New York Donald Trump ist wieder im Angriffsmodus. Nur wenige Stunden, nachdem sich der frühere US-Präsident in 34 Anklagepunkten „nicht schuldig“ bekannt hatte, ist er in seinem Element. In seinem Golfclub in Mar-a-Lago, Florida, äußerte sich der Republikaner zum ersten Mal ausführlich zu dem historischen Gerichtsverfahren gegen ihn.
Die Veranstaltung ähnelte den vielen Rallys, die der 76-Jährige in den vergangenen Jahren abhielt. Im Hintergrund große Amerika-Flaggen, zur Begrüßung das Lied „I’m Proud to be an American“. Trump nutzte das Event, um seine Unschuld zu beteuern und gegen seine Gegner zu stänkern. Die Anklage gegen ihn sei eine „massive Wahlbeeinflussung in einem Ausmaß, wie es unser Land noch nie gesehen hat“, wetterte Trump, der 2024 wieder für das Weiße Haus kandidieren will. „Das Land geht vor die Hunde“, wetterte der Vorgänger von US-Präsident Joe Biden.
Trump teilte dabei nicht nur gegen Bidens Demokraten aus, sondern auch gegen Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg und den zuständigen Richter Juan Merchan, sowie deren Familien. Merchan hatte Trump im Gerichtssaal noch ermahnt, mit seinen Aussagen keine Unruhe zu stiften.
„Doch Trump überschreitet, wie wir wissen, immer wieder die Grenzen dessen, was angemessen ist“, gab Biografin und „New York Times“-Reporterin Maggie Haberman in einer Sendung des Nachrichtensenders CNN zu bedenken. Trump nannte Merchan einen „Trump-hassenden Richter“ und bezeichnete Bragg als „Verbrecher“, der geheime Informationen an die Presse gespielt haben soll.
Der Ex-Präsident nutzte die Rede, um alte Verschwörungstheorien gegen Biden und dessen Sohn Hunter wiederzubeleben und verbrachte einen großen Teil seiner Zeit damit, sich über die Razzia seines Anwesens im Zusammenhang mit geheimen Dokumenten zu beschweren. „Unser Justizsystem ist gesetzlos geworden“, so Trump.
Experten bemängeln Anklageschrift
Der frühere Vize-FBI-Chef Andrew McCabe kritisierte Trump scharf für seine Attacken gegen den Richter und den Staatsanwalt. Die Klageschrift selbst sei jedoch eine „Enttäuschung“, sagte er am Abend bei CNN. „Jeder hatte gehofft, dass wir darin mehr erfahren würden.“ So werfe die Staatsanwaltschaft Trump zwar Fälschung von Geschäftsunterlagen.
Doch das werde Rechtsexperten zufolge nur zu einer Straftat, wenn damit ein anderes Verbrechen vertuscht wurde. „Und das sehe ich nicht“, so McCabe mit Blick auf die Klageschrift.
Auch Trump-Kritiker aus der eigenen Partei bemängeln die Anklageschrift. Der republikanische Senator Mitt Romney sowie Trumps früherer Sicherheitsberater John Bolton, der Trump seit Jahren scharf kritisiert, verweisen auf schwache Argumente der Staatsanwaltschaft. Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der sich in einem Strafverfahren verantworten muss. Im Zentrum der Vorwürfe steht die Zahlung von Schweigegeld an eine Pornodarstellerin.
Trump konnte die Anklage unterdessen nutzen, um seine Anhänger zu mobilisieren. In den Umfragen legte er zu und konnte seinen Vorsprung gegenüber den anderen republikanischen Präsidentschaftskandidaten weiter ausbauen. So wollen nun 48 Prozent der Republikaner für ihn stimmen, im März waren es noch 44 Prozent, wie aus einer am Montag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage hervorgeht. Floridas Gouverneur Ron DeSantis unterstützen dagegen nur noch 19 statt wie vor einem Monat noch 30 Prozent der Befragten.
Seitdem die Anklageerhebung vergangenen Dienstag bekannt wurde, sammelte Trump zudem acht Millionen Dollar an Spenden ein, wie sein Wahlkampfteam mitteilte. Die Hälfte davon soll gleich innerhalb der ersten 24 Stunden eingetroffen sein. Auch am Dienstag nutzte Trump das Verfahren, um neue Gelder einzusammeln.
Während er im Gerichtssaal saß, schickte sein Team eine Email an seine Unterstützer und lockte sie mit neuen Wahlkampf-T-Shirts. Darauf ist ein montiertes Verbrecher-Foto von Trump abgedruckt. Darunter steht in großen Lettern „Nicht schuldig.“
Mehr: Donald Trump plädiert auf „nicht schuldig“ – Nächster Termin für 4. Dezember angesetzt
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