Oct 3, 2022
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Brasilien-Wahl: Lula enttäuscht trotz Sieg – Bolsonaro geht gestärkt in die Stichwahl

Written by Alexander Busch


Luiz Inacio Lula da Silva

Tatsächlich dürfte es für Lula nun deutlich schwerer werden, die Wahlen zu gewinnen.



(Foto: dpa)

Salvador Es ist ein Sieg – der ihn dennoch enttäuschen muss: Zwar lag der Ex-Präsident Luíz Inácio Lula da Silva bei den Wahlen für das Präsidentenamt mit rund 48 Prozent der Stimmen vorn. Für Präsident Jair Bolsonaro entschieden sich aber noch rund 43 Prozent der Wähler.

In den Wahlumfragen hatte Lula monatelang mit weit größerem Abstand geführt. Sogar ein Sieg Lulas im ersten Wahldurchgang schien möglich. Nun trennen die beiden Kontrahenten nur knapp fünf Prozentpunkte. Eine Stichwahl am 30. Oktober ist notwendig.

Ex-Präsident Lula gab sich in einer kurzen Ansprache vor Anhängern und den Medien gelassen. Er habe noch nie einen Wahlsieg im ersten Durchgang geschafft. „Das ist jetzt wie eine Verlängerung vor dem endgültigen Sieg“, sagte er.

Tatsächlich dürfte es für Lula nun deutlich schwerer werden, die Wahlen zu gewinnen. Denn Jair Bolsonaro geht politisch gestärkt aus dem ersten Wahlgang hervor. Seine Unterstützung hat bei den allgemeinen Wahlen, die gleichzeitig stattfanden, überraschend vielen Kandidaten als Gouverneur, Senator oder Abgeordneter zu einflussreichen Ämtern verholfen.

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Seine derzeitige Partei, der Partido Liberal, ist mit 101 Abgeordneten die stärkste Fraktion im Abgeordnetenhaus. Diese Alliierten werden Bolsonaro in den vier Wochen Wahlkampf bis zur Stichwahl wichtige Unterstützung geben.

Neuer Wahlkampf beginnt

Der Rechtspopulist Bolsonaro ist auch ideologisch gestärkt. Er wird das überraschend gute Wahlergebnis gegenüber seinen Anhängern nun als den Beweis dafür benutzen, dass die Wahlumfragen nichts taugen oder gefakt sind – was er regelmäßig behauptet.

Jair Bolsonaro

Bolsonaro wird sich jetzt vor allem um die Armen kümmern, bei denen er deutlich schlechter als Lula abschneidet.


(Foto: IMAGO/TheNews2)

Er habe gegen die Lügen gewonnen, sagte Bolsonaro in einer kurzen Pressekonferenz vor dem Präsidentenpalast in Brasília. Auf die Frage, wie er das digitale Wahlsystem nun beurteile, das er über Monate als störanfällig kritisiert habe, erklärte er, dass er erst die Einschätzung der Militärs zu den Wahlen einholen werde, bevor er sich dazu äußere.

Traditionell sind brasilianische Präsidenten bei der Wiederwahl schwer zu schlagen. Sie können mit den Budgetmitteln aus dem Staatshaushalt ihren Verbündeten und Alliierten die Wahlen finanzieren.

So bekamen die Abgeordneten und Senatoren im Kongress in den vergangenen Monaten neben der schon großzügigen Wahlkampffinanzierung noch gewaltige Summen zugeschanzt, über die sie weitgehend frei in ihren Wahlkreisen verfügen konnten. Kein Wunder, dass besonders viele Politiker in ihren Ämtern bestätigt wurden.

>> Lesen Sie hier: Digitaler Wahlkampf in Brasilien – Wie die Opposition Fake News von Bolsonaro abwehrt

In Brasilien heißt es, dass bei Stichwahlen die Karten noch mal völlig neu gemischt würden und ein ganz neuer Wahlkampf beginne. Entscheidend wird nun sein, ob es den beiden Kandidaten gelingt, ihre hohen Ablehnungsraten zu senken: 52 Prozent wollen – so die Umfragen – auf keinen Fall für Bolsonaro stimmen. Bei Lula liegt die Ablehnungsrate bei 40 Prozent. Bolsonaro wird sich jetzt vor allem um die Armen kümmern, bei denen er deutlich schlechter als Lula abschneidet.

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Lula wiederum wird dagegen versuchen, Zugeständnisse an die politische Mitte und die Wirtschaft zu machen, um dort Stimmen zu gewinnen. Möglicherweise wird er ein Wirtschaftskabinett vorstellen, um bei den Unternehmern Vertrauen aufzubauen. Auch sein Wirtschaftsprogramm ist bisher reichlich vage.

>> Lesen Sie hier: Friedlicher Machtwechsel nicht sicher – Brasilien fürchtet einen Putsch

Davon könnte Brasilien profitieren. Zur Erinnerung: Als Lula erstmals 2002 die Wahlen gewann, lag das vor allem daran, dass er, der Linke, sich vorher zu einer konservativen Fiskal- und Geldpolitik verpflichtet hatte – die er dann auch tatsächlich durchzog. Der Rest ist bekannt: Brasilien erlebte unter Präsident Lula einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg.

Mehr: Zwischen Aufbruch und Abgrund – Brasilien stimmt am Sonntag auch über seine Zukunft ab.



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Politik

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