Berlin, Peking Während US-Präsident Joe Biden am Montag mit einem Besuch in Kiew die enge Unterstützung für die Ukraine betonte, wurde Chinas führender Außenpolitiker Wang Yi zur gleichen Zeit in Moskau erwartet. Nach Ansicht politischer Beobachter ist es wahrscheinlich, dass es während des Aufenthaltes auch um mögliche Friedensgespräche zwischen Moskau und Kiew geht.
Bei seinem Besuch könnte Wang Yi auch Russlands Staatschef Wladimir Putin treffen, sagte Kreml-Sprecher Dmitriv Peskow. Das Außenministerium in Peking wollte sich dazu nicht näher äußern.
Die Geheimnistuerei passt zum bisherigen Auftreten Wang Yis bei seiner Europatour, die ihn bislang nach Frankreich, Italien, Deutschland und Ungarn geführt hatte. Nach dem Besuch in Budapest sagte Wang Yi am Montag, China wolle zusammen mit Ungarn an einer Friedenslösung für den Ukrainekrieg arbeiten. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatte er am Samstag mit der Ankündigung eines Plans zur „politischen Lösung der Ukrainekrise“ überrascht.
Westliche Experten nehmen der chinesischen Staatsführung wegen deren prorussischer Haltung die Rolle als neutraler Vermittler jedoch nicht ab. Neben der verbalen und wirtschaftlichen Unterstützung Pekings für Moskau seit Beginn des Krieges waren schon in den Tagen zuvor Hinweise öffentlich geworden, nach denen chinesische Unternehmen vermehrt auch sogenannte Dual-Use-Güter nach Russland liefern, die dort vermutlich militärisch genutzt werden.
Am Sonntag sagte US-Außenminister Antony Blinken, nach Informationen der USA erwäge die Volksrepublik auch Waffenlieferungen an Russland. Blinken warnte Peking vor „ernsthaften Konsequenzen“.
Das Tabu von Waffenlieferungen
In Brüssel, Berlin und den anderen europäischen Hauptstädten schaut man sehr genau hin, ob China das Tabu von Waffenlieferungen bricht.
Die große Sorge Europas und der USA, dass China Russland auch militärisch unterstützen könnte, war auch Thema bei den bilateralen Gesprächen von EU-Chefdiplomat Josep Borrell, Bundeskanzler Olaf Scholz und der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock mit Wang Yi am Wochenende am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Man habe China klargemacht, dass eine Bewaffnung der Kreml-Streitkräfte eine „rote Linie“ darstellen würde, sagte Borell am Montag in Brüssel.
Auch am Montag wurden keine weiteren Details zum geplanten chinesischen Ukraine-Positionspapier bekannt. Dieses soll offenbar am 24. Februar, ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, vorgestellt werden.
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Er sei erstaunt gewesen, dass sich Wang Yi auf der Sicherheitskonferenz nicht stärker für Chinas Haltung in Bezug auf die russische Invasion in der Ukraine rechtfertigte, betont der politische Analyst Manoj Kewalramani vom indischen Thinktank Takshashila Institution. Ein Grund dafür dürfte das angekündigte Papier sein.
Während sich Wang Yi im Ukrainekonflikt als Friedenstaube geriert, war er gegenüber den USA wieder in die altbekannte Rolle als Wolfskrieger zurückgefallen. Den Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über US-Hoheitsgebiet bezeichnete er als „absurd und hysterisch“.
Bereits in der Vergangenheit fiel Wang, damals noch als Außenminister, mit scharfen Worten gegenüber den USA, aber auch Japan auf. Er gilt damit als Vorkämpfer der so genannten „Wolfkrieger-Diplomatie“. Benannt nach einer ultranationalistischen, aber sehr erfolgreichen chinesischen Filmreihe, steht diese für einen ausgesprochen konfrontativen Stil diplomatischer Rhetorik, der darauf abzielt, Kritik an China zu kontern.
Schrille Töne gegenüber den USA
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wurden die Töne gegenüber den USA dabei noch schriller. Immer wieder beschuldigen führende chinesische Politiker die USA, den Ukrainekrieg ausgelöst zu haben und „der größte Treiber der Krise“ zu sein.
Entsprechend skeptisch reagierte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf die Ankündigung eines chinesischen Lösungsvorschlags. Solange keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch lägen, ergebe es keinen Sinn, darüber zu sprechen, sagte er.
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Beobachter glauben, dass die chinesische Staatsführung mit ihrer Friedensinitiative auch auf den globalen Süden abzielt. Im Sommer hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping Wang Yi, damals noch Außenminister, zu einer diplomatischen Charmeoffensive in mehr als 30 Länder insbesondere in Zentral- und Südostasien geschickt, um Verbündete zu gewinnen.
Dass es dem Westen nicht gelungen sei, die wichtigsten Schwellenländer davon zu überzeugen, sich den Sanktionen anzuschließen, sei „buchstäblich ein Verdienst Chinas“, betonte Alicia Garcia-Herrero, Chefökonomin für Asien-Pazifik bei der französischen Investmentbank Natixis, damals.
Wangs schneller politischer Aufstieg
Für seine politischen Erfolge wurde der 69-jährige Wang Yi auf dem Parteitag im Oktober mit einem erheblichen Machtzuwachs belohnt. Er stieg in das Politbüro der Kommunistischen Partei auf, deren 24 Mitglieder den Kurs des Landes bestimmen.
Im Dezember wurde er zum Direktor des Büros der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (KP) Chinas ernannt und damit zum ranghöchsten Außenpolitiker Chinas. In einer Rede bekräftigte er damals, dass die sino-russischen Beziehungen „unerschütterlich“ seien.
Mehr dazu: Russland stoppen, um China abzuschrecken – Was von der Münchner Sicherheitskonferenz bleibt
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