Oct 19, 2022
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Währungsunion: Reform des Stabilitätspakts: EU plant neues Zwischenziel zum Schuldenabbau

Written by Moritz Koch


EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (Mitte)

Nach dem Plan der Kommission soll jede Regierung künftig einen maßgeschneiderten, mehrjährigen Schuldenabbauplan mit der Brüsseler Behörde vereinbaren.


(Foto: ddp/abaca press)

Brüssel Die EU-Kommission will den Mitgliedstaaten mehr Zeit für den Schuldenabbau einräumen. Nach Informationen des Handelsblatts aus EU-Kreisen soll jede Regierung künftig einen maßgeschneiderten, mehrjährigen Schuldenabbauplan mit der Brüsseler Behörde vereinbaren. Die Idee ist es, die Schuldenregeln zu vereinfachen und dafür die Kontrollen zu verschärfen.

Die Kommission wird ihren Vorschlag für die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts voraussichtlich erst im November vorlegen. Bisher hatte sie Ende Oktober angepeilt. Es gebe mittlerweise zwar eine Einigung zwischen den federführenden Kommissaren Valdis Dombrovskis und Paolo Gentiloni, hieß es. Aber die Behörde will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, auf der letzten Etappe überstürzt gehandelt zu haben. Die Debatte über den Schuldenpakt dauert inzwischen zwei Jahre. Aus Kommissionssicht kommt es auf ein paar Wochen mehr nicht an.

Kernstück der Reform ist die Abschaffung der sogenannten Ein-Zwanzigstel-Regel. Diese sieht vor, dass Staaten binnen 20 Jahren ihre Schulden auf die Obergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückführen müssen. Diese Vorgabe aus dem Maastricht-Vertrag gilt seit der Corona-Pandemie für mehrere Länder als unerfüllbar, weil die Schulden so stark gestiegen sind. Griechenlands Schuldenquote etwa liegt bei fast 186 Prozent, Italiens bei 148 Prozent.

Maastricht-Obergrenzen sollen bestehen bleiben

Deshalb schlägt die Kommission eine neue Regel vor: „Hochrisiko-Staaten“ (Länder mit einer Schuldenquote von deutlich mehr als 90 Prozent) sollen künftig vier Jahre Zeit bekommen, um auf einen nachhaltigen Schuldenpfad in Richtung des Etappenziels 90 Prozent zu kommen. Sobald sie 90 Prozent erreichen, gelten sie als Länder mit mittlerem Risikoprofil und können den weiteren Schuldenabbau Richtung 60 Prozent etwas verlangsamen.

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Die Maastricht-Obergrenzen von 60 Prozent für die Staatsverschuldung und drei Prozent für die jährliche Neuverschuldung sollen bestehen bleiben. Auch wenn sie für einige Staaten derzeit unerreichbar scheinen, gelten sie insbesondere den „Falken“ unter den Mitgliedstaaten als wichtiges Bekenntnis zur Haushaltsdisziplin.

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Nach dem Reformvorschlag sollen die Schuldenabbaupläne bilateral zwischen der Kommission und der nationalen Regierung verhandelt werden. Dabei verpflichten sich die Staaten auf bestimmte Reformen, etwa des Rentensystems. Vorbild ist der Corona-Wiederaufbaufonds, bei dem sich Kommission mit Mitgliedsstaaten auf Reformschritte und Investitionen verständigt haben. Dieses Vorgehen soll mehr Flexibilität für Investitionen in die grüne Transformation oder die Verteidigung erlauben als die starre Ein-Zwanzigstel-Regel.

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Ein Schuldenabbauplan wird nur genehmigt, wenn die Kommission zu dem Schluss kommt, dass die Schuldenlast langfristig tragbar ist. Sie will dafür das Instrument der Schuldentragfähigkeitsanalyse verwenden, das auch der Internationale Währungsfonds (IWF) einsetzt. Dabei wird die Entwicklung des Schuldenniveaus unter der Annahme bestimmter Wachstums-, Inflations- und Zinsraten berechnet. Jeder einzelne Plan muss dann im Rat der 27 Mitgliedstaaten gebilligt werden.

Zugleich soll die Kontrolle verschärft werden: Wenn eine Regierung von ihrem vereinbarten Schuldenabbaupfad abweicht, soll die Kommission ein Defizitverfahren starten und das Land unter verschärfte Überwachung stellen. Eine Regierung kann mit der Kommission auch aushandeln, die Vier-Jahres-Frist um bis zu drei Jahre zu verlängern. Dafür muss es aber triftige Gründe geben.

Der Stabilitätspakt ist seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ausgesetzt. Er soll 2024 wieder in Kraft treten, dann in reformierter Form. Angesichts der stark gestiegenen Schulden in der EU herrscht Einigkeit, dass die bisherigen Regeln überarbeitet werden müssen. Im Europaparlament stößt der Plan auf Zustimmung. „Wir brauchen mehr Flexibilität beim Schuldenabbau und bei grünen Investitionen“, sagt Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen.

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Politik

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