Bauen wird in Deutschland immer teurer. Wie das Statistische Bundesamt im Juli informierte, stiegen die Baupreise für Wohngebäude im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat hierzulande um 17,6 Prozent.
„Dies ist der höchste Anstieg der Baupreise gegenüber einem Vorjahr seit Mai 1970“, heißt es in der Pressemitteilung. Damals stiegen die Baupreise um 18,9 Prozent gegenüber Mai 1969. Die hohen Baukosten schlagen sich gleichzeitig auch in hohen Immobilienpreisen nieder, die durch eine wachsende Bevölkerung und ein begrenztes Angebot an Aufschwung gewinnen. In den letzten Jahren trieben niedrige Zinsen außerdem das Interesse an Käufen an und machten Immobilien als alternative Geldanlage in unsicheren Zeiten attraktiv, nach denen sich Investoren besonders zu Zeiten der Corona-Krise und dem Krieg in der Ukraine umschauen. Dadurch schossen die Preise für Häuser und Wohnungen in den letzten Jahren rasant in die Höhe.
Hohe Baukosten schrecken Verbraucher ab
Dass die Immobilienpreise aber nicht immer weiter bis ins Unermessliche steigen können, zeigt sich auch an Beobachtungen der Bundesvereinigung Bauwirtschaft. So halten die hohen Baukosten Verbraucher eher davon ab, das perfekte Eigenheim bauen zu lassen. „Die Investitionsbudgets der Auftraggeber für Maßnahmen im Wohnungsbau, im Gewerbebau und der Infrastruktur reichen schlicht nicht mehr aus“, gab Marcus Nachbauer, Vorsitzender der Vereinigung, kürzlich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur preis. Damit dürfte die Branche nach Nachbauers Einschätzung in diesem Jahr einen Umsatzrückgang zwischen ein und zwei Prozent verdauen müssen. Bereits jetzt seien die Auftragseingänge rückläufig, 2023 werde die Neubautätigkeit dann weiter zurückgehen. Notwendige Sanierungen von Wohngebäuden könnten die Branche zwar etwas anschieben, dies könne den Auftragseinbruch aber vermutlich nicht vollständig abfedern.
immowelt-Studie: Kaufnachfrage geht zurück
Auch das Immobilienportal „immowelt“ hat im Rahmen seines Preiskompass für das zweite Quartal 2022 einen Rückgang der Nachfrage nach inserierten Immobilien feststellen können. „Seit Beginn des Jahres sind die Zinsen für Baudarlehen stark gestiegen und die Inflation ist anhaltend hoch. Eine Konsequenz daraus ist, dass sich viele Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden nicht mehr leisten können“, ist im Report des Anbieters zu lesen. Im Vergleich zum Vorjahr gingen Kaufanfragen für Häuser und Wohnungen, die auf dem Portal gelistet wurden, im zweiten Jahresviertel um ganze 17 Prozent zurück, so der Bericht. Gleichzeitig werden deutlich mehr Wohnungen eingestellt: Im Jahresvergleich nahmen diese im vergangenen Quartal um 29 Prozent zu. „Das liegt vermutlich daran, dass die Vermarktung durch die zurückgehende Nachfrage aufwendiger wird und mehr Objekte auf dem freien Markt angeboten werden“, erklären die Autoren der Studie.
Nachfrageeinbruch in Berlin
Dies zeige sich auch im Hinblick auf deutsche Großstädte: So brach die Nachfrage nach auf immowelt gelisteten Immobilien vom zweiten Quartal 2021 auf das zweite Quartal 2022 in Berlin um 52 Prozent ein. Hier ging allerdings auch das Angebot um 44 Prozent zurück, was den Autoren der Studie zufolge aber auch an verzögerten Effekten des mittlerweile wieder abgeschafften Mietendeckels liege: „Hier zog die Anzahl der Inserate für Wohneigentum während der Geltungsdauer des Gesetzes stark an. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel gekippt hatte, sanken die Verkaufsannoncen wieder deutlich.“ Deutlich mehr Angebote gab es jedoch in Essen (+72 Prozent), Bremen (+56 Prozent), Köln (+54 Prozent) und Nürnberg (+49 Prozent). Der Rückgang der Nachfrage belief sich in diesen Städten auf ein bis 20 Prozent.
Preisrückgänge in einigen Großstädten erkennbar
Stiegen die Preise im Vorjahresquartal in allen 14 von immowelt untersuchten Großstädten noch an, war nun in drei Städten nahezu keine Preisdynamik zu erkennen. In vier der untersuchten Metropolen waren sogar leichte Rückgänge zu erkennen.
Neben den von immowelt genannten gestiegenen Bauzinsen könnte auch ein inflationsbedingter Rückgang der Kaufkraft der Bevölkerung für die gesunkene Nachfrage nach Immobilien mitverantwortlich sein. Auch die Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine und dessen teilweise schwer abschätzbaren Folgen dürften dazu führen, dass Verbraucher ihre Anschaffungen genauer durchplanen.
Zügiger Preisverfall könnte Rezession begünstigen
Preis- und Nachfragerückgänge lassen sich „Bloomberg“ zufolge weltweit feststellen, nicht nur in Deutschland. Droht nun die Immobilienblase zu platzen? In den letzten Jahren wurde die Spekulationsblase durch kletternde Preise sowie eine das Angebot übersteigende Nachfrage immer weiter aufgebläht. Sollte die Blase aber platzen, würde dies die Nachfrage nach unten treiben, was starke Preiseinbrüche nach sich ziehen würde. „Wenn die Zentralbanken die Geldpolitik zu stark straffen, schwinden die Aussichten auf eine sanfte Landung“, warnte Niraj Shah von Bloomberg Economics kürzlich. „Die Hauspreise könnten schneller fallen, was die Rezession verschärfen und verlängern würde.“
Risiko einer Blase dürfte zurückgehen
Solange aber keine Rezession herrsche, die sich lange hinzieht, dürfte die Nachfrage nach Immobilien zwar nachgeben, aber nicht in einem Ausmaß, das das Platzen der Immobilienblase nach sich ziehen könne, schätzte Reiner Braun vom Analyseunternehmen empirica regio gegenüber dem „Focus“ die Lage ein. Sollte das Angebot jedoch nur langsam zunehmen, die Nachfrage aber nicht nachgeben, nimmt die Verknappung wieder zu, was höhere Mieten zur Folge hätte. Wo dies nicht möglich ist, weil Mieter ansonsten ihren Zahlungen nicht mehr nachkommen können, müsse dann die Wohnqualität leiden, befürchtet Braun. So könnten etwa Modernisierungsmaßnahmen aufgeschoben oder unterlassen werden. Hier könnten Subventionen durch die Regierung aber helfen, so der Experte.
Als positiven Ausblick nennt Braun außerdem die Einschätzung, dass die Gefahr einer Immobilienblase damit zurückgehen könne. „Das Ende der Niedrigzinsen verhindert ein weiteres Aufblähen der Kaufpreise im Bestand und der Preis-Einkommens-Relationen“, wird Braun zitiert. „Rückläufiger Wohnungsbau verhindert die Produktion von Leerstand und stützt die Bestandspreise. Steigende Mieten normalisieren die Vervielfältiger, weil die Kaufpreise bislang den Mieten ‚weggelaufen‘ sind. Allenfalls die hohen ausstehenden Baukredite könnten im Falle einer Rezession zur Gefahr werden.“
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