London Seit dem Brexit-Vollzug vor zwei Jahren sucht die britische Regierung unter dem Schlagwort „Global Britain“ weltweit nach neuen Handelspartnern, um die wirtschaftlichen Vorteile des EU-Austritts zu belegen. Der damalige Premierminister Boris Johnson sprach von „riesigen Möglichkeiten“.
Unter anderem wollen die Briten unbedingt dem pazifischen Handelspakt CPTPP beitreten. Die schwierigen Verhandlungen mit den elf Pazifikanrainern zeigen jedoch, wie weit Wunsch und Wirklichkeit von „Global Britain“ auseinanderliegen.
Von den 71 Handelsabkommen, die Großbritannien seit dem EU-Austritt unterzeichnet hat, waren 68 mehr oder weniger eine Kopie der Vereinbarungen, die es bereits zuvor als EU-Mitglied innehatte. Nur drei neue Freihandelsabkommen mit Japan, Australien und Neuseeland sind bisher dazugekommen.
Der wirtschaftliche Nutzen ist bislang überschaubar: Der Handel mit Japan ist in den ersten zwölf Monaten seit dem Abschluss sogar zurückgegangen. Beim Deal mit „Down Under“ haben die Australier die britischen Unterhändler nach den Worten des ehemaligen Umweltministers George Eustice über den Tisch gezogen. Die Gespräche mit Indien stocken, die mit den USA haben noch nicht angefangen. Und die Beitrittsverhandlungen zum CPTPP-Pakt werden zum Hindernislauf.
„Die Verhandlungen über den Beitritt des Vereinigten Königreichs zum CPTPP sind noch nicht abgeschlossen“, teilte das britische Wirtschafts- und Handelsministerium auf Anfrage mit. Die Regierung habe immer deutlich gemacht, dass die hohen britischen Standards für Lebensmittelsicherheit und Tierschutz nicht aufgegeben würden. „Unser Beitritt zur CPTPP wird zu Bedingungen erfolgen, die für britische Unternehmen, Verbraucher und Landwirte richtig sind.“
Streit über Rindfleisch aus Kanada und Palmöl aus Malaysia
Zu Beginn der Verhandlungen 2021 klang das noch deutlich euphorischer: Damals kündigte das Handelsministerium in London an, der Beitritt Großbritanniens werde „die wirtschaftliche Schlagkraft des CPTPP erhöhen“ und das Königreich ins „Zentrum einer dynamischen Gruppe von Ländern rücken, da sich die Weltwirtschaft zunehmend auf den pazifischen Raum konzentriert“. Die Euphorie ist inzwischen im Streit über Importquoten für Rindfleisch aus Kanada und Palmöl aus Malaysia verflogen.
Zwar sind die Beitrittsverhandlungen noch nicht abgeschlossen, dem Vernehmen nach hat sich die Regierung in London jedoch Forderungen Malaysias gebeugt und will auf einen Einfuhrzoll für Palmöl verzichten. Dagegen laufen nicht nur Umweltschützer in Großbritannien Sturm, das Inselreich setzt sich damit auch von der EU ab, die den Import von Palmöl verbieten will, wenn dadurch für Natur- und Klimaschutz wichtige Waldflächen abgeholzt werden.
Streit gab es auch über Rindfleischimporte aus Kanada. Die Kanadier wollen den gleichen freien Zugang zum britischen Markt, wie ihn zuvor die Australier und Neuseeländer bekommen haben. Den britischen Unterhändlern sitzen jedoch die eigenen Farmer im Nacken, die sich bereits über den freizügigen Deal mit Australien und Neuseeland geärgert haben.
Falls die Briten anfangs noch dachten, sie würden mit offenen Armen empfangen, stellen sie jetzt fest, dass insbesondere ihre alten Kolonien nichts mehr zu verschenken haben. Die Briten seien immer zu optimistisch gewesen, was Zeit und Herausforderungen angehe, konstatierte kürzlich Jeff Schott, Handelsexperte im Institute for International Economics (IIE) in Washington.
Angesichts der überschaubaren wirtschaftlichen Vorteile durch einen Beitritt zum CPTPP hat das Ringen offensichtlich mehr symbolische als ökonomische Gründe. Nach eigenen Berechnungen erwartet die britische Regierung von dem neuen Handelsabkommen lediglich einen Schub von 0,08 Prozent für das Bruttoinlandsprodukt. Zum Vergleich: Nach Schätzungen von John Springford von der Denkfabrik Centre of European Reform (CFER) hat der Brexit das britische BIP bis zum zweiten Quartal 2022 um 5,5 Prozent gedrückt.
Subventionsstreit mit den USA
Auch anderswo kommt „Global Britain“ kaum voran. Die Handelsgespräche mit Indien verlaufen holprig, und die Verhandlungen mit den USA haben noch gar nicht begonnen. US-Präsident Joe Biden weigerte sich, mit den Briten über Handelserleichterungen zu sprechen, solange London den Streit mit der EU über Nordirland nicht beilgelegt hat.
Mit dem kürzlich vereinbarten „Windsor Framework“ ist diese Hürde jetzt zwar abgeräumt, doch türmen sich mit dem gigantischen Förderpaket der US-Regierung für die grüne Transformation (IRA) gerade neue Hindernisse auf.
In der britischen Hauptstadt hat man inzwischen gemerkt, dass man im industriepolitischen Subventionswettlauf zwischen den USA, der EU und China auf der Strecke bleibt. Handelsministerin Kemi Badenoch hat die geplanten Staatshilfen der USA als „protektionistisch“ kritisiert und will nun zusammen mit „gleich gesinnten Ländern“ darauf reagieren. Neben Japan, Südkorea und der Schweiz nannte die konservative Politikerin dabei auch ausdrücklich die EU.
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