Peking, Riga Ein kurzer Blick in Richtung Moskau, ein freundliches Winken auf dem roten Teppich, dann besteigt Chinas Staatschef Xi Jinping am Mittwochmorgen das Flugzeug Richtung Peking. Seit Montag hatte er sich in der russischen Hauptstadt aufgehalten, zu Besuch bei seinem „lieben Freund“ Wladimir Putin. Vor allem wegen des Kriegs in der Ukraine hatte der Besuch international viel Aufmerksamkeit erfahren.
Die Erwartungen waren hoch. Beobachter hielten es für möglich, dass Xi tatsächlich als Vermittler auftreten und Russlands Präsident Putin zum Einlenken bewegen könnte.
Doch daraus wurde nichts: Stattdessen machte das Treffen deutlich, dass sich Russland fürs Erste auf Chinas Unterstützung verlassen kann. Die beiden Atommächte vereinbarten eine noch engere strategische und wirtschaftliche Partnerschaft.
„Jetzt gibt es Veränderungen, die es seit 100 Jahren nicht mehr gegeben hat“, sagte Xi Putin zum Abschied. „Gemeinsam treiben wir diese Veränderungen voran“, führte er fort. Putin stimmte zu.
Die beiden Staatsoberhäupter wollen eine „neue Ära“ der bilateralen Beziehungen einläuten, in den vergangenen Tagen demonstrierten sie in Moskau einen Schulterschluss.
Am Dienstag unterzeichneten Xi und Putin weitreichende Abkommen über ihre Zusammenarbeit bis 2030. Dabei ging es vor allem um eine stärkere wirtschaftliche Partnerschaft, Russland soll unter dem Druck westlicher Sanktionen mehr Elektrotechnik aus China erhalten, China mehr günstiges Gas und Öl. Zur Schwächung des US-Dollars soll der Zahlungsverkehr zwischen beiden Staaten und mit anderen Handelspartnern weiter auf Yuan und Rubel umgestellt werden. Die beiden mächtigen Nachbarn festigten so ihre strategische Partnerschaft für eine „neue Weltordnung“.
Xi stellt sich demonstrativ an Putins Seite
Westliche Politikerinnen und Politiker zeigten sich allerdings enttäuscht von den Ergebnissen des Treffens. Denn auch mit Blick auf die Ukraine stellte sich Xi demonstrativ an die Seite der russischen Regierung. Putin hatte den chinesischen Vorschlag zur „politischen Lösung der Ukrainekrise“ gelobt.
In dem Dokument, das China im Februar vorgestellt hatte, werden unter anderem ein Waffenstillstand und Friedensgespräche gefordert. Es enthält jedoch keine konkreten Vorschläge, wie ein Friedensplan aussehen könnte und welche Rolle China dabei spielen würde. Auch ist der Abzug russischer Truppen vom Gebiet der Ukraine nicht vorgesehen.
Im Westen war der Vorschlag deshalb auf Skepsis gestoßen. In den USA heißt es, ein Waffenstillstand zum jetzigen Zeitpunkt würde die Gebietsgewinne des russischen Aggressors ratifizieren.
„Er und sein Regime plappern die russische Propaganda nach“, kritisierte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Zwischen Moskau und Peking herrsche eine Art „Vernunftehe“, Putin sehe China als „potenziellen Unterstützer“. Er glaube nicht, dass das Treffen zwischen den beiden Staatschefs „große Erwartungen an ein baldiges Ende des Krieges weckt“, so Kirby.
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Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock sagte, der Besuch wäre für China „eine Chance gewesen, um seiner Verantwortung und Rolle als ständiges Sicherheitsratsmitglied gerecht zu werden“. Sie habe jedoch zur Kenntnis genommen, dass in Erklärungen beider Regierungen auf deren Internetseiten „das Faktum, dass wir im letzten Jahr einen Angriffskrieg auf der Welt erlebt haben, noch nicht mal in anderen Worten, wie man das sonst bezeichnet hat, erwähnt worden ist, sondern als hätte es das gesamte letzte Jahr nicht gegeben“.
China leistet laut Baerbock „keinen Beitrag zum Frieden“
Die oberste Aufgabe der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sei es, so Baerbock, dem Weltfrieden zu dienen. Leider habe China stattdessen ein Positionspapier vorgelegt, das den Angreifer und das Opfer nicht benannt habe „und damit aus meiner Sicht eben auch keinen wirklichen Beitrag zum Frieden leisten kann“.
Auch Roderich Kiesewetter, CDU-Obmann für Außenpolitik und ehemaliger Bundeswehr-Oberst, kritisierte Chinas Vorgehen schon am Montag. Auf Twitter schrieb er, China sei kein neutraler Staat und hätte kein Interesse „an einer schnellen Beendigung des Kriegs, sondern an langsamer Abnutzung des Westens“. Stattdessen verfolge China mit der „Einverleibung Taiwans“ ein eigenes großes politisches Ziel.
Am Dienstagabend warnte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg China vor dem Hintergrund des Treffens vor Waffenlieferungen an Russland. Ein solcher Schritt würde bedeuten, einen illegalen Krieg zu unterstützen und diesen zu verlängern, sagte Stoltenberg. Es gebe Hinweise darauf, dass Russland Waffen angefragt habe und Peking einen solchen Schritt in Erwägung ziehe. Beweise dafür, dass China Russland Waffen liefere, habe man bisher allerdings nicht gesehen.
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Tatsächlich hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski schon Ende Februar bekräftigt, er wolle Xi treffen, um Pekings Pläne für ein Ende des Kriegs zu besprechen. Zu diesem Zeitpunkt sagte Selenski, der Vorschlag zeige, dass China sich an der Suche nach Frieden beteilige – obwohl Chinas Plan keinen russischen Rückzug vorsieht.
Selenskis Berater Mychajlo Podoljak äußerte sich zum Treffen auf Twitter. Selbst der Übergang zum Handel in Yuan werde es der Russischen Föderation nicht erlauben, „sich einen ‚Sieg‘ zu erkaufen, den ‚Friedensplan‘ zu ihren eigenen Bedingungen durchzusetzen und erhebliche rechtliche, finanzielle und physische Probleme zu beseitigen“, so Podoljak.
Experten zufolge dürfte der nun noch engere Schulterschluss zwischen China und Russland nicht nur von kurzer Dauer sein. „Wenn man auf Risse in dieser Beziehung wartet, wird man lange warten müssen oder zumindest bis sich die Protagonisten ändern“, hatte der politische Analyst Manoj Kewalramani vom indischen Thinktank Takshashila bereits vor dem Treffen gewarnt.
Mit Agenturmaterial
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