Oct 14, 2022
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Bundestreffen in Bonn: Grüne stimmen Einsatzreserve von zwei Atommeilern über den Jahreswechsel zu

Written by Silke Kersting

Bonn Die Grünen haben auf ihrem Parteitag in Bonn den Weg frei gemacht, die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim bis zum Frühjahr 2023 am Netz zu behalten. Das beschloss eine Mehrheit der Delegierten am späten Freitagabend.

Zuvor hatte sowohl Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke für diese Entscheidung geworben. „Was der Bundesvorstand vorgelegt hat, ist eine Zumutung, auch für mich persönlich“, sagte Lemke. Als sie im vergangenen Dezember die Zuständigkeit für das Umweltressort übernommen habe, sei sie vom Ende der Atomkraft Ende 2022 überzeugt gewesen. „Und jetzt werbe ich für eure Zustimmung für diese Zumutung.“

Doch wenn diese Kraftwerke „auch nur einen kleinen Beitrag“ leisten könnten, die Energieversorgung im Winter zu sichern, „dann sollten wir davor nicht die Augen verschließen“, sagte Lemke weiter. Eine Verlängerung über den 15. April hinaus soll es nicht geben. Habeck versprach: „Eine Rückkehr zur Atomkraft: Das wird auf keinen Fall passieren.“

Der Atomstreit war bereits vor dem Treffen der Grünen omnipräsent gewesen: Parteichefin Ricarda Lang schloss mehrfach am Freitag den Kauf neuer Brennstäbe für Atomkraftwerke kategorisch aus und bezeichnete das als „rote Linie“. Hintergrund ist, dass erst der Kauf neuer Brennstäbe einen Weiterbetrieb der AKWs über das Frühjahr hinaus ermöglichen würde.

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Vorstellen konnte sich die Grünen-Spitze lediglich einen Weiterbetrieb deutscher Atomkraftwerke – aber keine Abkehr vom Ausstieg. Das Kernkraftwerk Emsland in Niedersachsen soll zudem wie geplant Ende des Jahres seinen Betrieb einstellen.

Kritik von der FDP

Die Liberalen dagegen haben bis zuletzt nicht darin lockergelassen, die Grünen zu einem längeren Weiterbetrieb zu drängen. FDP-Chef Christian Lindner warf Lang am Freitag vor, die Beschaffung neuer Brennstäbe auszuschließen. „Ich kann für mich nur sagen: Wenn es darum geht, Schaden von unserem Land abzuwenden, die ruinös hohen Energiepreise zu reduzieren, Blackouts zu verhindern – dann gibt es für mich keine roten Linien“, betonte Lindner gegenüber dem Sender „Welt“. „Hier geht es nicht um Parteipolitik.“

Mit der Abstimmung auf dem Grünen-Parteitag ist der koalitionsinterne Streit über die Laufzeiten der verbleibenden Atomkraftwerke allerdings noch nicht beendet. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Freitag in Berlin, die Fragen würden bis zur nächsten Woche geklärt.

Am ersten Tag der Bundesdelegiertenkonferenz debattierten die Grünen zudem über „fossile Inflation“ und „sozialen Zusammenhalt“. Parteichefin Lang betonte, ihre Partei sei „zur politischen Verantwortung bereit“.

Ricarda Lang

Die Bundesvorsitzende der Grünen auf dem Parteitag in Bonn: „Wir weichen nicht, denn wir werden gebraucht.“



(Foto: Reuters)

Zugleich räumte sie aber ein: „Das haben wir uns anders vorgestellt.“ Nach 16 Oppositionsjahren hätten die Grünen gedacht, „wir können nun all das, was wir gefordert haben, Wirklichkeit werden lassen“. Vieles sei anders gekommen.

„Ich will nicht schönreden, dass es an vielen Stellen manchmal hakt, und es ist auch gar nicht schön, manchmal auch gar nicht schön anzugucken“, sagte auch der frühere Parteichef Habeck. Und stellte dennoch fest: „Es lohnt sich, in der Regierung zu sein.“

Für seine Partei nahm Habeck Pragmatismus und Kompromissbereitschaft in Anspruch. „Nur wenn man weiß, wo man steht und wo man hinwill, kann man auch mal die Arme aufmachen, kann man großzügig sein. Und so halten wir den Laden zusammen.“ Es zahle sich für die Grünen-Partei aus, dass sie „sich nicht parteilich kleinkariert verhält, sondern sich an der Wirklichkeit messen lässt“.

Unterstützung der Wirtschaft

Auch Lang betonte: „Wir machen Politik für die Realität, die da ist, und nicht nur für die, die wir uns gewünscht haben.“ Dass gegen grüne Politik auch protestiert werde, finde sie gut, sagte Lang. Das zeige: „Wir diskutieren über wichtige Fragen.“ Zum Thema Ukraine bemerkte sie: „Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr Waffen liefern müssen, dass wir schneller werden müssen – die Zeit der Zögerlichkeit ist vorbei.“

Es gebe nur einen Kriegstreiber, sagte Lang. Und der heiße Wladimir Putin. Der Vorgängerregierung aus CDU/CSU und SPD warf Lang das „fulminante Scheitern der fossilen Politik“ vor. Der Union warf sie vor, besserwisserisch am Rand zu stehen und nannte sie „eine Dagegen-Opposition, die keinerlei Konzepte hat“.

Grünen-Parteitag unterstützt AKW-Pläne von Habeck

„Die grüne DNA ist Gerechtigkeit“, sagte Lang. „Die Grundlage grüner Politik ist Gerechtigkeit, das Prinzip heißt Verantwortung.“ Sie fügte hinzu: „Und wir, wir suchen diese Verantwortung.“

Lang und auch Habeck betonten den Willen, auch die Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. „Viele Menschen haben Angst vor der nächsten Energierechnung“, sagte Habeck. „Und ich sage als Wirtschaftsminister: die Unternehmen auch.“ Das seien die Orte, „wo die Menschen Lohn und Arbeit finden“, sagte Habeck. „Die Wirtschaft und die Gesellschaft, sie gehören zusammen.“

Mehr: „Atomkraft? Nein danke“ – Grüne vor schwierigem Parteitag



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Politik

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