Berlin Angesichts wachsender Lücken bei der Altenpflege in Deutschland pocht die SPD im Bundestag bei Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf mehr Steuermittel für den Bereich. „Fünf Millionen Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und Freunde erwarten von der Fortschrittskoalition, dass wir an ihrer Seite stehen – gerade wenn die Zeiten schwierig sind“, sagte Vize-Fraktionschefin Dagmar Schmidt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Schmidt stellte die Pflege in eine Reihe mit Bereichen wie Gesundheitsvorsorge, Mobilität, Digitalisierung und Weiterbildung: „Investitionen, die wir heute tätigen, werden sich schon bald bezahlt machen und unseren Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern“, sagte die SPD-Politikerin. „Es ist die Aufgabe des Finanzministers, die dafür notwendigen Mittel jetzt zur Verfügung zu stellen und endlich auch Verantwortung für die Einnahmeseite zu übernehmen.“
Bei der Altenpflege verwies Schmidt auf die Lage der Betroffenen und Angehörigen. „Sie leisten tagein tagaus Großartiges, und wir müssen sie dabei unterstützen und ihnen das Leben leichter machen“, sagte Schmidt. „Wir haben dazu konkrete Vorstellungen im Koalitionsvertrag hinterlegt.“ Diese müssten jetzt umgesetzt werden. „Dazu gehören eine stabile Finanzierung, auch aus Steuermitteln, ebenso wie die Anpassung der Leistungen an die Bedürfnisse der Betroffenen.“
Schon länger wird darüber diskutiert, ob die Pflegeversicherung wegen immer mehr Pflegebedürftigen in der alternden Gesellschaft stärker über Steuern finanziert werden soll. Zum 1. Januar 2022 war ein Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro pro Jahr für die Pflegeversicherung eingeführt worden. Bereits 2021 war der Bund mit einer Milliarde Euro für Mehrkosten wegen der Corona-Pandemie aufgekommen.
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Nun steigt der Druck im Pflegebereich weiter. Vor eineinhalb Wochen hatte für Schlagzeilen gesorgt, dass die Anteile für Pflegebedürftige und ihre Familien für einen Heimplatz weiter gestiegen sind. Laut Ersatzkassen-Verband kletterten sie binnen eines Jahres um 278 Euro auf 2411 Euro pro Monat.
Diskussion über Pflegefinanzierung
Dabei war 2022 ein Entlastungszuschlag eingeführt worden, der diese Anteile begrenzen sollte. Schmidt wollte sich auf Nachfrage nicht zum Problem der Eigenanteile äußern. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP angekündigt, die Entlastungszuschläge zu beobachten und zu prüfen, „wie der Eigenanteil weiter abgesenkt werden kann“.
Außerdem hatte die Ampel-Koalition zu ihrem Start 2021 angekündigt, versicherungsfremde Leistungen wie Rentenbeiträge für Angehörige aus Steuern zu finanzieren, häusliche Pflege zu stärken und das Pflegegeld ab 2022 zu dynamisieren. Pflegegeld gibt es, wenn Pflegebedürftige zu Hause betreut werden. Sozialverbände hatten kritisiert, dass das Pflegegeld trotz anderslautender Ampel-Ankündigung und Inflation seit 2017 nicht mehr erhöht worden sei.
Hinter den Kulissen ringt die Koalition bereits über die künftige Pflegefinanzierung. Reformvorschläge von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die Pflege würden „weitere Leistungsausweitungen in Milliardenhöhe“ bringen, hieß es im Finanzministerium laut einem Bericht des „Handelsblatts“ vom Donnerstag. Da bestehe noch „erheblicher Beratungsbedarf“.
Lauterbach hatte zuvor Verbesserungen für die Pflege durch Angehörige und ambulante Dienste angekündigt. Auch Lauterbach verwies im „Stern“ darauf, dass im Koalitionsvertrag „weitere Steuerzuschüsse“ vorgesehen seien.
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Fraktionsvize Schmidt stärkte Lauterbach den Rücken. „Gerade in Zeiten des Wandels ist es umso wichtiger, Daseinsvorsorge und Sozialstaat zu stärken“, argumentierte sie. Neben den Vorhaben im Koalitionsvertrag zu Steuervermeidung, Steuerschlupflöchern und Steueroasen gelte es auch, die Lasten aus Pandemie und Krieg gerechter zu verteilen.
Steigende Pflegebeiträge
Bereits absehbar sind vor dem Hintergrund dieser Debatten steigende Pflegebeiträge. Lauterbach hatte gesagt, man werde nicht umhinkönnen, „dass die Beitragssätze steigen“. Seit Anfang 2022 liegt der Beitrag zur Pflegeversicherung bei 3,05 Prozent des Bruttolohns (3,4 Prozent für Menschen ohne Kinder).
Zum Jahreswechsel hatte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung die Politik dafür kritisiert, dass sie aktuell ein Defizit von 2,2 Milliarden Euro in der Pflegeversicherung in Kauf nehme.
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Nach einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Krankenversicherung könnte die Zahl der Pflegebedürftigen von knapp 5 Millionen bis 2025 auf knapp 5,5 und bis 2030 auf bis zu 5,75 Millionen steigen.
Mehr: Beitragsschock in Pflegeversicherung droht – Lindner lässt Lauterbach auflaufen
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