Feb 16, 2023
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Flüchtlingsgipfel: „Irgendwie Durchwursteln geht nicht mehr“: Länder machen wegen Flüchtlingen Druck auf Faeser

Written by Dietmar Neuerer

Berlin Kurz vor dem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigten Flüchtlingsgipfel hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ein härteres Vorgehen bei illegalen Einreisen von Flüchtlingen gefordert. „Ich erwarte endlich Taten bei der Begrenzung der illegalen Zuwanderung“, sagte Herrmann dem Handelsblatt.

Faeser warf er widersprüchliches Handeln bei dem Thema vor. Auf ihrem ersten Migrationsgipfel im Oktober habe sich die Ministerin für eine „Begrenzung“ ausgesprochen, anschließend aber „neue Aufnahmeprogramme gestartet“. Notwendig sei nun daher ein „unmissverständliches Signal“, dass es keine zusätzlichen Aufnahmeprogramme mehr gebe.

Faeser war im Oktober schon einmal mit Vertretern von Ländern und Kommunen zu einem Spitzentreffen zum Thema Flüchtlinge zusammengetroffen. Damals konstatierte sie, dass mehr Menschen über das Mittelmeer und die Balkanroute kämen und es eine höhere Zahl von illegalen Einreisen und von Asylanträgen gebe. „Deshalb müssen wir auch klar für eine Begrenzung sorgen“, versprach die Ministerin.

Faeser will nun am Vormittag erneut Vertreter der Innenministerkonferenz und der kommunalen Spitzenverbände in Berlin empfangen, um über die Flüchtlingslage zu sprechen. Thema soll dort unter anderem die Begrenzung illegaler Migration nach Deutschland werden. „Wir haben aber auch zu wenige Abschiebungen durch die dafür verantwortlichen Bundesländer“, hatte Faeser am Wochenende eingeräumt.

Baden-Württembergs Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) verlangt hier nun konkrete Maßnahmen. Die Ampel habe eine Rückführungsoffensive angekündigt, um insbesondere Straftäter und Gefährder konsequent auszuweisen. „Das muss jetzt auch passieren“, sagte Gentges dem Handelsblatt.

Knapp 47 Prozent mehr Schutzsuchende als 2021

Erforderlich seien hierfür vor allem „effektive“ Rückführungsabkommen mit wichtigen Herkunftsländern. „Dabei kann es nicht sein, dass die Bundesinnenministerin sich einem Vorschlag auf EU-Ebene entgegenstellt, über Visabedingungen Herkunftsländer zur Kooperation und Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen zu bewegen“, fügte die Ministerin hinzu.

>> Lesen Sie hier: Woher Flüchtlinge nach Deutschland kommen – die wichtigsten Fakten in elf Grafiken

Zuständig für Rückführungen ist der neue Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp. Der FDP-Politiker warb zuletzt für Migrationsabkommen mit Partnerländern, die ein Kontingent von regulären deutschen Visa für ihre Bürger angeboten bekommen sollen – unter der Voraussetzung, dass sie illegal nach Deutschland eingereiste Staatsbürger zurücknehmen, also Abschiebungen ermöglichen.

In Deutschland hatten im vergangenen Jahr so viele Menschen Asyl beantragt wie seit 2016 nicht mehr. Knapp 218.000 Menschen stellten laut Jahresstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erstmalig in Deutschland ein solches Schutzersuchen. Das waren knapp 47 Prozent mehr als 2021.

Faeser nach Flüchtlingsgipfel: „Mehr Steuerung, mehr Ordnung und mehr Rückführungen“

Die rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die im vergangenen Jahr nach Deutschland kamen, mussten keinen Asylantrag stellen. Sie erhalten auf Basis einer EU-Richtlinie unmittelbar vorübergehenden Schutz.

Die Kommunen halten angesichts der Lage mehr Unterstützung durch den Bund für unumgänglich. „Die Landkreise sind an den Kapazitätsgrenzen angelangt und brauchen eine Perspektive in der Flüchtlingsfrage“, sagte der Präsident des Landkreistags, Reinhard Sager, dem Handelsblatt. Dazu zähle etwa die vollständige Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge.

SPD: „Wir müssen die Kommunen mehr unterstützen“

Auch Baden-Württembergs Migrationsministerin Gentges forderte eine stärkere Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten. Der Bund weise den Ländern die Flüchtlinge zu, die am Ende in den Kommunen untergebracht werden müssen. „Dann muss der Bund aber auch Verantwortung übernehmen“, sagte die CDU-Politikerin. „Dies gilt auch für die Folgekosten, beispielsweise beim Wohnungsbau oder bei Kindergarten- und Schulplätzen.“

Bayerns Innenminister Herrmann warnte: „Irgendwie Durchwursteln geht nicht mehr.“ Angesichts der zusätzlichen Kosten für die Beschulung, für Kinderbetreuung, für pflegebedürftige Menschen halte er weitere Bundeshilfen in Höhe von acht Milliarden Euro für angemessen.

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Der CSU-Politiker kritisierte, dass der Bund für dieses Jahr für alle Bundesländer nur 2,75 Milliarden Euro zur Verfügung stelle. Dabei rechne er allein für Bayern mit mindestens 1,5 Milliarden Euro Kosten.

Die SPD zeigte sich dafür offen, den Kommunen stärker zu helfen. „Sie sind generell unterfinanziert“, sagte der migrationspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, dem Handelsblatt. Der Investitionsrückstand betrage 160 Milliarden Euro.

„Deswegen geht es nicht nur um die Unterbringung von Geflüchteten, sondern generell um die Finanzbeziehung zwischen Bund, Ländern und Kommunen“, betonte Castellucci. „Wir müssen die Kommunen mehr unterstützen. Bei ihnen kommt alles an, was sich irgendwo politisch tut.“

Allerdings hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Erwartungen der Bundesländer und Kommunen in puncto höhere Bundeszuschüsse für die Flüchtlingskosten zuletzt gedämpft. Auch ein Sprecher von Faesers Ministerium zeigte sich zurückhaltend mit Blick auf eine weitere Unterstützung durch den Bund.

Mehr: So will die EU die Zahl der Abschiebungen steigern



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