Drei Monate Sperre des ALG 1 wegen eigener Kündigung? Das muss nicht sein.
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Bei einer Kündigung seitens des Arbeitgebers ist der Fall klar: Der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder ALG 1 beginnt mit dem Tag der Arbeitslosigkeit. Doch was, wenn der Arbeitnehmer selbst die Kündigung einreicht? Dann droht eine dreimonatige Sperrzeit. Doch in vielen Fällen ist diese unzulässig. Wir zeigen Wege auf, um sich gegen die Sperre beim Arbeitslosengeld zu wehren.
Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld. Voraussetzung ist, dass der oder die Arbeitnehmerin in den vergangenen 30 Monaten mindestens 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt war – also Sozialversicherungsabgaben gezahlt hat. Diese Zeit heißt auch Anwartschaftszeit. Die Arbeitslosenversicherung gehört zu den Sozialversicherungen wie beispielsweise die Rente.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass sich der künftig Arbeitslose bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend meldet. Dafür gibt es Fristen: mindestens drei Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit oder so schnell wie möglich bei einer unerwarteten Kündigung. Die Arbeitsagentur hat grundsätzlich die Aufgabe, bei der Suche nach einem neuen Job behilflich zu sein. Doch es gibt auch viele Möglichkeiten, sich selbst eine neue Stelle zu suchen.
Wie viel Arbeitslosengeld bekomme ich?
Sobald eine Kündigung ansteht, stellen sich Arbeitnehmer die Frage, wie viel Geld bekomme ich? Bemessungsgrundlange für das ALG 1 ist das Bruttogehalt der vergangenen 12 Monate geteilt durch 365, also die Anzahl der Tage eines Jahres.
Davon abgezogen werden Lohnsteuer, gegebenenfalls der Solidaritätszuschlag und ein Pauschalbetrag für die Sozialversicherung. Letztendlich bleiben 60 Prozent des Nettobetrags, das als Arbeitslosengeld pro Tag ausgezahlt wird. Mehr Geld bekommen etwa Eltern. Pro Kind gibt es einen Zuschlag. Die individuelle Höhe des Arbeitslosengeldes kann mit dem Rechner der Agentur für Arbeit ermittelt werden.
Wann kann es zu einer Sperrfrist kommen?
Es gibt eine Sperrfrist der Zahlung, wenn sich Arbeitnehmer selbstverschuldet in die Situation der Erwerbslosigkeit bringen – also durch ihr Verhalten dazu führt, dass sie gekündigt werden oder selbst kündigen. Dann kann die Bundesagentur für Arbeit die Zahlung bis zu 12 Wochen, also drei Monate, aussetzen. Das kann in folgenden Fällen auftreten:
- Kündigung auf eigenen Wunsch
- Eine Kündigung durch Fehlverhalten am Arbeitsplatz
- Arbeitnehmerin bekommt eine Abfindung
- Es wurde ein Aufhebungsvertrag unterschrieben
- Meldeversäumnis: Der Arbeitnehmer meldet zu spät bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend
Wie kann gegen die Sperrfrist vorgegangen werden?
Laut § 159 SGB III Ruhen bei Sperrzeit heißt aber auch, dass Arbeitnehmer nur eine Sperre bekommen können, wenn sie sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Konkrete Gründe lässt das Gesetz offen. Denn jeder Antrag wird individuell geprüft. Für Arbeitnehmer, die mit einem gewichtigen Grund selbst kündigen, sollten zunächst schriftlich Einspruch gegen eine Sperrfrist einlegen. Erst dann werden ihre Unterlagen geprüft.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 3 SGB III hat der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen.
Heißt: Arbeitnehmende sollten Beweise, Atteste und eine nachvollziehbare Begründung für die Entscheidung vorlegen. In den vergangenen Jahren haben immer wieder Urteile dazu geführt, dass folgende sieben Gründe in vielen Fällen gegen eine Sperre sprechen:
Berufliche Gründe einer Kündigung
- Überforderung, Stress oder Mobbing am Arbeitsplatz (Az. L 9 AL 129/08)
- Aufhebungsvertrag mit Abfindung wegen drohender Kündigung (Az. B 11 AL 6/11 R)
- sexuelle Belästigung oder andere Straftaten seitens des Arbeitgebers (2 AZR 302/16)
- verzögerte Lohnzahlungen seitens des Arbeitgebers (Az. L 5 AL 21/08)
Private Gründe einer Kündigung
- Pflege eines Angehörigen (Az. L 13 AS 162/17)
- Einzug in eine gemeinsame Wohnung mit dem Ehepartner oder einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft (Az. L 7 AL 36/16)
- bilden einer Erziehungsgemeinschaft im Sinne des Kindeswohls (Az. B 11a/7a AL 52/06 R)
Wichtig ist, dass in jedem Fall Nachweise hilfreich für die Durchsetzung sind, da Dritte die Gründe nachvollziehen können müssen.
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Dieser Artikel erschien bereits am 15.12.2020. Der Artikel wurde erneut geprüft und mit leichten Anpassungen aktualisiert.
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