Oct 11, 2022
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Digitale Verwaltung : Die Deutschen gehen lieber zum Amt – Online-Leistungen werden wenig genutzt

Written by Teresa Stiens


Wartemarken bei Arbeitsagentur in Bonn

Auch wenn es mühselig ist: Oft werden Behördengänge weiter analog erledigt.

[Rechtehinweis: picture alliance/Ulrich Baumgarten ]


(Foto: picture alliance / Ulrich Baumga)

Die Mehrheit der Deutschen geht lieber weiterhin aufs Amt – auch wenn Verwaltungsleistungen online verfügbar sind. Das geht aus dem neuen „eGovernment MONITOR 2022“ hervor, der vom Netzwerk für die digitale Gesellschaft (Initiative D21) unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministeriums erstellt wird. Er liegt dem Handelsblatt exklusiv vor.

Obwohl die Digitalisierung der Verwaltung demnach langsam fortschreitet und immer mehr Dienste online verfügbar sind, werden die vorhandenen Digitalleistungen von den Bürgern nur wenig genutzt.

„Obwohl das Onlinezugangsgesetz viel ins Rollen gebracht hat, sehen wir, dass die Nutzung der Leistungen in den letzten Jahren stagniert“, sagt Sandy Jahn, die federführend an der Erarbeitung der Studie beteiligt war. Das bedeutet: Selbst wenn die Dienste online verfügbar sind, werden sie von den Bürgerinnen und Bürgern nur selten in Anspruch genommen. Wartemarken ziehen schlägt offenbar die Option, sich zu Hause selbst mit der Beantragung auseinanderzusetzen.

Vor allem die Nutzerfreundlichkeit werde immer mehr zum Problem, berichtet Jahn. Dazu zähle unter anderem, dass man oft in digitale Sackgassen gerate, an Punkte also, an denen die digital begonnene Leistung doch analog zu Ende gebracht werden muss – weil etwa eine Unterschrift fehlt und ein PDF ausgedruckt werden muss.

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Daher präferieren die meisten Deutschen auch weiterhin den mühseligen Gang zum Amt. Immerhin begegnen sie dort einer Person, die sich mit dem Vorgang auskennt und der man im Notfall Fragen stellen kann.

Positiv hebt der diesjährige Bericht allerdings hervor, dass auch wegen des Onlinezugangsgesetzes schon mehr Leistungen als bisher überhaupt digital verfügbar seien. Im August 2022 waren es 49 von insgesamt 575 zu digitalisierenden Services, die bereits vollständig online verfügbar waren.

Zum ersten Mal sei es deshalb möglich gewesen, die Nutzung verschiedener digitaler Leistungen miteinander zu vergleichen. So haben 73 Prozent der Befragten schon einmal eine Einkommensteuererklärung online erledigt, allerdings nur 21 Prozent schon einmal online eine Wohnung umgemeldet.

Sehr beliebt ist in Deutschland im Vergleich zu der Schweiz und Österreich die Möglichkeit, einen Termin beim Amt online zu buchen. Bei genauerem Hinsehen verwundert das allerdings wenig: In der Schweiz und in Österreich braucht es weniger Termine, da sich viele Leistungen bereits von zu Hause aus erledigen lassen.

Ein Faktor, der bisher in Deutschland fehlt, ist die digitale rechtssichere Identifizierung. Laut dem „eGovernment MONITOR“ nutzen bisher nur rund zehn Prozent der Befragten die digitale Funktion des Personalausweises. Im Vorjahr waren es neun Prozent.

Viele misstrauen der Ausweisfunktion bisher oder wissen gar nicht, dass sie überhaupt existiert. Dabei ist die Möglichkeit, sich online ausweisen zu können, ein zentraler Schlüssel für viele Verwaltungsleistungen. In Österreich nutzen laut der Erhebung bereits 64 Prozent der Bürger die digitale Identifikationsmöglichkeit des Staates.

Insgesamt zeigt sich, dass in Deutschland das Vertrauen in den Staat und seine Digitalkompetenzen sehr gering ist. Gerade einmal 14 Prozent der Befragten haben den Eindruck, dass der Staat ihr Leben leichter mache. Nur jeder vierte traut ihm zu, in den nächsten drei Jahren alle Behördengänge online verfügbar zu machen.

Eine Erkenntnis, die Expertinnen beunruhigt. Lena Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, gibt zu bedenken: „Wenn die Bürger so sehr das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates verlieren, kann das perspektivisch auch politische Auswirkungen haben.“

Innenministerin Nancy Faeser verspricht deshalb, „die wichtigsten Verwaltungsleistungen in Deutschland zügig digital verfügbar zu machen“. Die Ergebnisse des „eGovernment MONITOR“ sehe sie als Ansporn, die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben. Das sei eine „Daueraufgabe“.

Mehr: Warum der Staat sehenden Auges auf eine organisatorische Katastrophe zusteuert



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Politik

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