Mar 6, 2023
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Diplomatie: Südkorea will Streit mit Japan über ehemalige Zwangsarbeiter beilegen – Opposition übt scharfe Kritik

Written by pinmin

Tokio Nach jahrelanger Krise stehen die Beziehungen zwischen Japan und Südkorea vor einem Wendepunkt. Die Regierung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol schlug am Montag die Gründung einer Stiftung zur Entschädigung koreanischer Arbeiter vor, die während des Zweiten Weltkriegs von japanischen Unternehmen zwangsrekrutiert worden waren.

Der von Unternehmen gespeiste Fonds soll die Zahlungen an 15 Überlebende übernehmen, die 2018 vor einem südkoreanischen Gericht einen Prozess gegen die japanischen Konzerne Mitsubishi Heavy Industries und Nippon Steel gewonnen hatten.

Der südkoreanische Außenminister Park Jin betonte die Bedeutung des Fonds für die abgekühlten bilateralen Beziehungen der beiden engsten asiatischen US-Verbündeten: „Dies ist ein neues und historisches Fenster für eine Zukunft jenseits von Konflikt und Hass zwischen Korea und Japan.“

Die Wortwahl ist keineswegs übertrieben. Wie emotional aufgeladen das Thema ist, zeigt eine Attacke des Chefs der oppositionellen Demokratischen Partei, Lee Jae Myung: Auf einer Parteiversammlung nannte er Yoons Vorschlag „die größte Demütigung und den größten Schandfleck in der Geschichte der Diplomatie“.

In den USA und Japan hingegen wurde die Idee als Ausweg aus der angespannten diplomatischen Lage begrüßt. US-Präsident Joe Biden teilte mit, die Staaten machten damit „einen entscheidenden Schritt, um eine Zukunft für Koreaner und Japaner zu schmieden, die sicherer und wohlhabender ist“. Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi sagte wiederum: „Ich schätze die Ankündigung der südkoreanischen Regierung.” Denn sie werde dazu beitragen, die schwierigen Beziehungen wieder in Gang zu bringen.

Wie Japan und Südkorea in eine diplomatische Eiszeit abglitten

Bereits seit 2011 liegen die einst regelmäßigen bilateralen Gipfeltreffen auf Eis, weil sich die Regierungen beider Länder über den Umgang mit Aspekten der japanischen Annexion Südkoreas (1910-1945) streiten. Seitdem trafen sich die Regierungschefs beider Länder allenfalls am Rande internationaler Gipfeltreffen zu Vier-Augen-Gesprächen.

Zwei Themen belasteten die Beziehungen besonders: die Frage der „Trostfrauen“ genannten Kriegsprostituierten und die der Zwangsarbeiter. Unter Südkoreas linkem Präsidenten Moon Jae In und Japans konservativem Regierungschef Shinzo Abe eskalierte die Krise endgültig zu einer diplomatischen Eiszeit. Denn Moon betonte die dunklen Erinnerungen an die japanische Besatzungszeit, während Abe sie aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verdrängen suchte.

Zunächst unterstützte Moon einen Protest der „Trostfrauen“ gegen ein bilaterales Entschädigungsabkommen, das beide Länder geschlossen hatten. Es folgten das Urteil zur Entschädigung von Zwangsarbeitern und später die Beschlagnahmung von Vermögenswerten japanischer Konzerne; das Urteil – sollte es endgültig vollzogen werden – würde aus japanischer Sicht die Grundlage der diplomatischen Beziehungen zerstören.

Fumio Kishida

Japan lehnt jegliche Entschädigungsansprüche mit Verweis auf den Vertrag von 1965 ab.


(Foto: IMAGO/Kyodo News)

1965 unterzeichneten die beiden Staaten einen Vertrag und nahmen ihre Beziehungen wieder auf. Japan zahlte damals 500 Millionen Dollar, die das damals bitterarme Südkorea als Anschubfinanzierung für das folgende Wirtschaftswunder nutzte.

Tokio beruft sich seither auf den Wortlaut des Vertrages, wonach damit alle Entschädigungsansprüche abgegolten seien. Südkoreanische Gerichte haben jedoch entschieden, dass individuelle Ansprüche geltend gemacht werden können. Dies wurde von vielen Koreanern unterstützt, die in dem Abkommen von 1965 einen ungleichen Vertrag sehen.

Südkoreas Präsident Yoon sieht in Japan einen Verbündeten im Kampf gegen China

Südkoreas neuer Präsident Yoon trat dagegen 2022 sein Amt mit dem Versprechen an, die Umsetzung des Entschädigungsurteils durch einen privaten Fonds zu verhindern. Denn er will die Beziehungen zu Japan ausbauen, damit beide Länder besser mit ihrer Schutzmacht USA gegen China und Nordkorea zusammenarbeiten können.

Damit würde er auch einen Herzenswunsch amerikanischer Strategen erfüllen, die hinter den Kulissen seit Jahren auf eine Lösung des Geschichtsstreits drängen. Wie ernst es Yoon nun mit der Annäherung ist, zeigte er vorige Woche auf der Gedenkfeier für die Unabhängigkeitskämpfer gegen die japanische Besatzung: Japan habe sich vom „Aggressor zum Partner“ entwickelt, sagte Yoon.

In Japan wird dieser Stimmungswandel an der Regierungsspitze begrüßt. Seijiro Takeshita, Professor an der Universität Shizuoka, urteilt: „Das ist ein guter Schritt zur Normalisierung der Beziehungen.“ Er nennt es „sehr bedauerlich“, dass der frühere Präsident Moon antijapanische Stimmungen geschürt habe, um bei Wahlen Stimmen zu gewinnen. Damit habe Moon auch die Investitionen japanischer Unternehmen in Korea eingeschränkt, meint Takeshita. „Wie kann man erwarten, dass japanische Unternehmen angesichts dieses Gerichtsurteils investieren?“

Demonstration gegen die Entschädigungspläne der südkoreanischen Regierung

Koreanische Gericht hatten in der Vergangenheit geurteilt, dass japanische Unternehmen die Geschädigten von Zwangsarbeit entschädigen müssen.


(Foto: AP)

Die große Frage bleibt, ob dieser Versuch angesichts der Stimmung in Südkorea Erfolg haben kann. Südkoreas Oppositionschef Lee warf Präsident Yoon bereits vor, „den Weg des Verrats an der historischen Gerechtigkeit gewählt zu haben“. Er verglich das Vorgehen sogar mit der „Demütigung von Samjeondo“ im Jahr 1937, als der damalige koreanische König vor der chinesischen Qing-Dynastie kapitulierte.

>> Lesen Sie auch: Südkoreas Oppositionschef Lee bleibt auf freiem Fuß

Er warnt davor, dass der Fonds wahrscheinlich vor allem von südkoreanischen Unternehmen und nicht von den betroffenen japanischen Unternehmen gespeist würde und dass die Entschuldigungen der japanischen Regierung auf dem gleichen Niveau blieben wie bisher. Außerdem verstoße Yoon damit gegen das Urteil des Obersten Gerichtshofs. Yoon muss nun noch die Kläger dazu bringen, seine Idee zu akzeptieren.

Mehr: Pakt gegen China – Wie Südkorea den ehemaligen Erzfeind Japan umgarnt.



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