Nov 14, 2022
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Besuch in Asien: Scholz und Habeck ringen um die China-Strategie

Written by Martin Greive

Singapur In Singapur wird traditionell eine Orchidee nach Staatsgästen benannt. Helmut Kohl hat eine bekommen, Angela Merkel, Nelson Mandela auch. Am Montag ist Olaf Scholz an der Reihe, sie wird auf den Namen „Renanthera Olaf Scholz“ getauft. „Ein schönes Rot“, sagt Scholz. „Erinnert mich an meine Partei.“

Am gleichen Tag geht Vizekanzler Robert Habeck – ebenfalls in Singapur – auf eine Bühne bei der Asien-Pazifik-Konferenz (APK) der deutschen Wirtschaft, zieht sich die Lesebrille auf und fängt ganz untypisch an, seine Rede monoton abzulesen. Man bekommt fast den Eindruck, als spreche der Kanzler.

Wenige Stunden später kreuzen sich die Wege des Kanzlers und Vizekanzlers auf der Konferenz kurz. Für Scholz ist Singapur nur ein kurzer Zwischenstopp auf seiner fünftägigen Asienreise, aber er und Habeck sind auf gemeinsamer Mission unterwegs. Der Kanzler und sein Vize wollen die Handelsbeziehungen zu den Staaten im Asean-Raum, zu denen auch Singapur und Vietnam zählen, stärken, um die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von China zu verringern.

Doch in welchem Tempo das geschehen soll, ob die Bundesregierung die Wirtschaft notfalls dazu zwingen muss, sich unabhängiger von China zu machen und wie sehr Deutschland die Beziehungen zur Volksrepublik kappen soll, darüber gehen die Meinungen der beiden doch auseinander.

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Scholz hält eine Entkopplung von China für falsch und hat den Hafendeal in Hamburg mit dem chinesischen Staatsunternehmen Cosco gegen alle Widerstände durchgedrückt. Habeck hingegen versuchte, den Cosco-Deal zu verhindern. Und er lässt seine Beamten seit Monaten an Konzepten feilen, wie man auf politischem Weg die Wirtschaft dazu bringen kann, unabhängiger von China zu werden.

Der neue Umgang mit China

Besonders nach dem Zwist um den Hamburger Hafen wirkte es, als täten sich in der Chinapolitik tiefe Gräben zwischen Kanzler und Wirtschaftsminister auf. In Singapur sprechen beide nun kurz nacheinander über China. Dort zeigt sich: Scholz und Habeck liegen nicht so weit auseinander, wie es manchmal scheint. Beide wollen Alternativen zu China, aber keinen Rückzug aus der Volksrepublik.

>> Lesen Sie hier: Scholz in Vietnam – Der Kampf um die Unabhängigkeit

Von ihren Reisen wollen beiden nicht mit leeren Händen nach Hause kommen. Habeck unterzeichnete am Sonntag deshalb im berühmten Hotel Marina Bay Sands, bei dem drei Hochhaustürme ein Dachgeschoss in Form eines Schiffs tragen, ein Abkommen mit seinem singapurischen Amtskollegen. Sie vereinbarten unter anderem eine engere Zusammenarbeit in der Klima- und Wirtschaftspolitik.

Die Rede dafür war ein typischer Habeck, seinen Sprechzettel ließ er unbeachtet, er erzählte drauflos, verzettelte sich aber zunehmend und brachte so einiges durcheinander. Die Wirtschaftsvertreter wirkten leicht verstört.

Ob das beharrliche Ablesen am Morgen danach eine Reaktion auf den Vorabend war, ist nicht überliefert. Ohnehin hielt der monotone Ton nur wenige Minuten. Dann verschwand auch die Lesebrille von der Nase und der Minister ging wieder ins freie Sprechen über. Und zwar immer dann, wenn es um den Elefanten im Raum ging: China.

Wir sind in systematischem Wettbewerb mit China und wir sollten nicht naiv sein. Wirtschaftsminister Robert Habeck

Dass Habeck einen China-kritischen Ansatz fährt, ist bekannt. In den vergangenen Wochen rüstete er aber kommunikativ ab, betonte immer wieder, Diversifizierung bedeute keineswegs eine vollständige Abkehr von der Volksrepublik. Bei der APK war das zuerst auch das Mantra. Doch am Montagmorgen wurde Habeck deutlicher: „Wir sind in systematischem Wettbewerb mit China und wir sollten nicht naiv sein.“

Kanzler Scholz äußert sich in seiner Rede ähnlich: Es braucht einen neuen Umgang mit China, und das bedeutet vor allem, der deutschen Wirtschaft neue Partner zu erschließen.

Wirtschaft will sich nur langsam bewegen

Doch die Frage der Wegs dorthin bleibt umstritten: Vor allem hinsichtlich der Optionen, ob die Unternehmen sich von allein bewegen und ihre Geschäfte breiter streuen, wenn die Regierungen ihnen das Feld bereiten. Oder ob sie dort hingetragen werden müssen.

Viele Wirtschaftsvertreter betonten auf der APK, sie kümmerten sich schon selbst um die Diversifizierung. Hinter vorgehaltener Hand zeigte sich aber ein anderes Bild. Der Ansatz sei ja richtig, aber man lege erst einmal die Devise „immer mal langsam“ an den Tag, berichteten Teilnehmer.

Wir diversifizieren nicht, wir vertiefen die Abhängigkeit. Wirtschaftsminister Robert Habeck

Habeck ließ in Singapur immer wieder durchscheinen, dass er die Bundesregierung in der Verantwortung sehe. „Wir diversifizieren nicht, wir vertiefen die Abhängigkeit“, warnte er die deutsche Wirtschaft vor einer fehlerhaften Entwicklung, trotz aller erklärten Absichten.

Die Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen im Ausland wollte Habeck schon vor Monaten beschneiden, der Vorschlag für einen Deckel lag schon im Sommer auf dem Tisch. Doch zunächst gab es Bedenken in der Bundesregierung, auch im Kanzleramt.

Letztlich bekam Habeck dennoch weitgehend das, was er wollte: Die milliardenschweren staatlichen Investitionsgarantien werden durch umfassende neue Regeln eingegrenzt. Nur China explizit zu nennen, das verwehrten ihm die Regierungspartner, heißt es aus Regierungskreisen. Auch wenn das Gesetz natürlich vor allem auf China gemünzt war. Das beschreibt den aktuellen Umgang der Bundesregierung mit China ganz gut.

Mehr: Siemens-CEO Roland Busch im Interview: „Ohne China ist Diversifizierung nicht möglich“



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Politik

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