Apr 3, 2023
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Haben Twitter und Co. der Credit Suisse den Todesstoß verpasst?

Written by pinmin


• Finma und CS sehen soziale Medien verantwortlich für Banken-Run
• Probleme der CS wohl eher hausgemacht
• Social Media als Katalysator des Zusammenbruchs


Drei US-Banken haben in den vergangenen Wochen für massive Verwerfungen nicht nur an den Finanzmärkten sondern auch in der europäischen Bankenlandschaft gesorgt. Die US-Kryptobank Silvergate, die Silicon Valley Bank (SVB) und die Signature Bank waren allesamt in akute Kapitalnot geraten und mussten ihre Tore schließen oder wurden zeitweise unter staatliche Kontrolle gestellt. Größtes Opfer in Europa war die Großbank Credit Suisse, die im Zusammenhang mit den Nachrichten aus Übersee einen massiven Kurssturz an der Börse hinlegte. Dabei waren die größten Probleme der CS nicht die Verunsicherung am Markt nach dem Bankenbeben in den USA, sondern vielmehr hausgemacht: Schon seit geraumer Zeit hatte das Finanzhaus zunehmend unter Vertrauensverlust gelitten – schwache Zahlen und zahlreiche Skandale hatten Anleger dazu veranlasst, dem Institut Vertrauen – und Gelder – zu entziehen. Besiegelt wurde das Ende dann durch die Nachricht, dass der saudische Großaktionär Saudi National Bank weitere Finanzhilfen für die Schweizer Bank kategorisch ausschloss.


Schweizer Behörden, die Schweizerische Nationalbank und die Führungsebene des Finanzhauses selbst sahen in dieser dramatischen Gemengelage offenbar keine andere Lösung, als die CS an die Konkurrentin UBS zu verkaufen.

Welche Rolle spielte Social Media?


Bei der Aufarbeitung der Mammutübernahme in der Schweizer Bankenlandschaft machten sich Verantwortliche auf die Suche nach einem Schuldigen und schienen ihn auch bald gefunden zu haben: die Sozialen Medien. “Seit dem Oktober 2022 führten auf den Sozialen Medien ausgelöste Gerüchte zu massiven Abflüssen von Kundeneinlagen bei der Credit Suisse”, betonte etwa Marlene Amstad, die Verwaltungspräsidentin der Finma im Rahmen einer kurzfristig angesetzten Medienkonferenz nach der Übernahme. Gestützt wurde ihre Behauptung in diesem Rahmen auch von Axel Lehmann, dem Verwaltungspräsidenten der Credit Suisse, der nachlegte: “Viele Kunden und Kundinnen sind lange sehr loyal und sehr treu gewesen. Letzten Herbst hatte dann der Social-Media-Storm ganz enorme Auswirkungen.”


Tatsächlich wurde das Thema Credit Suisse in den Sozialen Medien durchaus diskutiert und am Aktienmarkt antizipiert. In einem inzwischen gelöschten Tweet hatte der australische ABC-Journalist David Taylor am 1. Oktober 2022 geschrieben: “Glaubwürdige Quellen sagen mir, dass eine große internationale Investmentbank am Abgrund steht”. Um welche Bank es sich handelt, blieb in diesem Zusammenhang offen, der Tweet wurde bis zu seiner Löschung aber in den sozialen Medien vielfach geteilt und kommentiert und so einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht:


Dass die Credit Suisse mit diesem Twitter-Beitrag in Verbindung gebracht wurde, ist allerdings nicht Taylor anzulasten. Stattdessen hatte das Finanzhaus wegen zahlreicher Skandale und Milliardenverlusten bereits zuvor so an Anlegervertrauen eingebüßt, dass viele Investoren die Verbindung mit der CS auch ohne konkrete Namensnennung herstellten.



Rund sechs Monate später waren es erneut die Sozialen Medien, die dazu beitrugen, dass der Aktienkurs der Credit Suisse massiv abrauschte: Das Bloomberg-Interview, in dem der damals Noch-Chef des CS-Großaktionärs Saudi National Bank verkündete, es werde “keinen weiteren Cent” für die Schweizer Bank geben, ging viral und wurde über Twitter und andere Soziale Medien schnell verbreitet. Es gilt als letzter Sargnagel für die Großbank:

Soziale Medien haben Untergang beschleunigt


Ob der Tweet des australischen Journalisten oder das Interview des CS-Großaktionärs ursächlich für den Zusammenbruch des Finanzhauses waren, ist aber schwer festzustellen. Klar ist, Soziale Medien verbreiten Nachrichten schneller und machen sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Klar ist aber auch, der Abzug der Kundeneinlagen von der Credit Suisse hat bereits deutlich vor Oktober 2022 begonnen und wurde durch Twitter & Co. wohl lediglich beschleunigt. Ein grundsätzlich gesundes Finanzhaus mit robustem Anlegervertrauen hätte aber wohl deutlich weniger Schaden genommen als die Credit Suisse. “Ich denke, es wäre wahrscheinlich doch so gekommen, einfach, weil die Abwärtsspirale von schlechtem Image, von mutmaßlich schlechter Führung und von Großanlegern, die sich ihre Gedanken gemacht haben, wahrscheinlich nicht mehr aufzuhalten gewesen wäre”, zitiert das SRF den Wirtschaftspsychologen Christian Fichter.


Klar ist auch: Banken müssen sich in Zeiten Sozialer Medien und dem zunehmenden Einfluss viraler Verbreitung anders positionieren. Wer auf Twitter & Co. keine Angriffsfläche bietet, gerät auch nicht ins Kreuzfeuer Sozialer Medien. Kundenvertrauen ist bei einem Geschäft, wie es Finanzhäuser betreiben, elementar. Wer dies aufs Spiel setzt, setzt sich dem Risiko aus, zum (negativen) Diskussionsgegenstand zu werden. Insbesondere für Banken ist dies ein Problem, da die starke und schnelle Verbreitung viraler Inhalte Gruppenzwang mit sich bringt und eine Kettenreaktion auslösen kann, die schlussendlich zu einem Bankenrun führt.


Insbesondere Finanzhäuser – aber auch alle anderen börsennotierten Unternehmen – müssen in dieser Zeit ihre Kommunikationsstrategie anpassen und proaktiv mögliche Probleme kommentieren, statt nur auf die Entwicklung in den Sozialen Medien zu reagieren. Schnelle, kompetente und vorausschauende Kommunikation ist für Banken im Social Media-Zeitalter unverzichtbar. So hätte die Credit Suisse womöglich bereits direkt nach dem Bankenbeben in den USA offen über die Konsequenzen für das eigene Haus berichten und kommunizieren müssen, ob und wie das eigene Geschäft von dem Zusammenbruch der Banken in den USA betroffen ist. Unter Umständen hätte der Kommentar der Saudi National Bank in diesem Umfeld dann nicht derart hohe Wellen geschlagen.


Alles in allem dürfte der Zusammenbruch der Credit Suisse aber nicht auf Beiträge in den Sozialen Medien zurückzuführen sein, sondern auf das Versagen der Führungsebene. Twitter & Co. haben der CS am Ende wohl nur den Todesstoß versetzt.

Redaktion finanzen.net

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