• Experten rechnen mit erneutem Anstieg der Verbraucherpreise
• Muss die Fed das Zinserhöhungstempo beibehalten?
Die Null-COVID-Strategie Chinas hat die Wirtschaft des Landes empfindlich belastet. Lockdowns würgten die Konjunktur ab, teilweise standen komplette Fabriken über mehrere Tage still. Auch international hatte die strenge Corona-Politik des Landes Folgen: Lieferketten waren empfindlich gestört, die Nachfrage nach Wirtschaftsgütern sackte zudem ab.
Zum Ende des letzten Jahres hat China seine COVID-Strategie angepasst und aufgeweicht, auch nachdem es massive Proteste im eigenen Land gegeben hatte. Doch die Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft wird nicht alle Probleme auf einen Schlag beheben und wohl auch Herausforderungen mit sich bringen. Mittelfristig rechnen einige Experten sogar mit negativen Folgen für die Weltwirtschaft.
Macht China die Erfolge der Notenbanken zunichte?
Seit Monaten treibt Anleger und Verbraucher weltweit der starke Anstieg der Verbraucherpreise um. Rekordhohe Inflationsraten – getrieben durch einen massiven Anstieg der Energiepreise – haben nicht nur das Geldvermögen vieler Konsumenten empfindlich schrumpfen lassen, auch Unternehmen sahen sich angesichts massiver Geldentwertung und gestiegener Kosten gezwungen, die Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen.
Die internationalen Währungshüter stemmten sich gegen die Inflation und passten ihre Geldpolitik an: Nahezu weltweit beendeten Notenbanken ihre Niedrigzinspolitik und hoben stattdessen die Leitzinsen an. Mit Folgen für die Aktienmärkte: Insbesondere Unternehmen, die sich stark durch Fremdkapital finanzieren, gerieten an der Börse unter Druck. Zusätzlich zogen Anleger Gelder aus riskanteren Anlagen ab.
Zuletzt sind die Inflationsraten aber wieder gesunken, die Politik der Notenbanken zeigte Wirkung. Experten rechnen damit, dass die Wiedereröffnung der Wirtschaft in China diese Erfolge aber zunichte machen könnte und die Notenbanken – allen voran die US-Notenbank Federal Reserve – sich zu einer anhaltend restriktiven Währungspolitik gezwungen sehen.
Sorge um erneutes Anziehen der Verbraucherpreise
Erste Bedenken hatte bereits James Bullard, der Präsident der St. Louis Fed, geäußert. Ihn mache die Wiedereröffnung Chinas “nervös, dass dies zu einem Aufwärtsdruck auf die Inflation führen wird”. Während eines von der Wall Street veranstalteten Rundtischgesprächs des Wall Street Journals erklärte er: “Sie [China, Anm. d. Red. ] haben ihre COVID-Null-Politik aufgegeben und bewegen sich früher als erwartet auf eine Wiedereröffnung Chinas zu, was nach einem erneuten Aufwärtsdruck auf die Marge auf den globalen Rohstoffmärkten klingt.” Damit einhergehende, möglicherweise steigende Inflationsraten seien “ein Risiko, das wir bei der Geldpolitik berücksichtigen müssen”, sagte er. “Einige der Faktoren, die für die Übergangsgeschichte von 2022 sprachen, könnten sich hier umkehren”, zeigte sich Bullard weiter besorgt.
Ähnlich äußert sich auch Tavis McCourt, institutioneller Aktienstratege bei Raymond James, in seinem Ausblick 2023: “Aus unserer Sicht … erhöht ein stärkeres China die Chancen einer hartnäckig restriktiven Fed”, zitiert CNBC den Experten. Dabei verweist McCourt insbesondere auf einen voraussichtlich erneuten Anstieg der Preise im Rohstoffsektor, sobald die Nachfrage aus China mit dem Anstieg der Wirtschaftsaktivität wieder stärker wird: “Mit China brauchen wir von allem mehr – wenn dies die Nachfrage genügend antreibt, um die Rohstoffpreise wieder näher an den Stand vom Frühjahr letzten Jahres zu bringen, dann werden die Fortschritte, die wir bei der Inflation gesehen haben, viel dürftiger ausfallen”, sagte er.
Eine solche Entwicklung hält auch Raghuram Rajan, ehemaliger Zentralbankgouverneur der Reserve Bank of India, gegenüber CNBC für möglich: “[Wenn] die chinesische Nachfrage nach anderen Gütern anzieht, wenn dies einen größeren Druck auf die Rohstoffpreise ausübt, zum Beispiel Erdgas – was ein großes Problem in Europa ist, wenn die chinesische Erdgasnachfrage steigt, weil die Fabriken, die Haushalte mehr Strom fordern – dann wird das Druck auf Europa ausüben, weil Erdgas auf denselben Märkten für flüssiges Erdgas konkurriert.” Er halte Chinas Öffnung “insgesamt für eine gute Nachricht”, hält aber einige inflationäre Auswirkungen dennoch für möglich.
Muss die Fed länger restriktiv bleiben?
Zuletzt hatten sich an den Märkten Hoffnungen auf ein langsameres Tempo bei den Leitzinserhöhungen breit gemacht. Aktuell liegt der Leitzins in den USA in der Spanne zwischen 4,25 und 4,50 Prozent – bei der nächsten Zinssitzung ist mit einer erneuten Anhebung zu rechnen. Allerdings hoffen viele Beobachter darauf, dass die Fed ein moderateres Vorgehen an den Tag legt und möglicherweise die Leitzinsen nur um einen Viertel Prozentpunkt anheben wird.
Wieder anziehende Inflationsraten durch eine Wiedereröffnung in China könnten diese Hoffnungen aber zunichte machen und die Währungshüter zwingen, ihr Zinsanhebungstempo zumindest beizubehalten. In diesem Fall würde sich auch der Zeitpunkt, ab dem das Zinsniveau ein Plateau erreicht und zunächst festgezurrt wird, nach hinten verschieben. Dies birgt aber Risiken auf anderer Seite: Hebt die Fed nämlich die Leitzinsen zu schnell zu stark an, droht ein Abwürgen des Konjunkturmotors und im schlimmsten Fall eine Rezession.
Eine Wiedereröffnung Chinas und eine damit einhergehende anziehende Nachfrage dürfte also nicht nur positive Effekte haben, sondern birgt auch Risiken für die Weltwirtschaft. Am 1. Februar findet die nächste Fed-Sitzung mit Zinsentscheid statt. Spätestens im Rahmen der anschließenden Pressekonferenz mit dem Fed-Vorsitzenden Jerome Powell können Anleger einen Einblick in die künftige Ausrichtung der Fed-Politik gewinnen.
Redaktion finanzen.net
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