Mar 12, 2023
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Außenpolitik: Wirtschaftsminister Habeck will Brasilien enger an Deutschland binden

Written by Alexander Busch

Salvador Es ist die bisher längste Auslandsreise von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Zusammen mit Cem Özdemir, dem grünen Minister für Landwirtschaft und Ernährung, wird Habeck mit einer Unternehmerdelegation sechs Tage in Brasilien und Kolumbien unterwegs sein.

Der Auftritt des Ministerdoppels ist Teil der Südamerika-Offensive, die Berlin mit dem Regierungswechsel in Brasilien gestartet hat: Seit dort der Sozialdemokrat Luiz Inácio Lula da Silva am 1. Januar sein Amt angetreten hat, haben bereits Bundespräsident Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Ministerinnen für Umwelt, Steffi Lemke, und für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Svenja Schulze, Brasilien besucht.

Dieses massive Interesse der deutschen Regierung an Brasilien steht im Gegensatz zur letzten Dekade der Beziehungen zwischen Berlin und der mit Abstand größten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Seit 2015, als Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Kabinett nach Brasilien reiste, um mit dem Land als strategischem Partner regelmäßige Regierungskonsultationen zu vereinbaren, hat kaum noch ein deutscher Minister in Brasilien vorbeigeschaut.

Rohstoffe, Klima, Energie – Deutschland will Brasilien eng an sich binden

Das politisch fragwürdige Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff 2016, schließlich die Wahl des Rechtspopulisten Jair Bolsonaro 2018 und seine katastrophale Umweltpolitik hatten Brasilien gewissenmaßen zu einer No-go-Area für deutsche Regierungen gemacht.

Das hat sich jetzt geändert: Deutschland will Brasilien wieder eng an sich binden, wie es viele Jahrzehnte gut funktioniert hat. Dabei geht es um Rohstoffsicherung, Klimaschutz, Versorgung mit nachhaltigen Energien, politische Allianzen und wirtschaftliche Zusammenarbeit – alles Themen, die mit den geopolitischen Veränderungen immens wichtig geworden sind.

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„Brasilien und Kolumbien spielen eine Schlüsselrolle beim globalen Klimaschutz“, heißt es im Wirtschaftsministerium. „Wir müssen das Momentum nutzen, eng mit diesen Partnern zusammenzuarbeiten, um unsere klimapolitischen wie auch wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen.“

Tatsächlich ist der Zeitpunkt für eine engere Zusammenarbeit zwischen Brasilien und Deutschland so gut wie schon lange nicht mehr. Denn erstmals begegnen sich beide Staaten wieder auf Augenhöhe. Brasilien braucht Technologie, um seine schrumpfende Industrie wieder wettbewerbsfähig zu machen. Enge Bindungen an Europa sind für die ehrgeizige Außenpolitik Lulas wichtig, um Brasiliens Verhandlungsmacht in der Runde der großen Schwellenländer zu erhöhen.

Ukraine-Krieg, China – Südamerika ist wirtschaftlich wichtiger geworden

Brasilien erscheint als der perfekte Partner für die deutsche Wirtschaft in Südamerika: „Lula will Südamerika wieder hinter Brasilien vereinen und unausgesprochen als Regionalmacht vertreten“, sagt Oliver Stuenkel, Professor für Internationale Politik an der Fundação-Getúlio-Vargas-Universität in São Paulo. „Das ist ein Vorteil für uns Europäer, wenn wir jetzt mit Brasilien wieder einen zentralen Ansprechpartner für den Kontinent haben.“

Denn Südamerika ist für Deutschlands Wirtschaft strategisch wichtiger geworden – sowohl wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine als auch wegen der neuen Eiszeit zwischen den USA und China. Nicht nur weil Südamerika nachhaltige Energie produziert sowie Nahrung und Rohstoffe, die Deutschland dringend braucht.

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Deutschlands Unternehmen brauchen Brasilien und Südamerika nicht mehr nur als Lieferanten für Energie und Rohstoffe – auch als Standort und Absatzmarkt wird die Region deutlich wichtiger: Denn wenn Investitionen deutscher Konzerne in China zunehmend kritisch gesehen und künftig beschränkt werden könnten, dürfte Lateinamerika einer der Profiteure sein.

Bereits 2022 haben Brasilien und Mexiko so viele Auslandsinvestitionen verzeichnet wie seit vielen Jahren nicht mehr. Brasilien steht mit 91 Milliarden Dollar an ausländischen Investitionen auf Platz vier der Empfängerländer weltweit. In Mexiko investierten ausländische Konzerne mit 35 Milliarden Dollar 2022 so viel wie zuletzt vor sieben Jahren.

Handelsabkommen Mercosur steht vor der Unterzeichnung

Habeck und Özdemir werden deswegen ihre Visite in Brasilien bei den Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstagen in Belo Horizonte beginnen. Dabei geht um Rohstoffsicherung, grünen Wasserstoff, Aufforstung und Fachkräfteausbildung – aber eben auch das Freihandelsabkommen der Europäischen Union (EU) mit den Mercosur-Staaten.

Gerade haben sich die EU und die Staaten des Gemeinsamen Südamerikanischen Marktes (Mercosur) in Buenos Aires geeinigt, bis Ende Juli einen unterschriftsreichen Vertrag vorzulegen. Brüssel will noch zusätzliche Umweltauflagen aushandeln, die südamerikanischen Mitgliedsländer wollen ihren Mittelstand schützen und Staatsaufträge nur national vergeben.

Für April hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Südamerika angekündigt, um das Abkommen voranzutreiben. „Ein Abschluss des Abkommens zur größten Freihandelszone wäre sowohl für Brasilien als auch Europa ein Triumph“, sagt Stuenkel. Unter Spaniens EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr, so hoffen die Verhandlungsführer, könnte das Abkommen ratifiziert werden.

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Umso wichtiger ist auch die Anwesenheit des grünen Landwirtschaftsministers Özdemir jetzt in Brasilien: Der Mercosur exportiert vor allem landwirtschaftliche Produkte nach Europa. Dort stemmen sich Umweltschützer wie Bauern gegen die Einfuhren aus Südamerika.

Wenn Özdemir von der Ernsthaftigkeit der Umwelt- und Amazonaspolitik Brasiliens überzeugt werden kann, dann könnte er ein entscheidender Befürworter des Mercosur-Abkommens in Europa werden. Ein Zwischenstopp ist daher in der Amazonasmetropole Manaus vorgesehen: Dort wollen die Minister Aufforstungsprojekte besuchen, bevor es weitergeht in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá.

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