Feb 14, 2023
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Außenpolitik: Keine Annäherung bei Investitionsabkommen – Chinas Charmeoffensive in Brüssel und Berlin versandet

Written by Dana Heide

Berlin, Brüssel Chinas Hoffnungen auf eine Wiederbelebung des Chinesisch-europäischen Investitionsabkommens (CAI) scheinen sich nicht zu erfüllen. Weil das Abkommen seit rund zwei Jahren auf Eis liegt, werben chinesische Regierungsvertreter seit Wochen sowohl in Brüssel als auch in Berlin für die Aufhebung der Sanktionen auf beiden Seiten. Damit soll der Weg frei gemacht werden für die Ratifizierung des CAI durch das europäische Parlament.

Doch in Europa und Deutschland stößt die Offerte weiter auf große Skepsis. Die Maßnahmen der EU seien eine Reaktion auf die massiven Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union würden anhand fester Kriterien in regelmäßigen Abständen überprüft.

Gegenstand der Prüfung sei dabei vor allem die Frage, ob Verbesserungen der Menschenrechtslage festgestellt werden.

Die chinesische Staatsführung selbst hatte den Grund für das Stocken der Absegnung durch die EU-Parlamentarier geliefert. Als Reaktion auf EU-Sanktionen gegen chinesische Politikfunktionäre wegen Menschenrechtsvergehen in Xinjiang hatte China Anfang 2021 seinerseits Sanktionen erlassen. Diese gingen jedoch weit über das hinaus, was Brüssel verhängt hatte.

In einem großen Rundumschlag sanktionierte Peking damals nicht nur namhafte europäische Chinaforscher und Thinktanks, sondern auch EU-Parlamentarier. Seitdem ist klar: Erst wenn Peking die Sanktionen gegen Europa aufhebt, ist an eine Ratifizierung des fast sieben Jahre lang mühsam verhandelten Investitionsabkommens überhaupt zu denken.

Der chinesische Botschafter bei der EU, Fu Cong, sagte kürzlich auch öffentlich: „Unser Vorschlag ist, dass wir die Sanktionen gleichzeitig aufheben. Und wenn Sie meinen, dass das nicht gut genug ist, dann unterbreiten Sie uns Ihre Vorschläge, und wir sind bereit, sie zu prüfen.“

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Doch die Offerten der chinesischen Regierungsvertreter in Berlin und Brüssel, die die EU in Versuchung bringen sollten, stoßen auf wenig Resonanz. An der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang habe sich nichts geändert, argumentieren EU-Diplomaten, weshalb die EU an ihren Sanktionen festhalte.

Menschenrechtsorganisationen, aber auch Regierungen, werfen China vor, massive Menschrechtsvergehen in Xinjiang zu begehen. Hunderttausende sollen allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder der Ausübung ihrer Religion monate- und jahrelang in Internierungslagern festgehalten und darüber hinaus auch zur Zwangsarbeit rekrutiert worden sein. Das zeigen Medienberichte und Recherchen von Nichtregierungsorganisationen sowie offizielle Dokumente von chinesischen Behörden und Regierungsstellen immer wieder.

Die chinesische Staatsführung bestreitet die Vorwürfe. Neben den Menschenrechtsvergehen kommt jedoch auch hinzu, dass China einen unerklärten Wirtschaftskrieg gegen das EU-Mitglied Litauen führt. Damit will die chinesische Staatsführung das Land dafür bestrafen, dass es die Beziehungen zu Taiwan aufgewertet hat. Auch dieser Streit ist ungelöst.

Immerhin gibt es wieder Austausch zwischen China und Europa

Nach fast drei Jahren, in denen es wenig Kommunikation zwischen Brüssel und Berlin auf der einen Seite und Peking auf der anderen Seite gab, kommt jedoch wieder etwas Bewegung in die Beziehungen – was nicht nur die jüngste Offerte zeigt.

In China engagierte deutsche Unternehmen planen lange aufgeschobene Besuche in der Volksrepublik. Und auch auf politischer Ebene gilt es, die vergangenen drei Jahre aufzuholen. So stehen in den kommenden Monaten deutsch-chinesische Regierungskonsultationen in Berlin an, wobei das genaue Datum noch nicht feststeht.

Nachdem zunächst der Januar angepeilt worden war, wurde das Treffen verschoben. Schließlich ernennt Peking beim Nationalen Volkskongress eine neue Regierung – der bisherige Premierminister Li Keqiang wird aller Wahrscheinlichkeit nach durch Li Qiang ersetzt, bislang Chef der Kommunistischen Partei in der Wirtschaftsmetropole Shanghai. Es hätte wenig Sinn gehabt, die alte Mannschaft noch zu treffen, wenn bald andere Personen im Staatsrat, der so etwas wie Chinas Kabinett ist, sitzen.

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China versucht auf der einen Seite, die Wogen zu glätten – und hält auf der anderen Seite an alten Mustern fest. So kritisierte der chinesische Botschafter in Deutschland im Interview mit dem Handelsblatt Anfang Januar mit harten Worten den Entwurf der zurzeit in Arbeit befindlichen Chinastrategie der Bundesregierung. Das Papier, so Wu Ken, erwecke den Eindruck, dass es vor allem von Ideologie geleitet werde.

Zwar treten chinesische Staatsvertreter hinter verschlossenen Türen zurückhaltender auf, doch nicht nur die Bundesregierung ist in Bezug auf China vorsichtiger geworden. Auch in Europa ist man skeptisch: Die Europäer haben zwar registriert, dass der neue chinesische EU-Botschafter Fu Cong nicht zum Lager der Hardliner gehört, sondern eher als Multilateralist gilt.

Dennoch sieht die EU derzeit wenig Spielraum für eine Wiederannäherung. Chinas politische Verbrüderung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und die Weigerung Pekings, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen, treiben die Entfremdung immer weiter voran.

Die Europäer betrachten die Volksrepublik als Systemrivalen und versuchen, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit zu reduzieren. Vor allem im Energiebereich: Mineralien, die für das Gelingen der Energiewende kritisch sind, stammen bisher überwiegend aus China, ebenso wichtige Clean-Tech-Produkte.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte erst vergangene Woche auf dem Brüsseler EU-Gipfel ein Schaubild, wonach bei kritischen Gütern wie Solarzellen, Windrädern, Wärmepumpen und Elektroauto-Batterien zwischen 50 und fast 100 Prozent der Produktionskapazitäten auf China entfallen. Wenn das so bleibt, führt die Energiewende Europa von der Abhängigkeit von Russland in die Abhängigkeit von China.

Geplante Handelspartnerschaften etwa mit den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten und Indonesien dienen dazu, neue Lieferketten aufzubauen und das Erpressungsrisiko zu senken. Aus Brüsseler Sicht ist das eine zentrale Lehre aus dem Ukrainekrieg, in dessen Zuge Russland die Energiepartnerschaft mit Europa als Druckmittel gegen die EU eingesetzt hat. Das CAI, das den wirtschaftlichen Austausch mit China intensivieren würde, passt politisch kaum noch in die Zeit.

Mehr: Wie abhängig ist die deutsche Wirtschaft tatsächlich von China?



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