Mar 7, 2023
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Förderrichtlinie: Habeck krempelt Subventionsregeln zur klimagerechten Transformation der Industrie um

Written by Julian Olk


Berlin Die deutsche Industrie kann zeitnah auf massive Unterstützung des Staates bei der Transformation hoffen. Schon ab April sollen Unternehmen beim Bundeswirtschaftsministerium ihr Interesse an den Klimaschutzverträgen anmelden können. Das teilte das Haus von Robert Habeck (Grüne) dem Handelsblatt mit.

Grundlage dafür ist eine Förderrichtlinie aus dem Wirtschaftsministerium, auf die die Wirtschaft seit Monaten wartet. Nun liegt diese dem Handelsblatt vor. Sie soll nun zügig innerhalb der Bundesregierung beschlossen werden.

Mit den Klimaschutzverträgen bekommen Unternehmen aus der energieintensiven Industrie bis zu 15 Jahre lang die Mehrkosten vom Staat erstattet, die ihnen bei der Umstellung auf eine grüne Produktionsweise entstehen. Die Verträge gelten als zentraler Baustein im Transformationsplan von Habeck. Voraussichtlich 68 Milliarden Euro will der Bund auf diesem Weg zahlen.

Die Verträge sollen entscheidend dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht und ab 2045 keine CO2-Emmissionen mehr ausstößt. Bei der Industrie ist das besonders komplex, weil die Hersteller von Grundstoffen wie Stahl, Zement oder Glas besonders viel Energie verbrauchen. Dadurch sind die Kosten bei der Umstellung etwa auf Wasserstoff besonders hoch. „Diese Lücke will die Bundesregierung mit Klimaschutzverträgen für energieintensive Industriebranchen schließen“, heißt es seitens des Wirtschaftsministeriums.

Die Vorbereitungen für die Verträge laufen seit etlichen Monaten. Sie waren schon im Koalitionsvertrag aufgetaucht. Es handelt sich um ein heikles Vorhaben. Die Bundesregierung will zwar Klimaschutz, aber auch verhindern, dass der Staat Milliarden an die Wirtschaft zahlt, die sie gar nicht braucht.

Ein erster Entwurf der Förderrichtlinie aus dem Wirtschaftsministerium hatte im zurückliegenden Herbst für Kritik von vielen Seiten gesorgt. Vor allem die FDP fürchtet die Verschwendung von Steuergeldern.

Vergabe der Klimaschutzverträge per Auktion

Habeck hat sich dieser Sache nun angenommen. In der überarbeiteten Richtlinie sieht das Ministerium nun vor, die Klimaschutzverträge im Wettbewerb zu vergeben. Unternehmen können sich nicht einfach bewerben und sagen, wie viel Staatsgeld sie brauchen. Der Anreiz, die Höhe zu übertreiben, wäre dadurch groß.

Stattdessen sollen die Verträge nun versteigert werden: Unternehmen müssen bieten, wie viel Euro sie vom Bund brauchen, damit es sich für sie lohnt, auf grüne Produktion umzustellen. Nur diejenigen Betriebe, die am wenigsten Geld vom Staat wollen, erhalten es auch.

Das soll die Transformation der Industrie nicht nur effizienter, sondern gleichzeitig bürokratiearm machen. Gäbe es keine Auktion, hätte aufwendig geprüft werden müssen, welche Mehrkosten die Unternehmen durch die Umstellung haben.

Habeck reagiert mit der Planänderung insbesondere auf deutliche Kritik aus seinem wissenschaftlichen Beirat. Der hatte kürzlich in einem Gutachten kritisiert, dass es um die Klimaschutzverträge keinen Wettbewerb geben soll. Die Anpassung gehe nun „in die richtige Richtung“, sagt der Beiratsvorsitzende Klaus Schmidt dem Handelsblatt.

Allerdings sind solche Auktionen heikel, weil Unternehmen rechtlich dagegen vorgehen können, wenn sie leer ausgehen. Und so lässt die Richtlinie mehrere Hintertüren offen. In bestimmten Sektoren soll der Bund doch auf Auktionen verzichten können.

>>Lesen Sie hier: Habeck hilft der Industrie mit Milliarden bei der Transformation

Außerdem soll nicht nur die Kosteneffizienz entscheidend für den Zuschlag sein. „Die Vergabe ist so kompliziert und in den verschiedenen Industrien so unterschiedlich, dass man gespannt sein darf, wie viel Wettbewerb zum Schluss tatsächlich übrig bleibt“, warnt Schmidt.

Rückzahlungen an den Staat

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Verbreitung von Wasserstoff dürften grüne Produktionsverfahren in den nächsten Jahren immer günstiger werden. Deshalb will Habeck die Höhe der vereinbarten Staatshilfe anpassen können, nachdem der Klimaschutzvertrag abgeschlossen ist.

BASF Ludwigshafen

Jetzt sieht die Förderrichtlinie aber vor, dass ein Betrieb nur noch zehn Kilotonnen CO2 pro Jahr ausstoßen muss, damit er sich um einen Klimaschutzvertrag bemühen darf.


(Foto: imago images/Arnulf Hettrich)

Beispiel Stahlkocher: Mit dem immer weiter steigenden Preis für CO2-Zertifikate wird die alte Produktionsweise mit Kohle teurer. Dadurch sinkt die Lücke zum Betrieb mit Wasserstoff. Deshalb würde die Hilfshöhe des Klimaschutzvertrags gesenkt.

In der Wirtschaft kommen Ideen wie diese nicht gut an. „Die Unsicherheit für die Unternehmen bleibt nach wie vor hoch“, sagte Jörg Rothermel, Energiechef beim Verband der Chemischen Industrie (VCI).

Gleichzeitig müssen die Unternehmen Geld zurück an den Staat zahlen, sobald die grüne Produktion günstiger als die fossile ist. „Klimaschutzverträge sollen nicht die Transformation der gesamten Industrie in Deutschland finanzieren, sondern diese lediglich anstoßen“, heißt es dazu aus dem Wirtschaftsministerium.

>>Lesen Sie hier: Habecks Berater fordern Strategiewechsel bei Industrie-Umbau

Zu Diskussionen mit der FDP dürfte allerdings noch ein Notausgang für die Industrie führen. Die Richtlinie sieht vor, dass Unternehmen aus dem Klimaschutzvertrag aussteigen und damit Rückzahlungen vermeiden könnten, wenn im europäischen Markt, in dem sie tätig sind, mindestens 80 Prozent der Unternehmen auf die grüne Produktionsweise setzen.

Erweiterung auf den Mittelstand

Über Habecks bisherige Pläne hatte sich aufseiten der Wirtschaft der Mittelstand brüskiert gezeigt. Ursprünglich hatte der Grünen-Politiker geplant, die Klimaschutzverträge bloß auf die Großindustrie auszurichten.

Jetzt sieht die Förderrichtlinie aber vor, dass ein Betrieb nur noch zehn Kilotonnen CO2 pro Jahr ausstoßen muss, damit er sich um einen Klimaschutzvertrag bemühen darf. Zuvor waren es 30. Zum Vergleich: Das Zementwerk Lägerdorf in Schleswig-Holstein kam laut Deutscher Emissionshandelsstelle 2021 auf 1052 Kilotonnen CO2. Zudem ist jetzt vorgesehen, dass sich mehrere kleinere Anlagen gemeinsam für eine Förderung als Konsortium bewerben können.

Achim Dercks, Vize-Hauptgeschäftsführer bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), lobte die Anpassungen: „Die neue Ausgestaltung der Klimaschutzverträge ist eine gute Weiterentwicklung für größere Mittelständler.“

Förderhöhe von der Art des Wasserstoffs abhängig

Auf der anderen Seite hat Habeck bei den Voraussetzungen für die eingesetzte Energie nachgeschärft. Unternehmen erhalten laut der Förderrichtlinie nur Klimaschutzverträge, wenn ihr Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.

Robert Habeck

Die Klimaschutzverträge sind für den Bundeswirtschaftsminister das entscheidende Element für die Transformation der Industrie.


(Foto: Imago Images)

Etwas offener ist das Ministerium beim Wasserstoff. Industrieunternehmen haben auch die Chance auf einen Klimaschutzvertrag, wenn sie mit Gas erzeugten Wasserstoff einsetzen – allerdings nur, wenn dabei „geringe Emissionen“ entstehen. Konkret müssen die Treibhausgasemissionen 73 Prozent geringer sein als bei Produktionsverfahren, bei dem direkt fossile Energie eingesetzt wird.

Wer aus erneuerbarer Energie erzeugten Wasserstoff einsetzt, erhält zudem einen höheren Förderbetrag. In den Klimaschutzverträgen kann zudem festgeschrieben werden, dass die Unternehmen während der Vertragslaufzeit den Anteil des grünen Wasserstoffs erhöhen müssen.

Mehr: Kann Brüssel den E-Fuels-Wunsch der FDP erfüllen?



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