Nov 1, 2022
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Wahlen: Rechtsruck bei Israel-Wahl – Netanjahus Partei gewinnt Wahl deutlich

Written by pinmin

Jerusalem Nach der Parlamentswahl in Israel zeichnet sich ein klarer Sieg des rechtskonservativen Oppositionsführers Benjamin Netanjahu ab. Nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen konnte sich sein rechts-religiöses Lager israelischen Medienberichten zufolge eine Mehrheit von 65 der 120 Sitze im Parlament (Knesset) sichern.

Die Likud-Partei des 73-Jährigen, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft, wurde nach Angaben vom Mittwoch stärkste politische Kraft mit 31 Parlamentssitzen. Die Zukunftspartei des liberalen Ministerpräsidenten Jair Lapid kam mit 24 Sitzen an zweiter Stelle.

Auf den dritten Platz schaffte es zum ersten Mal in der Geschichte Israels ein rechtsextremes Bündnis. Die Religiös-Zionistische Partei von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir gilt als Königsmacherin für Netanjahu.

Die linksliberale Meretz-Partei sowie die arabische Balad-Partei könnten dagegen ganz knapp an der 3,25-Prozent-Hürde scheitern. Das Endergebnis wird bis Donnerstag erwartet. Die Wahlbeteiligung war vergleichsweise hoch. Sie lag mit Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr (MEZ) am Dienstagabend bei 71,3 Prozent der rund 6,8 Millionen Wahlberechtigten.

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Für Netanjahu wäre es das zweite Comeback auf den Posten des Regierungschefs. In Israels Geschichte war niemand länger im Amt als er. Der rechtskonservative Politiker war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, danach wieder durchgängig von 2009 bis 2021. Mit seiner Ablösung im vergangenen Jahr durch Naftali Bennett an der Spitze einer Acht-Parteien-Koalition galt die Ära Netanjahu vorerst als beendet. Die Koalition von Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum war jedoch im Juni nach inneren Streitigkeiten zerbrochen. Im Anschluss übernahm Außenminister Lapid den Posten des Regierungschefs.

Palästinenser fordern nach Rechtsruck internationalen Schutz

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje bezeichnete den Rechtsruck als „natürliches Resultat des jahrelangen Anstiegs von Extremismus und Rassismus in der israelischen Gesellschaft“. In einer Stellungnahme am Mittwoch sagte Schtaje: „Wir hatten keine Illusionen, dass die israelische Wahl einen Friedenspartner hervorbringen würde.“ Für ihn sei der Unterschied zwischen den verschiedenen israelischen Parteien „wie der Unterschied zwischen Pepsi-Cola und Coca-Cola“.

Der palästinensische Ministerpräsident betonte, sein Volk werde den Kampf gegen die israelische Besatzung und für die Einrichtung eines unabhängigen Staates fortsetzen. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, „unser Volk nach der Machtübernahme rassistischer Parteien in Israel gegen die aggressive israelische Politik zu schützen“.

Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die Golanhöhen erobert. Die Palästinenser wollen sie für einen eigenen Staat Palästina – mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern liegt seit 2014 brach.

Ein palästinensischer Angreifer wurde am Tag nach der Wahl erschossen, nachdem er an einer Militärsperre am Rande des Westjordanlands mit einem Fahrzeug einen israelischen Offizier gerammt hatte. Der Soldat sei dabei schwer verletzt worden, habe aber noch auf den Attentäter schießen und ihn außer Gefecht setzen können, teilte die israelische Armee am Mittwoch mit.

Rechtes Lager vorn: Netanjahu steht in Israel vor Comeback

Zwei große Lager – Ja-Bibi vs. Nein-Bibi

Für Netanjahu mit dem Spitzenamen „Bibi“ war es politisch und persönlich eine Schicksalswahl: Eine rechtsreligiöse Regierung könnte ihm durch Gesetzesänderungen dabei helfen, seinem derzeit laufenden Korruptionsprozess zu entkommen. Der 73-Jährige hatte das Bündnis von Smotrich und Ben-Gvir gezielt vermittelt und den Rechtsextremen damit zum Aufstieg verholfen. Ben-Gvir bekräftigte bei der Stimmabgabe am Dienstag, er wolle Minister für Innere Sicherheit werden.

Der 46-jährige Rechtsanwalt wurde in der Vergangenheit wegen rassistischer Hetze gerichtlich verurteilt und spricht sich unter anderem für die Deportation von Arabern aus, „die gegen den Staat Israel sind“. Ihm wurde auch immer wieder vorgeworfen, den Konflikt mit den Palästinensern gezielt anzuheizen. Zuletzt zog er bei Konfrontationen in Ost-Jerusalem selbst eine Waffe.

Das Anti-Bibi-Lager um Lapid kam den Prognosen zufolge auf 54 bis 55 Sitze. Es umfasst Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum – es eint vor allem der Wille, eine Rückkehr Netanjahus zu verhindern. Es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass es Lapid wie im vergangenen Jahr gelingt, eine Koalition zu schmieden.

In seiner Regierung war erstmals auch eine arabische Partei vertreten. Die arabische Minderheit macht etwa 20 Prozent der rund 9,4 Millionen Bürger Israels aus. Ihr wurde vor der Wahl ein großer Einfluss auf das Endergebnis zugerechnet. Der 58-jährige Lapid hatte sich zuletzt deutlich für die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates ausgesprochen.

Nach der Wahl bestimmt Präsident Izchak Herzog, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Der Kandidat hat dann vier Wochen Zeit, eine Koalition zu bilden. Wie nach der Wahl im letzten Jahr könnte es Wochen oder Monate dauern, bis eine Regierung steht. Solange bleibt Lapid im Amt. Sollte eine Regierungsbildung scheitern, könnte eine weitere Neuwahl im nächsten Jahr anstehen.

Die Parteienlandschaft in Israel ist stark zersplittert und interessengeleitet. Auch Parteien aus ähnlichen Lagern sind oft nicht bündnisfähig. Neben inhaltlichen Differenzen liegt dies auch an persönlichen Streitigkeiten. So gilt etwa Netanjahus Verhältnis zu anderen Hauptfiguren des rechten Lagers als extrem schlecht.

Lapid und Netanjahu mobilisieren Wähler

Die beiden politischen Hauptrivalen Lapid und Netanjahu kämpften am Tag der Wahl noch um jede Stimme. Bibi zeigte sich bei seiner Stimmabgabe noch „etwas besorgt“, ob ihm ein Comeback gelingen wird. Auch sein Kontrahent Lapid rief vor Abgabe seiner Stimme zum Wählen auf. Zuvor hatte er das Grab seines Vaters Josef (Tommy) Lapid besucht, eines Holocaust-Überlebenden, der als Journalist und Politiker bekannt geworden war.

Israel befindet sich seit 2019 in einer Dauerkrise. Die vergangenen Wahlen hatten oft zu unklaren Mehrheitsverhältnissen geführt.

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