Feb 7, 2023
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Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer: Finanzminister Lindner verliert den Erfinder der schwarzen Null

Written by Martin Greive


Werner Gatzer

„Ihr werdet diesmal nicht nur Schmerzen erleiden, ihr werdet bluten.“



(Foto: dpa)

Berlin Nach den jüngsten Rochaden an der Spitze des Bundesfinanzministeriums steht bald ein weiterer spektakulärer Personalwechsel im Haus von Christian Lindner (FDP) bevor: So wird der langjährige Haushaltsstaatsekretär Werner Gatzer (SPD) aus Altersgründen vor Ende der Wahlperiode aus seinem Amt ausscheiden, erfuhr das Handelsblatt von Haushaltspolitikern und mit dem Vorgang vertrauten Personen im Bundesfinanzministerium.

Gatzer werde sein Amt nicht über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus weiterführen, heißt es. Das Bundesfinanzministerium wollte sich nicht äußern.

Gatzer wird in diesem November 65 Jahre alt. Das gesetzliche Renteneintrittsalter hätte er im nächsten Jahr erreicht. Aber auch ein etwas früheres Ausscheiden als Staatssekretär wird im Bundesfinanzministerium nicht völlig ausgeschlossen. So habe Gatzer im vergangenen Jahr mit dem Aufsichtsratsvorsitz der Deutschen Bahn ein forderndes Amt übernommen, das noch bis 2025 mandatiert sei. Differenzen gebe es zwischen Minister Lindner und seinem Staatssekretär nicht, ihr Verhältnis sei gut und vertrauensvoll, heißt es im Ministerium.

Mit Gatzers Eintritt in den Ruhestand würde eine der längsten Spitzenbeamten-Laufbahnen in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende gehen. Der Rheinländer wird in Berlin als „ewiger Staatssekretär“ oder „Mr. Haushalt“ bezeichnet.

Der Jurist ist mit einer kurzen Unterbrechung seit dem Jahr 2005 Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Er hat federführend die Haushalte für die Minister Peer Steinbrück (SPD), Wolfgang Schäuble (CDU), Olaf Scholz (SPD) und nun Lindner aufgestellt. Dadurch gilt er als einer der einflussreichsten Spitzenbeamten in Berlin.

Nachfolge ist noch offen

Entsprechend schwer wird es für Lindner, den Haushaltsexperten zu ersetzen. Wer auf Gatzer dereinst folgen soll ist, ist offenbar noch nicht klar. Unter Beamten im Finanzministerium wird der frühere Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und heutige Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, Stefan Kapferer (FDP), als möglicher Nachfolger gehandelt.

Dies wird allerdings im Haus auch dementiert. Lindner tauscht sich mit Kapferer in Energiefragen immer wieder mal aus. Allerdings verdiene Kapferer in der Privatwirtschaft so viel Geld, dass eine Rückkehr als Staatssekretär nicht infrage komme, heißt es.

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In den vergangenen Wochen hatte Finanzminister Lindner bereits größere Teile der Führungsspitze in seinem Haus ausgetauscht. Ende Januar wurde bekannt, dass der FDP-Chef Europa-Staatssekretär Carsten Pillath zum 1. April in den Ruhestand schickt und durch Heiko Thoms, derzeit Botschafter in Brasilien, ersetzt. Eine Woche zuvor hatte Lindner bereits drei Abteilungsleiter ausgetauscht und eine weitere Abteilung aufgelöst.

Gatzer ist Rheinländer – und FC-Fan

Der Abschied von Gatzer wäre aber eine besondere Veränderung im Ministerium. Er ist einer der Architekten der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse und Schöpfer der „schwarzen Null“, also eines Haushalts ohne Neuverschuldung, den Gatzer mit seinem damaligen Minister Schäuble im Jahr 2014 erstmals seit den 1960er-Jahren wieder erreichte.

Gleichzeitig zeigte sich Gatzer aber immer wieder anpassungsfähig und entwickelte kreative Ideen, wie der Bund über Sondervermögen mehr Kredite aufnehmen kann. Auch gilt er als Meister darin, im Haushalt Reserven zu verstecken – und so seinen Ministern den Rücken freizuhalten.

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Gatzer setzte sich immer wieder gegen die Wünsche selbst ranghoher Kabinettsmitglieder zur Wehr. Als jüngstes Bonmot wird ein Zitat Gatzers in Berlin herumgereicht, das dieser in den laufenden Etatverhandlungen an Kollegen aus anderen Häusern scherzhaft gerichtet haben soll: „Ihr werdet diesmal nicht nur Schmerzen erleiden, ihr werdet bluten.“

Der Rheinländer und Fan des 1. FC Köln ist humorvoll im Umgang, beim Abwehren teurer Wünsche aus anderen Ministerien aber mitunter trickreich und hart. In einigen Ressorts könnte sein Abschied Erleichterung auslösen, im Finanzministerium wird er aber eine Lücke hinterlassen.

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