• EU Chips Act soll europäische Abhängigkeit von Asien reduzieren
• Viele Experten halten das Maßnahmenpaket für nicht ausreichend
• Fabrik-Neubauten von Intel und Infineon dürften vom Chips Act profitieren
Europas Markanteile an der globalen Chip-Produktion liegen bei nur zehn Prozent. Dies hat zur Folge, dass viele Unternehmen von außereuropäischen Lieferanten wie TSMC abhängig sind. Dies soll sich nun ändern. Kürzlich wurde der EU Chips Act verabschiedet, der mithilfe von Milliardensubventionen die europäische Chip-Industrie stärken soll. Wie stehen die Chancen der europäischen Halbleiter-Offensive?
Kernpunkte des EU Chip Acts
Nach wochenlangen intensiven Diskussionen ist es nun so weit: Die Unterhändler der EU-Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten einigten sich kürzlich auf den EU Chips Act, der ein Förderpaket in Höhe von 43 Milliarden Euro für europäische und außereuropäische Chip-Unternehmen, die in Europa Fabrikanlagen unterhalten beziehungsweise einen solchen Bau in Erwägung ziehen (so wie der US-Chipkonzern Intel in Magdeburg), schnürt. Der Haken an dem Gesetz: Selbst stellt die EU nur etwa 3,3 Milliarden Euro zur Verfügung, die restlichen 40 Milliarden Euro sollen die Mitgliedsstaaten und Investoren dank diverser Vergünstigungen einfacher als sonst “hebeln” können. Der CHIPS and Science Act aus den USA hingegen sieht direkte Investitionen von 39 Milliarden US-Dollar bei einem Förderpaket von insgesamt 52,7 Milliarden US-Dollar vor.
Viele Experten sind deshalb skeptisch ob des Erfolgs des EU Chip Acts. So kritisiert Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI): “Mit dem EU Chips Act gelingt der EU nicht die angestrebte Aufholjagd. Statt den Abstand zu den USA zu verringern, wird Europa als Halbleiter-Region weiter an Boden verlieren,” prognostiziert Plöger in einem auf der BDI-Website veröffentlichten Statement. “Der Ausbau der Halbleiterproduktion dürfte sich noch stärker in die USA verlagern. Die momentane Investitionswelle in Halbleiter wird die EU mit diesem Chips Act nicht für sich nutzen können,” lautet Plögers Urteil.
Bald jeder fünfte Chip aus EU-Ländern?
Das Ziel der EU, den globalen Marktanteil der Chip-Produktion bis 2030 von aktuell zehn auf zwanzig Prozent auszubauen, hält Plöger für unrealistisch. Um dieses ambitionierte Ziel erreichen zu können, hätte die EU “deutlich mehr Finanzmittel bereitstellen, deutlich weniger Bürokratie im Falle einer Halbleiterkrise und effektivere Strategien für die Gewinnung von Fachkräften vorlegen müssen”, meint Plöger. Deswegen werde Europa auch in Zukunft von Asien und den USA in puncto Chip-Herstellung abgehängt werden.
Auch der Chip-Branchenverband Bitkom ist skeptisch. Die Einigung zwischen dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, jedoch sei Europa einerseits zu spät dran und andererseits reichten die Fördermittel nicht aus, um eine erfolgreiche Aufholjagd hinzulegen. “Europa ist vergleichsweise spät dran und wirft weniger in die Waagschale. Umso wichtiger ist, dass wir bei der Umsetzung des Chips Act keine Zeit verlieren”, lautet die Einschätzung des Bitkom-Chefs Achim Berg. Er fordert weitreichendere Maßnahmen: “Angesichts der weiter steigenden Nachfrage müssen Europa und Deutschland deshalb schnell unabhängiger werden – und so zentrale Bereiche der Digitalwirtschaft stärken, darunter Telekommunikation, Rechenzentren, Cloud und Edge Computing sowie die klassischen Industriebranchen Automobil- oder Maschinenbau”, schreibt Berg in einer auf der verbandseigenen Website veröffentlichten Bitkom-Pressemitteilung. Laut Bitkom sind schon jetzt vier von fünf Unternehmen bei ihrer Produktion auf Halbleiter angewiesen – Tendenz stark steigend. Der Branchenverband VDA rechnet laut der “Börsen-Zeitung” damit, dass sich der Chip-Bedarf allein in der Automobilindustrie bis 2030 verdreifachen werde.
Diese Unternehmen erhalten Milliardensubventionen
Deutlich begeisterter als der BDI oder Bitkom zeigt sich Reiner Haselhoff (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Er sieht in dem EU Chips Act ein “klares Signal der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Regionen wie Asien und Nordamerika”. Seine Begeisterung ist allerdings nicht allzu überraschend – ermöglicht das Förderpaket doch den Bau einer großen Intel-Produktionsstätte in der Landeshauptstadt Magdeburg. Durch die neu gebaute Großfabrik soll das als strukturschwach geltende Bundesland profitieren, Tausende von qualifizierten Arbeitskräften sollen dort künftig arbeiten. Unter einem ähnlichen Stern steht der geplante Neubau einer Infineon-Fabrik bei Dresden. Durch das Subventionspaket werden diese Fabrikbauten nun definitiv gebaut werden können, jegliche Finanzierungsschwierigkeiten der geplanten Expansion scheinen dadurch gelöst. So lobt der Branchenverband “Silicon Saxony” laut dem MDR den Chips Act, der Investitions- und Planungssicherheit für Halbleiterunternehmen und deren Zulieferer in Sachsen schaffe.
Auch wenn die Chip-Industrie 2023 unter einer schwächelnden Nachfrage leidet und die Corona-Sonderkonjunktur nun endgültig ausgelaufen ist, stehen dennoch in der Halbleiterindustrie alle Zeichen auf Wachstum. Ob Europa dank des Chip Acts im globalen Chip-Geschäft künftig einen größeren Stück vom Kuchen bekommen wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Redaktion finanzen.net
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