und Brandenburg.

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