Washington Das US-Finanzministerium hat lang erwartete Regeln zu Kaufanreizen für Elektroautos vorgelegt. Die neuen Vorschriften, die auf der Website der Behörde veröffentlicht wurden, sollen am 18. April in Kraft treten – und sorgen schon im Vorfeld für heftige Kritik.
Kern des Plans sind Steuergutschriften von bis zu 7500 US-Dollar, die Käufer von E-Autos erhalten können. Dafür gibt es aber eine Reihe von Vorschriften, etwa zur Herkunft der Rohstoffe, die in Batterien verbaut sind.
Alle auf dem US-Markt aktiven Autobauer, die die Subventionen für ihre Modelle beanspruchen wollen, müssen der US-Regierung in den kommenden Wochen umfangreiche Informationen liefern, sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter aus dem Weißen Haus.
So will Washington sich einen Überblick verschaffen, woher die Rohstoffe und Komponenten für Batterien derzeit stammen, und unter welchen Umständen die Montage der E-Autos erfolgt. Die Konzerne seien „zu korrekten Angaben verpflichtet“, sagte der Beamte, andernfalls drohten Strafzahlungen.
Das sehen die neuen Richtlinien vor:
- Um sich für eine Hälfte der Steuergutschrift zu qualifizieren, müssen 40 Prozent der kritischen Mineralien einer Batterie in den USA oder in einem Land, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben, extrahiert, verarbeitet oder wiedergewonnen werden. Dieses Niveau soll bis 2027 auf 80 Prozent steigen. Momentan kommt ein Großteil dieser Rohstoffe, wie Lithium, Nickel, Mangan, Grafit und Kobalt, aus China.
- Um sich für den anderen Teil der Steuergutschrift zu qualifizieren, müssen ab 2023 mindestens 50 Prozent der Batteriekomponenten eines Fahrzeugs – ab 2029 dann hundert Prozent – in Nordamerika hergestellt oder montiert werden.
- Autos mit einem Preis von über 55.000 US-Dollar und Lastwagen, Lieferwagen und SUVs mit einem Preis von über 80.000 US-Dollar haben keinen Anspruch auf die Steuergutschrift. Außerdem gelten Einkommensgrenzen für Käufer.
Die nun veröffentlichten Regeln stoßen bereits auf Kritik. „Es ist sehr verwirrend“, sagte Michelle Krebs, Analystin für den Verband Cox Automotive der „Washington Post“. „Solle man besser leasen, will man kaufen? Wie viel Geld werde ich als Kunde sparen? Kommt ein bestimmtes Modell überhaupt für die Gutschrift infrage? Was kostet das am Ende alles? Alle sind verwirrt, auch die Händler“, kritisierte sie.
Derzeit qualifizieren sich fast 40 E-Fahrzeugmodelle in den USA für Steuererleichterungen – nach den aktuellen Förderbedingungen zumindest. Diese Zahl dürfte zunächst deutlich schrumpfen, bis die Hersteller die neuen Bedingungen erfüllen. „Wir sind optimistisch, aber es gibt noch viel zu tun“, sagte Bidens Chef-Stratege John Podesta diese Woche und räumte ein: „Es ist kompliziert.“
EU-Hersteller haben das Nachsehen
Die nun veröffentlichten Regeln dürften auch neue Unruhe in den transatlantischen Batteriestreit bringen. Das amerikanische Subventionsprogramm für grüne Technologien, der Inflation Reduction Act (IRA), stellt das Verhältnis seit Monaten auf die Probe. Die USA stecken damit mindestens 370 Milliarden US-Dollar in die Förderung klimafreundlicher Technologien, die Subventionen sind bisher nicht begrenzt. Die neuen E-Auto-Regeln sind Teil des IRA.
Da die EU kein Freihandelsabkommen mit den USA hat, werden europäische Hersteller faktisch von den Subventionen ausgeschlossen, sofern sie ihre E-Autos nicht in Nordamerika bauen – und warnen vor Nachteilen für sie auf dem US-Markt. Die US-Regierung ist der EU bereits entgegengekommen: So werden sich Leasing-Fahrzeuge europäischer Autobauer zumindest für einen Teil der Gutschriften qualifizieren können.
Die IRA-Subventionen könnten dazu führen, dass europäische Autobauer Teile ihrer Produktion nach Nordamerika verlagern.
(Foto: AP)
Kürzlich hatten sich Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deshalb auf Gespräche für eine neue transatlantische Rohstoff-Partnerschaft geeinigt. Ziel ist ein neues Lieferkettennetzwerk für kritische Rohstoffe, Mineralien und seltene Erden.
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Europäische Batteriehersteller hoffen auf diese Weise, doch noch vollständig von den US-Subventionen profitieren zu können. Es gibt allerdings bislang keinen Vertrag, sondern nur eine Absichtserklärung für Verhandlungen. Mit Japan hatten die USA kürzlich ein umfangreiches Rohstoffabkommen abgeschlossen, ein Freihandelsabkommen zwischen den beiden Staaten gibt es nicht. Das Rohstoffabkommen könnte aber als Vorbild für den Vertrag zwischen den USA und der EU dienen.
Die EU und die USA verhandeln derzeit über eine Rohstoffpartnerschaft.
(Foto: IMAGO/UPI Photo)
Auffallend ist: Japan steht explizit in den nun veröffentlichten Richtlinien und darf damit von den Anreizen profitieren. Die Europäische Union wird nicht erwähnt.
Darüber hinaus stehen diese Länder auf der Liste: Australien, Bahrain, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras, Israel, Japan, Jordanien, Korea, Mexiko, Marokko, Nicaragua, Oman, Panama, Peru und Singapur.
Eine Tür für die EU bleibt aber offen: „Weitere Länder“ könnten in diese Liste mit aufgenommen werden, schreibt das Finanzministerium, nach „neu ausgehandelten Vereinbarungen über kritische Mineralien“.
Brüssel warnt vor Fabrikschließungen in Europa
Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager, sagte am Donnerstag, sie sei optimistisch, dass bald ein entsprechendes Abkommen geschlossen werden könne. Gleichzeitig warnte sie erneut vor einem Subventionswettlauf und kritisierte, dass die massiven Förderungen des IRA den Industriestandort EU gefährden könnten, weil europäische Hersteller ihre Produktion stärker in die USA verlagern könnten.
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Die Milliarden aus dem IRA führen bereits jetzt dazu, dass die E-Auto- und Batterieproduktion in den USA boomt, eine Reihe neuer Gigafactories und E-Auto-Werke ist in Planung. Bis 2030, so Biden, sollen 50 Prozent der US-Neuwagen elektrisch sein.
Die Ausgestaltung des transatlantischen Rohstoffabkommens ist unklar. Laut Yellen bedürfe der Vertrag keiner Zustimmung des US-Kongresses. Der demokratische Chef des Finanzausschusses im Senat, Ron Wyden, rief Biden jedoch auf, „den Kongress und den Senat in die Handelspolitik mit einzubeziehen“.
Und der Demokrat Joe Manchin, Chef des Energieausschusses im Senat, blockierte bereits die Bestätigung von zwei Biden-Kandidaten für Regierungsposten – als Zeichen des Protests gegen Zugeständnisse im Batteriestreit. Er forderte ein „Ende der politischen Spielchen“ und eine konsequente Umsetzung der Subventionen.
Der Demokrat fürchtet, dass bei zu vielen Ausnahmen weiterhin chinesische Rohstoffe in die USA gelangen. Wegen der knappen Mehrheiten im US-Senat kann es sich Biden kaum leisten, Mitglieder seiner Partei zu vergraulen.
Der Batteriestreit hat viele globale Rohstoffinitiativen losgetreten. Begehrte Ressourcen spielen auf beiden Seiten des Atlantiks eine immer stärkere Rolle für die nationale Sicherheit. Doch weder in den USA noch in der EU gibt es genügend Rohstoffe, beide Kontinente bemühen sich deshalb um Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern in Afrika, Asien oder Lateinamerika.
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