Mar 3, 2023
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Lebensmittelmangel: Atomraketen, aber kein Reis – Nordkorea manövriert sich in die Hungerkrise

Written by pinmin
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Warum Hunger ein ständiger Wegbegleiter für viele Nordkoreaner ist

Er ordnete an, die Bewässerungssysteme zu verbessern, mehr Landmaschinen zu bauen und mehr Ackerland zu schaffen. Als langfristiges Ziel nannte er die Selbstversorgung des Landes. Doch davon ist Nordkorea noch weit entfernt. Bernhard Seliger, Leiter des Büros der Hanns-Seidel-Stiftung der Christlich-Sozialen Union in Korea, wurde bei seinen Nordkorea-Aufenthalten immer wieder damit konfrontiert: „Unterernährung begleitet die Nordkoreaner seit Jahrzehnten“, sagt er.

Kim Jong Un

Nordkoreas Machthaber, hier in einem Gewächshaus, will die Produktivität der Landwirtschaft erhöhen.


(Foto: via REUTERS)

Eine Reihe von Umfragen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen zeigt, wie sich die Versorgungslage unter Machthaber Kim zunächst deutlich verbesserte, um sich dann schon vor der Coronakrise wieder zu verschlechtern. 2018 bezeichnete nur ein Prozent der Befragten die Versorgung als schlecht, 2019 waren es bereits elf Prozent, 2021 sogar 71 Prozent.

>> Lesen Sie hier: Droht ein atomares Wettrüsten zwischen Nordkorea und Südkorea?

Auslöser für die Verschlechterung war der Atomtest Nordkoreas im Jahr 2017. Daraufhin verschärften die Vereinten Nationen die Sanktionen gegen das Land, was sich dann zeitversetzt 2019 im Einbruch der Importe niederschlug. Damit kamen die Probleme Nordkoreas wieder zum Vorschein: die vorindustrielle Landwirtschaft und die Staatswirtschaft.

Seliger hat sie selbst auf einer staatlichen Farm erlebt, die die Hanns-Seidel-Stiftung im Rahmen eines Projekts betreute. „Die hatten 400 bis 500 Hektar Land, 165 Zugochsen und einen Traktor“, erinnert er sich. Zudem ist die Landwirtschaft kollektiviert – in Produktionsgenossenschaften und Staatsbetrieben. Der Anreiz zur Ertragssteigerung ist also gering.

Sanktionen und Covid-19 verschärften die Lage

Nach südkoreanischen Schätzungen liegt die Reisproduktion Nordkoreas zwischen 4,4 und 4,8 Millionen Tonnen pro Jahr, während 5,5 Millionen Tonnen nötig wären, um die 26 Millionen Nordkoreaner satt zu machen.

Gleichzeitig haben die Nordkoreaner Probleme, ihre Anbauflächen zu erhalten. Im Jahr 2022 schrumpfte die Anbaufläche laut Statistik um 0,8 Prozent. Zu allem Überfluss hat Nordkorea im Gegensatz zu anderen Ländern kaum Möglichkeiten, die fehlenden Kalorien über Lebensmittel auf dem Weltmarkt zu kaufen. Denn dafür fehlen seit den Sanktionen die Devisen. Und Kim entwickelt lieber mit Hochdruck Raketen und Atomwaffen, als dem internationalen Druck nachzugeben und nuklear abzurüsten.

So bleibt derzeit vor allem die Hilfe der Schutzmacht China, die bisher rund die Hälfte des Reismangels durch Exporte deckte. Doch während der Pandemie sank auch der Zufluss aus dieser Quelle, weil Nordkorea aus Angst vor Covid-19 die Grenze zu China weitgehend abriegelte. Erst seit Herbst 2022 steigen die Importe wieder an. Im Dezember lagen sie nach Angaben der chinesischen Zollbehörde bei 30.000 Tonnen. Auch Russland hat Getreide exportiert.

Landwirtschaftliche Kooperative

Nordkoreas Landwirtschaft gilt als extrem ineffizient.



(Foto: dpa)

Laut Lucas Rengifo-Keller vom amerikanischen Peterson Institute for International Economics ist die Lage entsprechend kritisch. Nach seiner Analyse ist die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln „so schlecht wie seit der Hungersnot in den 1990er-Jahren nicht mehr“.

Zwar traut er den Schätzungen des UN-Systems nicht, wonach es in Nordkorea nur in zwei der vergangenen 27 Jahre Hungersnöte gegeben haben soll. Seine eigene Analyse zeige aber, dass „das Nahrungsmittelangebot ab der Ernte 2020/21 wahrscheinlich nicht mehr ausreichen wird, um die minimalen menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen“.

Andere Experten sehen noch keine Anzeichen für eine humanitäre Katastrophe. Seliger: „Ich glaube eher, dass wir es mit Hunger zu tun haben, nicht mit einer Hungersnot.“ Zudem seien die Nordkoreaner inzwischen besser auf Engpässe vorbereitet. Ein Problem in den 1990er-Jahren war der Zusammenbruch des zentralen staatlichen Versorgungssystems.

Zaghafte Privatisierungen in der Landwirtschaft

Inzwischen wird toleriert, dass Bauern an steilen Berghängen privat anbauen und die Erzeugnisse privat verkaufen. Zudem haben Staatsbetriebe und Ministerien eigene Farmen gegründet.

Auch Chad O’Charrol, Gründer des Analysedienstes NK News, urteilt: „Im Moment gibt es nichts Ungewöhnliches.“ Zwar sind die Reispreise in den vergangenen zwei bis drei Wochen gestiegen. Das wird aber mit einem Aufruf der Regierung zu einer „patriotischen Reisspende“ der Untertanen an das Militär zusammengebracht. Außerdem sieht der Nordkorea-Beobachter keine Anzeichen dafür, dass mehr Menschen aus dem Norden fliehen wollen.

O’Charrol hält es daher für wahrscheinlich, dass Teile der nordkoreanischen Gesellschaft nach wie vor unter akuter Lebensmittelknappheit leiden und Menschen verhungern. Berichte in Südkorea über Hungertote in der nordkoreanischen Industrieregion Kaesong bezweifelt er jedoch. „Bis zum Beweis des Gegenteils bin ich skeptisch, dass in Kaesong – direkt an der Grenze – täglich Dutzende Menschen sterben.“

Mehr: Wie Nordkoreas Staatshacker Kryptowährungen in Milliardenhöhe stehlen



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