Feb 7, 2023
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Der ewige Warner: Was Anleger über Jeremy Grantham wissen sollten

Written by pinmin


• Junger Überflieger mit eigenen Überzeugungen

• Pionier des antizyklischen Tradings

• Philanthrop und Bekämpfer des Klimawandels

Starke Eigenwilligkeit



Geboren im englischen Hertfordshire und großgezogen von seinen quäkerischen Großeltern in Doncaster, verschlug es Jeremy Grantham an die Universität Scheffield, an der er Volkswirtschaftslehre studierte. Nach seinem Abschluss zog es ihn an die US-amerikanische Ostküste, wo er 1966 einen MBA der renommierten Harvard Business School erlangte. Nach einer kurzen Tätigkeit als Analyst bei einem Bostoner Unternehmen, entschied er sich zusammen mit seinem Vorgesetzten und einem weiteren Kollegen, eine eigene Beratungsfirma zu gründen. Kurze Zeit später, im Jahr 1971, gründete er einen der weltweit ersten Aktien-Indexfonds. Nachdem sich Grantham mit seinen Co-Gründern überworfen hatte, gründete er 1977 zusammen mit seinem ehemaligen Kollegen Richard Mayo und Eyk Van Otterloo die nun weltbekannte Grantham, Mayo, Van Otterloo & Co LLC (GMO).


Laut dem jüngsten Vermögensbericht vom dritten Quartal 2022 betrug das verwaltete Gesamtvermögen von GMO ungefähr 70 Milliarden US-Dollar.


Die starke Eigenwilligkeit Granthams spiegelt sich auch in seiner Art des Investierens wider.

Die Wette gegen den Markt



Der Erfolg des Unternehmens ist großenteils auf die Investmentstrategie von Grantham zurückzuführen. Sie ermöglichte es ihm, die Wirtschaftskrisen der folgenden Jahre zum Vorteil des Unternehmens zu nutzen. Im Gegensatz zur weitverbreiteten Markteffizienzhypothese, die davon ausgeht, dass alle verfügbaren Informationen über das Marktgeschehen bereits im Markt eingepreist sind, geht die von Grantham verfolgte Theorie der sogenannten “Mean Reversion” von irrationalen Preisschwankungen über oder unter dem langfristigen Mittelwert aus, zu dem alle Marktpreise letztendlich konvergieren und der den tatsächlichen fundamentalen Marktwert einer Wertanlage widerspiegelt. Grund für Überbewertungen von Marktpreisen sind Spekulationsblasen, die maßgeblich von irrationalen psychologischen Verhaltensweisen wie zum Beispiel Herdenverhalten getrieben werden.

Der Ansatz von Grantham und GMO war es daher, Abweichungen vom historischen Mittelwert zu identifizieren und es möglichst zu vermeiden, während einer Spekulationsblase einzusteigen und dadurch überhöhte Preise zu zahlen. Durch diese Strategie ist es GMO gelungen, im Zuge der großen Spekulationsblasen der vergangenen 40 Jahre, von der japanischen Wirtschaftsblase Ende der 1980er Jahre über die Dotcom-Blase Ende der 1990er, bis zu der Finanzkrise 2007/2008, sich rechtzeitig von Anteilen zu trennen und sich jeweils nach dem Platzen der Blasen frühzeitig vor den anderen Investoren wieder einzukaufen. Dies bescherte GMO große Gewinne und sicherte Grantham einen Ruf als Kassandra des Aktienmarktes.

Bekämpfer des Klimawandels



Sein pessimistischer Ausblick gilt neben dem Aktienmarkt auch der Zukunft der Menschheit, die er vor allen Dingen durch den Klimawandel bedroht sieht. Grantham gilt als ausgesprochener Philanthrop, wobei ihm der Kampf gegen den Klimawandel besonders am Herzen liegt. Die zusammen mit seiner Frau im Jahr 1997 gegründete Grantham Foundation for the Protection of the Environment, ein Forschungsinstitut der London School of Economics and Political Science, investiert bereits jedes Jahr Millionen Britische Pfund in eine Vielzahl von Klima-Projekten. Dieses Bemühen will er noch steigern. Laut Bloomberg Businessweek hat Grantham angekündigt, 98 Prozent seines Nettovermögens (rund 1 Milliarde US-Dollar) in die Bekämpfung des Klimawandels zu investieren. Für sein Bemühen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Klimawandels wurde er bereits mehrfach geehrt, zum Beispiel 2016 mit dem Orden des britischen Weltreichs für “außerordentliche Verdienste zur Erforschung des Klimawandels”. Er ist außerdem seit 2015 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und hat zusammen mit seiner Frau Hannelore die Carnegie Medal für Philanthropy im Jahr 2017 erhalten. Er ist zudem Unterzeichner der Net Zero Asset Managers Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Emissionen der verwalteten Investmentportfolios bis spätestens 2050 auf null zu reduzieren.

Schlechte Aussichten für 2023



Die jüngst veröffentlichten diesjährigen Marktaussichten von GMO zeigen, dass Grantham auch in fortgeschrittenem Alter von 84 Jahren seinem Ruf als pessimistischer Bär treu bleibt. Die bereits eingetretene Marktkorrektur der spekulativen Wachstumsaktien des letzten Jahres sieht er nur als Beginn einer längeren anhaltenden Korrekturphase. Bis Ende 2023 prophezeit er einen weiteren Einbruch des S&P 500 um etwa 17 Prozent. Er sieht die Marktbewertung immer noch deutlich über ihrem langfristigen Durchschnittswert – ein nach seiner Theorie klares Zeichen für eine Blase. Als Bestandteile der derzeitigen “Superbubble” sieht er, wie in seinem vorjährigen Marktausblick beschrieben, “eine beispiellos gefährliche Mischung aus anlagenübergreifender Überbewertung (mit Anleihen, Immobilien und Aktien, die alle deutlich überteuert sind und jetzt schnell an Schwung verlieren), Rohstoffschocks und eine falkenhafte Fed.” Allerdings sieht er mittlerweile mittelfristig verschiedene Faktoren, die das Platzen der derzeitigen “Superbubble” und die Einleitung des Bärenmarktes noch etwas aufschieben könnten. Die anstehenden US-Präsidentschaftswahlen, nachlassende Inflation, der starke Arbeitsmarkt, das Ende der No-COVID-Politik sowie die Wiedereröffnung Chinas sieht er hierbei als Faktoren, die durchaus einen Einfluss haben könnten. Langfristig sieht er Bevölkerungsrückgang, Rohstoffknappheit und den wachsenden Schaden durch den Klimawandel als größte Herausforderungen für Investoren. Die durch die Zinswende bereits bestehende Unsicherheit auf den globalen Immobilienmärkten sieht er als weitere Gefahrenquelle.


C. Kusche / Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Lane Turner/Boston Globe/Getty Images, Jirsak / Shutterstock



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