Berlin, Brüssel Die Probleme scheinen weit weg, doch die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) hat am Montag auch die europäischen Finanzminister beschäftigt. Beim Treffen der Euro-Gruppe in Brüssel berichteten die Aufseher von EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) über die angespannte Lage an den Finanzmärkten.
Die entscheidende Frage aus Sicht der Finanzminister lautete: Könnte die Pleite der US-Bank zu Problemen bei den europäischen Geldhäusern führen? Vorerst gab es Entwarnung. Euro-Gruppen-Präsident Paschal Donohoe sagte, die Gefahr für die Eurozone sei „sehr begrenzt“.
In Deutschland beobachtet unter anderem die Finanzaufsicht Bafin die Situation laufend. „An der Stabilität haben diese Institutionen keinen Zweifel gelassen“, sagte Lindner vor der Sitzung der Euro-Finanzminister. Die Bafin hat am Montag ein Moratorium über die deutsche Zweigstelle der SVB verhängt, um die Vermögenswerte für die Gläubiger zu sichern.
Nach der Pleite der SVB waren auch die Aktien von europäischen Banken unter Druck geraten. Zu den Kursverlusten der deutschen Banken wollte Lindner sich nicht äußern: „Ich kann keine Marktreaktionen kommentieren.“
Mehr zu den Folgen der Pleite der Silicon Valley Bank
Die SVB, die als Hausbank der Start-up-Szene gilt, war wegen hoher Verluste bei Anleihen in Schwierigkeiten geraten. Grundsätzlich können diese Probleme auch bei europäischen Banken auftreten, sie werden auch schon länger diskutiert. Doch ähnlich Liquiditätsprobleme wie bei der SVB werden bisher nicht erwartet. Die Finanzaufsicht beobachtet die Situation nun aber genauer.
Am Mittwoch sollen die Pleite der SVB und mögliche Folgen für Deutschland auch Thema im Finanzausschuss sein. Die Unionsfraktion hat einen Antrag gestellt und erwartet eine Einschätzung vom Finanzministerium.
Bisher sind die Abgeordneten vergleichsweise entspannt. Da die SVB keine großen Aktivitäten in der Eurozone gehabt habe, „erscheint das Risiko für Deutschland und Europa aus heutiger Sicht überschaubar“, sagte der zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion, Stefan Müller (CSU). Und die Finanzexpertin der Grünen, Katharina Beck, sagte: „Bisher sind die Folgen für Deutschland als sehr überschaubar einzuschätzen.“
Kritik an der Hilfsaktion der USA
Für Diskussionen sorgt die Hilfsaktion der US-Regierung. Zwar wird die Bank nicht vom Staat gerettet, auch Aktionäre und bestimmte Gläubiger sollen kein Steuergeld erhalten, wie das amerikanische Finanzministerium betonte. Aber zumindest für die Einlagen garantiert die Regierung. Auch Kunden, die mehr als die von der Einlagensicherung geschützten 250.000 US-Dollar auf den Konten der SVB liegen haben, sollen ihr Geld komplett erhalten.
„Die Rettung aller Einlagen über die Sicherungsgrenze hinaus ist ordnungspolitisch fragwürdig“, sagte CSU-Politiker Müller. „Solche Rettungsaktionen für Banken mit nicht tragfähigen Geschäftsmodellen sollte es heute nicht mehr geben.“ Aus industriepolitischer Sicht sei der Schritt nachvollziehbar. Müller: „Die USA schützen damit letztlich ihren Tech-Sektor und das Silicon Valley.“
Auch Grünen-Politikerin Beck sieht die SVB-Pleite und die damit verbundene Rettungsaktion als Warnung: „Der Fall zeigt erneut, wie wichtig ein vielfältiges Banken- und Finanzsystem ist, damit der Staat nicht stets als eine Art selbstverständliche Rückversicherung agieren muss und somit Finanzakteure womöglich untragbare Risiken eingehen.“
Nach Einschätzung von Ifo-Präsident Clemens Fuest geht es der US-Regierung darum, einen Bankrun bei anderen Finanzinstituten zu verhindern. „Die US-Regierung befürchtet offenbar, dass es zu einer Panik bei den Inhabern von Einlagen bei kleinen und mittleren Banken in den USA kommen könnte, wenn SVB-Kunden Verluste erleiden“, sagte Fuest.
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Grundsätzlich sollten bei Bankpleiten Eigentümer und Gläubiger haften, aber die Umsetzung erweise sich wegen der Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems immer wieder als schwierig. Immerhin sollten bei der SVB nun Aktionäre und bestimmte Gläubiger haften und keine Steuergelder eingesetzt werden.
Für den Ökonomen unterstreicht der Fall, wie wichtig es sei, dass die Regulierer eine höhere Eigenkapitalausstattung der Banken einforderten. „Das wirkt übermäßiger Risikoneigung entgegen, die durch staatliche Bankenrettungen und Einlagensicherungssysteme verstärkt wird“, sagte Fuest.
Laut Florian Heider, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung (SAFE) in Frankfurt, sei bei der SVB der klassische Fall eingetreten, dass wenige große Einleger ihre “Überwachungsfunktion” wahrgenommen und ihre Gelder innerhalb weniger Tage abgezogen hätten.
„Ein solcher Abzug von Einlagen wird dann zu einem Problem, wenn es zum einem Bankrun kommt, und der dann auf andere, eigentlich solvente Banken übergreift“, so Heider. Der Fall der SVB zeige also vielmehr auf, wo es Lücken in der Bankenregulierung gebe.
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