Oct 11, 2022
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Corona-Pandemie: „Gefährdung ist real und beweisbar“ – Wie die Corona-Herbstwelle schon jetzt ganze Branchen lahmlegt

Written by Jürgen Klöckner

Berlin Es sind deutliche Worte, mit denen der Betriebsrat der München Klinik in einem Brandbrief Alarm schlägt. Die Notfallzentren seien überfüllt, heißt es darin. „Die Patienten stapeln sich auf den Fluren.“ Die Sicherheit der Patienten sei nicht mehr gewährleistet, „die Gefährdung ist real und beweisbar“.

Grund für die Lage sind unter anderem die vielen Personalausfälle wegen einer Coronainfektion oder einer anderen Atemwegserkrankung, die den Betrieb einschränken. Aktuell fielen sowohl bei Pflegern wie auch Ärzten 30 bis 50 Prozent des Personals aus, womöglich werden es bald noch mehr, heißt es in dem Brief. Hinzu kommt, dass die Zahl der Coronapatienten stark zunimmt.

Auch andere Regionen und Branchen kämpfen schon jetzt, zu Beginn der Herbstwelle, mit hohen Personalausfällen. Die Infektionszahlen steigen nicht nur in München und Bayern stark an. Deutschlandweit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bei 787,5. In der Vorwoche hatte der Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche noch bei weniger als der Hälfte gelegen.

Das macht sich auch in den Kliniken bemerkbar, dort ist die Belegung mit Covidpatienten im Vergleich zur Vorwoche um 50 Prozent gestiegen. „Mit rund 19.000 positiv getesteten Patienten liegen wir aktuell so hoch wie zu Spitzenzeiten der Sommerwelle“, sagte der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, dem Handelsblatt. Somit sei mehr Aufwand für den Infektionsschutz nötig, was wiederum Mehrarbeit und eine höhere Belastung für das Personal bedeute. Personalausfälle „werden uns die nächsten Wochen und Monate begleiten und auch erhebliche Einfluss auf die Versorgung haben“, warnte Gaß.

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Auch in anderen Branchen sind Personalausfälle spürbar. Zahlen des Dachverbands der BKK-Krankenkassen zeigen, dass der Krankenstand der Versicherten im gesamten Jahresverlauf höher lag als in den beiden Vorjahren. Ein Hauptgrund dafür sind Atemwegserkrankungen. Bemerkbar macht sich das etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie bei den Gebäudereinigern.

„Die Krankenstände sind schon jetzt ungewöhnlich hoch – höher als in den Vor-Pandemie-Zeiten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks, Wolfgang Molitor, dem Handelsblatt. „Eine weitere Coronawelle würde eine enorme Belastung für die Branche darstellen.“ Molitor forderte von der Politik ein Handeln mit „Augenmaß und Pragmatismus, um eine weitere Verschärfung der ohnehin angespannten Personalsituation zu vermeiden“.

Wegfall der Isolationspflicht: Vorbild Österreich?

Angesichts der Ausfälle forderte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Andrew Ullmann, die Isolationspflicht abzuschaffen. Demnach müssen sich Coronainfizierte auch ohne Symptome mindestens fünf Tage absondern. „Die Isolation beziehungsweise Krankschreibung sollte eine medizinische und keine staatlich fixierte Entscheidung sein“, sagte Ullmann dem Handelsblatt. „Dabei spielt auch neben der klinischen Einordnung eine Rolle, welcher Beruf ausgeübt wird und welche potenzielle Gefahrenlage für Kontakte des Infizierten besteht.“ Dass es nicht darum gehe, dass alle Infizierten automatisch zur Arbeit gehen sollten, sei ohnehin klar.

Ende September hatten bereits die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein den Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in einem gemeinsamen Schreiben dazu aufgefordert, die Isolationspflicht aufzuheben. Dies könne die kritische Infrastruktur wie Feuerwehren, Polizei und Kliniken lahmlegen, so die Sorge.

Die Länder verweisen in ihrem Brief auf Österreich. Das Land hatte die Absonderungspflicht im August durch eine „Verkehrsbeschränkung“ ersetzt. Wer infiziert ist, muss zehn Tage lang an den meisten Orten eine FFP2-Maske tragen, kann aber an seinen Arbeitsplatz. Infizierten ist nur untersagt, Pflegeheime und Kliniken zu besuchen.

Karl Lauterbach

Der Gesundheitsminister hält an der Isolationspflicht fest.



(Foto: dpa)

Das Ende der Isolationspflicht habe in Österreich zu keinem relevanten Anstieg der gemeldeten Fälle geführt, schreiben die vier Gesundheitsminister in ihrem Brief. Lauterbach will allerdings weiter an der Isolationspflicht festhalten. Man wolle angesichts der Infektionszahlen „kein Öl ins Feuer gießen“, sagte er.

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Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, forderte zumindest, dass Betrieben ermöglicht werden solle, für symptomlos Infizierte eine Maskenpflicht oder auch andere Beschränkungen einzuführen. „Das Prinzip Eigenverantwortung und individuelle Lösungen im Betrieb sind dafür existenziell“, sagte er dem Handelsblatt.

Eine Infektion bedeute nicht zwingend eine Arbeitsunfähigkeit. Eine Einschätzung aber, wie hoch die Fallzahl der Arbeitsausfälle durch Corona ist, sei schwer möglich. „Viele Beschäftigte sind durch bereits durchgestandene Infektionen oder Impfungen grundimmunisiert“, sagte Kampeter.

Der Chef des Handelsverbands HDE, Stefan Genth, nannte es vor allem eine „Frage an die Experten aus der Wissenschaft“, ob die Abschaffung der Isolationspflicht ein sinnvoller Weg sein kann. „Am Ende geht es ja auch darum, die Pandemie noch weiter zurückzudrängen.“

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