Jan 25, 2023
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Öffentlicher Dienst: Abschied der Babyboomer – Dem Staat werden 840.000 Fachkräfte fehlen

Written by Teresa Stiens

Nur noch wenige Jahre, dann ist es so weit und die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer werden sich endgültig vom Arbeitsmarkt verabschieden. Wie es dann angesichts des Fachkräftemangels weitergeht, stellt für viele Betriebe eine große Herausforderung dar. Auch Deutschlands größter Arbeitgeber, der Staat, steuert auf ein massives Personaldefizit zu – mit Auswirkungen für alle Bürger und Unternehmen.

Wie groß diese Personallücke bis 2030 tatsächlich sein wird, legen jetzt neue Berechnungen der Beratungsgesellschaft McKinsey offen, die dem Handelsblatt vorliegen. Die Zahlen liefern einen Eindruck von der Herausforderung, vor der der deutsche Staatsapparat steht. Bis 2030 werden demnach etwa 840.000 Vollzeitfachkräfte im öffentlichen Dienst fehlen. Momentan sind es rund 360.000.

Besonders gravierend wird sich demnach der Mangel an IT-Fachkräften entwickeln. In dem Bereich, so die Studie, werden in sieben Jahren 140.000 Stellen unbesetzt sein. Bereits heute fehlen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene rund 39.000 Fachkräfte in Informatik- und IT-Berufen.

Der Chef des deutschen Beamtenbunds (DBB), Ulrich Silberbach, zeigt sich angesichts dieser Prophezeiungen frustriert: „Vor diesem dramatischen Fachkräftemangel, nicht nur im IT-Bereich, warnen wir nun bereits seit einer Ewigkeit“, sagt Silberbach.

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Die bisher getroffenen Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes reichten nicht aus. Es brauche dringend bessere Einkommen und attraktivere Arbeitsbedingungen etwa bei „Selbstverständlichkeiten wie mobilem Arbeiten und moderner Hardware“.

Ein Drittel geht in den Ruhestand

Auch die Autoren der Studie sind sich sicher, dass der Staat massiv gegensteuern muss, damit ihm nicht nach und nach die Arbeitskräfte ausgehen. Schließlich werden bis 2030 rund 1,5 Millionen Personen aus Altersgründen ausscheiden – das ist fast ein Drittel der Beschäftigten.

Björn Münstermann, der für das Beratungsunternehmen McKinsey die Unterstützung des öffentlichen Sektors in Deutschland und Österreich leitet, sieht in manchen Bereichen Versäumnisse, dem Personalmangel vorzubeugen.

Er schlägt vor, dass der öffentliche Dienst aktiver in Schulen und Universitäten für sich als Arbeitgeber werben sollte. Außerdem fordert er, ähnlich wie DBB-Chef Silberbach, flexiblere Arbeitsmodelle, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen.

Das Problem: In den kommenden Jahren wird der Staat im Wettstreit um die besten Fachkräfte zunehmend in Konkurrenz zur Privatwirtschaft treten. Bisher gehen die Amtsstuben vor allem beim Buhlen um die begehrten IT-Fachkräfte fast leer aus.

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Laut McKinsey arbeiten lediglich drei Prozent der sozialversicherungspflichtigen IT-Fachkräfte im öffentlichen Sektor. Wenn es bei dieser Quote bleibt, würden von den jährlich nur rund 26.000 Absolventen in IT-Berufen gerade einmal 800 pro Jahr in den öffentlichen Sektor gehen – eine riesige Diskrepanz zum eigentlichen Bedarf.

Studie empfiehlt Recruiting wie bei Privatunternehmen

DBB-Chef Silberbach warnt: „Wenn junge IT-Fachkräfte mitbekommen, wie Digitalisierungsprojekte des Staates immer wieder wegen Kompetenzgerangels und verkrusteter Strukturen scheitern, werden sie sich nicht für den öffentlichen Dienst entscheiden.“

Die Studie von McKinsey kommt deshalb zu dem Schluss, dass sich der Staat bei seiner Einstellungspolitik in einigen Punkten an Privatunternehmen orientieren sollte. Einige Dax-Unternehmen beispielsweise identifizieren in der Karriere ihrer Mitarbeiter wichtige Momente, die einen besonderen Einfluss darauf haben, wie die Arbeit bewertet wird.

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Dazu zählen etwa die ersten Arbeitstage oder Mitarbeitergespräche. Diese „Momente der Wahrheit“ sollten speziell in den Fokus genommen und verbessert werden. Auch der Einstellungsprozess müsse sich dringend beschleunigen.

„Wenn man in der Privatwirtschaft solch eine riesige Herausforderung erkennen würde, würde man sie zur Vorstandssache machen“, sagt McKinsey-Experte Münstermann. Er fordert deshalb auch beim Staat eine zentrale Instanz, die eine „behörden- und ressortübergreifende Koordination bei Personalthemen sicherstellen könnte“.

Momentan gibt es so eine alles umfassende Personalstrategie allerdings nicht. Doch Julia Klier, Partnerin bei McKinsey und Co-Autorin der Studie, erkennt trotzdem eine positive Tendenz. „In den Ministerien und Behörden taucht mittlerweile immer öfter das Wort strategische Personalplanung auf“, beobachtet sie. Die Erkenntnis, dass es sich beim Fachkräftemangel um ein Problem handelt, das auch den Standort Deutschland schwächt, sei mittlerweile da.

Um den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken, braucht es laut den Studienautoren auch Migration aus dem Ausland. „Doch“, so gibt McKinsey-Experte Münstermann zu bedenken, „die Zugewanderten müssen wir genauso überzeugen, dass der öffentliche Dienst ein attraktiver Arbeitgeber ist.“ Gelingt das nicht, dürfte die deutsche Verwaltung bei Zukunftsthemen wie Künstlicher Intelligenz, Softwareentwicklung oder Cloud-Diensten, weiter den Anschluss verlieren.

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