Feb 15, 2023
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Energiekonzerne: Gasindustrie kämpft um Einfluss – 40 Millionen Euro für Lobbyarbeit

Written by Dietmar Neuerer


Berlin Seit einem Jahr gibt es das neue Lobbyregister des Bundestags. Eine erstmalige Auswertung der Daten zur Gasbranche zeigt jetzt: Unternehmen wie Eon oder Uniper investieren große Summen für ihre Lobbyaktivitäten. Sie kommen damit dem Finanzsektor sehr nahe, der unter den Top 100 der Lobbyisten die größten Budgets aufweist.

Der Verein Lobbycontrol hat speziell den Gasmarkt in einer Studie in den Blick genommen. Danach finden sich im Lobbyregister 74 Unternehmen und zwölf Lobbyverbände, die im Gasbereich tätig sind. Diese geben zusammen rund 40 Millionen Euro pro Jahr für Lobbyarbeit aus und beschäftigen 426 Lobbyistinnen und Lobbyisten.

Zuvor gab es jüngst eine Untersuchung der Bürgerbewegung Finanzwende zum Finanzsektor. Danach geben die Top-10-Konzerne und -Verbände der Finanzlobby im Jahr mehr als 42,5 Millionen Euro für Kontaktpflege in der Politik aus. Der Finanzsektor führt demnach die Rangliste bei den Lobbyausgaben an.

Allerdings befinden sich unter den Akteuren mit den größten Lobbybudgets laut Lobbycontrol auch mehrere Energie- und Gaskonzerne auf den vorderen Plätzen: Eon auf Platz sieben, Uniper auf Platz zehn und RWE auf Platz 20, EnBW folgt auf Platz 21. Mit BASF steht der größte industrielle Gasverbraucher auf Platz drei und Siemens Energy als wichtiger Anlagenbauer für die Gasindustrie auf Platz neun.

Christina Deckwirth, Co-Autorin der Studie, sagte: „Unsere Zahlen zeigen: Die Lobbymacht der Gasindustrie ist riesig.“ Deswegen müsse die Politik Stimmen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die vor weiteren Abhängigkeiten warnen, „stärker proaktiv in politische Entscheidungsprozesse einbinden“.

In der Energiekrise intensive Kontakte zwischen Gasindustrie und Politik

Die Studie zeigt auch, dass die Energiekonzerne und ihre Verbände mit ihren Lobbybudgets andere Interessenvertreter im Bereich Gas in den Schatten stellen, darunter Umwelt- und Verbraucherverbände sowie kleine und mittlere Unternehmen.

Die drei größten deutschen Umweltverbände, die neben anderen Themen auch zum Thema Gas arbeiten – die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace und der BUND –, geben im Jahr etwa 1,55 Millionen Euro für Lobbyarbeit aus. Zusammen beschäftigen die drei Organisationen laut Lobbyregister zwischen 83 und 110 Lobbyisten.

Das Lobbyregister soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle Interessenvertreter müssen sich dort eintragen. Ausnahmen gibt es derzeit unter anderem für Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen.

Die Lobbyisten müssen Angaben unter anderem über ihre Auftraggeber und Themenfelder sowie zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit bei Bundestag und Bundesregierung machen. Sie sind verpflichtet, sich an einen vorgegebenen Verhaltenskodex zu halten. Bei Verstößen dagegen droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

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Innerhalb eines Jahres haben sich im Register mehr als 5500 Unternehmen, Verbände, Organisationen, Netzwerke, Einzelpersonen und andere angemeldet. Die Zahl der benannten Beschäftigten, die die Interessenvertretung unmittelbar ausüben, liegt bei mehr als 13.000.

Dazu zählt auch Lobbycontrol. Der Verein ist in dem Register ebenfalls gelistet. Angegeben ist ein Budget von 360.000 bis 370.000 Euro im Jahr, bei sieben Beschäftigten, die die Interessenvertretung unmittelbar ausüben.

Auch wenn die Organisationen der Umwelt- und Klimabewegung mit ihren vergleichsweise kleinen Budgets mit der Gaslobby kaum mithalten können, konnten sie ihre Einflussmöglichkeiten in der Politik mit der Regierungsbeteiligung der Grünen verbessern. 

Bundestag

Seit einem Jahr müssen sich Lobbyisten beim Bundestag in ein Register eintragen. Die Energiebranche ist in Berlin besonders umtriebig, wie eine aktuelle Studie zeigt.



(Foto: dpa)

Zum Beispiel ist die frühere Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Mit Patrick Graichen arbeitet der frühere Geschäftsführer der einflussreichen Denkfabrik Agora Energiewende als Staatssekretär für das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium von Ressortchef Robert Habeck (Grüne).

Krise seit russischem Angriffskrieg

Die Kontakte zwischen Gasindustrie und Politik waren zuletzt sehr intensiv – vor allem auch wegen der aktuellen Ereignisse und der damit verbundenen Herausforderungen. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast einem Jahr agierte die Bundesregierung in einem permanenten Krisenmodus. Sie musste etliche Probleme lösen und schwerwiegende Entscheidungen treffen, um die Energieversorgung zu sichern.

So ist der Bund im Juli 2022 im Zuge eines milliardenschweren Rettungspakets beim angeschlagenen Energiekonzern Uniper eingestiegen. Vorher gab es zahlreiche Treffen des Konzerns mit Staatssekretären aus dem Wirtschaftsministerium und dem Kanzleramt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.

Das Dokument gibt einen guten Einblick in die enge Zusammenarbeit der Regierung mit der Gasindustrie in ihrem ersten Regierungsjahr und zeigt, wie sich die Anzahl der Treffen vervielfacht hat. Im Zeitraum Mitte Dezember 2021 bis Mitte September 2022 trafen sich demnach Vertreter von Gaskonzernen mehr als 260 Mal mit Vertretern der Bundesregierung.

Mehr: Ampelkoalition uneins über schärfere Lobbyregeln in Deutschland



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