Oct 26, 2022
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Energie-Effizienz: Uneinigkeit über zweiten Teil des Kanzler-Machtworts: Bundesregierung verschiebt Energie-Gesetz

Written by Silke Kersting

Berlin Nicht einmal ein Tag war vergangen, da hatten die anderen Ressorts schon Post aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Vergangene Woche Montag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Weiterbetrieb von drei Atomkraftwerken angeordnet – gegen den Willen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Zur Besänftigung wies Scholz zeitgleich an, dass das Wirtschaftsministerium sein Energieeffizienzgesetz auf den Weg bringen darf. Wochenlang hatte es dort in der Schublade gelegen. Bis 15:42 Uhr und damit keine 22 Stunden nach Scholz‘ Machtwort wurde das Gesetz noch ein letztes Mal im Wirtschaftsministerium bearbeitet. Danach ging der Entwurf an die anderen Ressorts.

Die Geschwindigkeit wollte Habeck beibehalten. Der Kabinettsbeschluss war laut Tagesordnung bereits auf diesen Mittwoch terminiert. Doch Finanz- und Bauministerium haben ihr Veto eingelegt, der Punkt ist aus dem Kabinettsplan wieder rausgefallen.

Anstatt eine Abmachung innerhalb weniger Tage zu erreichen, könnte es mit einer Einigung jetzt bis zum Jahresende dauern, erklärten Regierungs- und Koalitionskreise gegenüber dem Handelsblatt. Das Wirtschaftsministerium zeige sich zwar offen für die Kritikpunkte, sodass es noch möglich sei, sich in der Kabinettssitzung nächste Woche mit dem Entwurf zu befassen.

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Ob das klappt, ist aber noch unklar. Es gebe noch viel zu besprechen. Der Entwurf sei „urplötzlich auf den Tisch gelegt worden, ohne ihn vorher auf Leitungsebene anzusprechen“, heißt es von Regierungsvertretern.

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Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zum Weiterbetrieb der verbliebenen Atommeiler ein Machtwort gesprochen.



(Foto: dpa)

Das Energieeffizienzgesetz ist ein lang gehegter Wunsch aus dem Haus von Wirtschaftsminister Habeck. Es soll im Sinne der Klimaziele bezwecken, dass Bürger, Betriebe und die öffentliche Hand in Deutschland weniger Energie verbrauchen. Im Gesetzentwurf des Ministeriums, der dem Handelsblatt vorliegt, sind unter anderem folgende Maßnahmen enthalten:

• Der jährliche Verbrauch der „Endenergie“, also der Energie, der bei Bürgern und Unternehmen ankommt, soll bis 2030 um rund 500 Terawattstunden sinken. Das wäre ein Viertel weniger als im Vergleichsjahr 2008.

• Bund und Länder würden ab 2024 zu Sparmaßmaßnahmen verpflichtet, die pro Jahr Energieeinsparungen von 45 Terawattstunden für den Bund und fünf Terawattstunden für die Länder bedeuten würden.

• Unternehmen mit hohem Energieverbrauch müssten sich verpflichten, Systeme zum Umweltmanagement und Verbrauchskontrollen einzuführen.

• Betriebe und Energieproduzenten, die am europäischen CO2-Zertifikatehandel teilnehmen, sind bislang von nationalen Energieeffizienz-Regeln ausgenommen. Das Wirtschaftsministerium will diese „Sperrklausel“ aufheben.

Die Kritik an den Vorschlägen von den Koalitionspartnern ist vielseitig. Es geht um Grundsätzliches und Details. Das SPD-geführte Bauministerium soll vor Bürokratie und Belastungen für die Wohnungswirtschaft gewarnt haben. Vor allem geht es um den sozialen Wohnungsbau, der in zu kurzer Zeit auf hohe Effizienzstandards gehoben würde. Das würde Mittel für Sanierung und Neubauten blockieren.

Blockade für den sozialen Wohnungsbau?

Ausgerechnet in der Kanzlerpartei SPD stören sich viele an der generellen Herangehensweise des Wirtschaftsministeriums. Schon in der Einleitung des Entwurfs heißt es, es gebe keine Alternativen zu den Maßnahmen: „Insbesondere reicht das CO2-Preissignal durch den Emissionshandel bei vielen Unternehmen allein nicht aus, die bestehenden Effizienzpotenziale zu realisieren.“

Als „Hohn“ bezeichnet das ein Koalitionär und verweist auf die enormen Belastungen durch die Energiepreise, die die Wirtschaft derzeit zu schultern haben. Zudem habe die Bundesregierung mit ihrem „Abwehrschirm“ für die Wirtschaft auch ein Belastungsmoratorium beschlossen, das das Gesetz gleich konterkarieren würde.

Aus dem Gesetzentwurf wird deutlich, wie sehr sich die Perspektive des Wirtschaftsministeriums unterscheidet. Von großen ungenutzten Potenzialen beim Energiesparen in der Wirtschaft ist die Rede. Fast eine Milliarde Euro mehr im Jahr brauche es an Ausgaben von den Unternehmen.

>> Lesen Sie hier: Ein Viertel der Unternehmen plant Abbau von Arbeitsplätzen

So ist aus Kreisen der Grünen zu hören, dass mehr Tempo bei der Energieeffizienz aufgrund des Klimaschutzes alternativlos sei. Zudem ist das Gesetz die Vorbereitung auf eine kommende EU-Richtlinie zum Thema. Allerdings ist auch zu hören, dass das Ministerium nicht mit einer kommentarlosen Ressortabstimmung gerechnet habe und für Anpassungen grundsätzlich bereit sei.

Bei den Vorbehalten des FDP-geführten Finanzministeriums geht es laut der Zeitung „Welt“ vor allem um zu hohe Ausgaben für die öffentliche Hand. 310 Millionen Euro pro Jahr benennt der Gesetzentwurf an notwendigen staatlichen Mitteln für die Umsetzung der Effizienzmaßnahmen. Außerdem halten FDP-Vertreter nichts von einer Aufhebung der Sperrklausel. Es mache keinen Sinn, nationale Parallelsysteme zu schaffen.

Mehr: Gaspreisbremse für die Industrie wackelt – Bundesregierung arbeitet bereits an „Lightversion“



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