Angeschoben wird die Inflation seit Monaten von Energie- und Lebensmittelpreisen. Energie kostete nach Angaben der Wiesbadener Behörde vom Mittwoch im Februar den vorläufigen Zahlen zufolge 19,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Nahrungsmittel verteuerten sich binnen Jahresfrist um 21,8 Prozent.
Von Januar auf Februar 2022 stiegen die Verbraucherpreise nach Berechnungen des Bundesamtes voraussichtlich um 0,8 Prozent. Das Bundesamt hatte mit dem Berichtsmonat Januar 2023 die Berechnungsgrundlage auf das Basisjahr 2020 umgestellt.
Mit einer durchgreifenden Entspannung bei den Preisen rechnen Volkswirte im laufenden Jahr nicht, auch wenn der Höhepunkt des Anstiegs überschritten sein dürfte. Denn nach Einschätzung von Ökonomen hat die Inflation inzwischen an Breite gewonnen und erfasst viele andere Produkte außer Energie und Nahrungsmittel. Steigende Löhne könnten den Preisauftrieb zudem anheizen. Dämpfend wirken dürften im laufenden Jahr die staatlichen Preisbremsen für Gas und Strom, die vom 1. März an rückwirkend zum 1. Januar 2023 gelten.
Die Bundesregierung rechnet im Jahresschnitt 2023 mit einer Teuerungsrate von 6,0 Prozent. Die Bundesbank erwartet nach jüngsten Angaben einen Rückgang der Inflation in Deutschland – gemessen am für die Geldpolitik im Euroraum maßgeblichen harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) – auf einen Wert zwischen 6 und 7 Prozent im laufenden Jahr. Im Februar lag der HVPI in Deutschland den vorläufigen Berechnungen der Wiesbadener Statistiker zufolge um 9,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
Mittelfristig strebt die Europäische Zentralbank (EZB) für den Euroraum Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Im Januar schwächte sich der Preisauftrieb zwar erneut ab, dennoch lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der inzwischen 20 Länder um 8,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
Mit Zinserhöhungen versucht die EZB, die hartnäckig hohe Inflation einzudämmen. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Nach fünf Anhebungen in Folge seit Juli liegt der Leitzins im Euroraum inzwischen bei 3,0 Prozent. Für die EZB-Sitzung am 16. März haben die Euro-Währungshüter eine weitere Zinserhöhung um erneut 0,5 Punkte in Aussicht gestellt.
Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, denn sie können sich für einen Euro dann weniger leisten. Stark gestiegene Energiepreise, die die Inflation maßgeblich treiben, sind auch für Unternehmen eine Last.
Ökonomen-Stimmen zur Inflation in Deutschland
Die Teuerung in Deutschland hält sich hartnäckig auf hohem Niveau. Im Februar lagen die Verbraucherpreise nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 8,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im Januar hatte die Jahresteuerungsrate nach dem Wegfall der einmaligen staatlichen Entlastung für Gas- und Fernwärmekunden bereits auf 8,7 Prozent angezogen. Nachdem schon in Frankreich und Spanien die Inflation höher als erwartet ausgefallen war, steigt der Druck auf die Europäische Zentralbank, die Zinsen weiter und deutlich anzuheben. Die Daten für den gesamten Währungsraum werden am Donnerstag veröffentlicht.
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank
“Anders als von vielen erwartet lag die Inflationsrate in Deutschland im Februar unverändert bei 8,7 Prozent. Der unterliegende Preisdruck hat sich wohl sogar weiter verstärkt. Denn nach unserer Schätzung auf Basis der bisher vorliegenden Zahlen ist die Kernteuerungsrate ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise von 5,6 Prozent auf 5,8 Prozent gestiegen. So mag die Inflationsrate in den kommenden Monaten zwar fallen, weil die Energiepreise wohl kaum erneut so stark zulegen werden wie im Frühjahr 2022. Überwunden ist die Inflation damit aber noch lange nicht, zumal mit dem sich abzeichnenden deutlich stärkeren Lohnanstieg die nächste Kostenwelle auf die Unternehmen zurollt.”
Ulrich Kater, Chefvolkswirt Dekabank
“Auch nach der statistischen Revision der Inflationszahlen bleibt die Teuerung in Deutschland zu hoch. Das Ziel von 2 Prozent liegt in weiter Ferne. Die Zinsen werden daher auf längere Sicht nicht fallen, sondern weiter steigen, um die Inflation wieder zurück in den gewünschten Zielkorridor zu drücken.”
Jens-Oliver Niklasch, Analyst, Landesbank Baden-Württemberg
“Eine eher unangenehme Überraschung. Der Energiepreisanstieg hat nur wenig an Dynamik eingebüßt, Nahrungsmittel werden immer teurer. Die Preisanstiege für Dienstleistungen dürften teils schon auf steigenden Lohndruck zurückzuführen sein. Die Zahlen für den HVPI dürften zudem der EZB noch eine Nuss zu knacken aufgeben. In Spanien und Frankreich lag die Inflation im Februar ebenfalls höher als im Monat zuvor. Das kann der Geldpolitik nicht gefallen. Jetzt muss es also der Basiseffekt im März richten und für einen messbaren Rückgang der Inflationsrate sorgen. Aber es ist wohl nicht zu ändern: Auch 2023 wird Inflation ein zentrales Thema für die Politik bleiben.”
Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust
“Da der Anteil der Energieprodukte am Warenkorb durch die Revision des VPI gesunken ist, wird die Mäßigung der Energiepreise, die im Verlauf des Jahres zu erwarten ist, weniger stark auf die Inflationsdaten durchschlagen. Im März ist zwar mit einem Rückgang in Richtung 7 Prozent zu rechnen, in den Monaten danach dürfte die Inflation dann allerdings nur recht langsam zurückgehen und auch am Jahresende noch bei rund 4 Prozent liegen. Die in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der Währungsunion, hohe Inflation dürfte die im Grundsatz schon angekündigte nächste Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte besiegeln.”
Ralf Umlauf, Volkswirt, Landesbank Hessen-Thüringen
“Die Inflationsentwicklung überrascht in Deutschland auf der Oberseite, wie zuvor bereits in Frankreich und Spanien. Dies dürfte die Leitzinserwartungen weiter unterstützen und die EZB steht unter Druck, den Zinserhöhungszyklus im März nicht zu beenden. Die dann anstehenden Projektionen des EZB-Stabes zu Wachstum und Inflation dürften für dieses Jahr wohl nach oben angepasst und so der Weg für weitere Zinserhöhungen geebnet werden. Auch in den kommenden Monaten wird es wohl eine geldpolitische Gratwanderung bleiben, denn die schwachen Daten zu Geld- und Kreditmengenwachstum mahnen zur Vorsicht.”
WIESBADEN / FRANKFURT (dpa-AFX)
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