Die Möglichkeit, als souveräner Staat eigene Handelsverträge frei von EU-Regularien zu schließen, war eines der zentralen Versprechen des Brexits.
Nach den jüngsten verfügbaren offiziellen Zahlen sind bisher lediglich 63 Prozent des Außenhandels durch solche Verträge abgedeckt. Diese Zahl nannte der konservative Politiker James Duddridge, der unter Ex-Premierministerin Liz Truss Handelsstaatssekretär war, Ende September auf eine Frage der Opposition. Auf eine aktuelle Anfrage hin verwies das Handelsministerium erneut auf diese Antwort. Großbritannien habe mit der EU und 71 Ländern Handelsverträge geschlossen, mit denen das Vereinigte Königreich im vergangenen Jahr ein Handelsvolumen von 808 Milliarden Pfund (rund 926 Mrd Euro) gehabt habe, so Duddrige.
“Wir haben uns hohe Ziele gesteckt, aber um diese zu erreichen, brauchen wir einen Deal mit den USA, und es ist deutlich, dass die Regierung Biden Handelsverträgen mit anderen Ländern keinen Vorrang einräumt”, sagte ein Vertreter britischer Regierungskreise der Deutschen Presse-Agentur. “Wir sind bereit weiterzuverhandeln, sobald die USA es sind.” In der Zwischenzeit werde man daran arbeiten, Handelshürden für britische Unternehmen auf dem US-Markt abzubauen und Verträge mit einzelnen Bundesstaaten zu schließen.
Das britische Handelsministerium teilte mit, man wolle sich als nächstes auf Deals mit Indien, den Golfstaaten, Kanada, Mexiko, Israel und dem Indopazifik konzentrieren.
“Handelsverträge sind in der Praxis kompliziert, und der Rest der Welt sieht den Handel mit Großbritannien nicht als so wichtig an, wie Brexit-Befürworter das annehmen”, sagte der britisch-deutsche Wirtschaftswissenschaftler Andrew Lee, der an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg lehrt, der Deutschen Presse-Agentur. “Es stehen nicht alle geduldig in einer Schlange und warten darauf, mit Global Britain einen Vertrag zu unterschreiben.”
Dies gelte vor allem für die USA, die immer als “Hauptpreis” angesehen würden. Solche Verhandlungen mit der Regierung von US-Präsident Joe Biden seien derzeit wenig aussichtsreich. Einerseits schütze diese stark die heimische Wirtschaft. Außerdem mache der Streit zwischen London und der EU über Post-Brexit-Handelsregeln für Nordirland die Situation komplizierter, sagte Lee. Handelsverträge mit anderen Ländern seien in vielen Fällen einfach aus EU-Zeiten weitgehend kopiert worden, von den Bedingungen her deutlich schlechter wie im Fall des EU-Handelspaktes oder einfach von der Größenordnung her nicht so bedeutsam für die britische Wirtschaft – etwa im Fall von Australien oder Japan.
Der Handelspakt mit der EU bringt britischen Unternehmen einer Umfrage zufolge nicht die erhofften Vorteile: In einer Umfrage der British Chamber of Commerce gaben mehr als drei Viertel der befragten Firmen an, der Brexit-Deal helfe ihnen nicht dabei, ihren Umsatz zu steigern. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) haben den Angaben nach Probleme mit den neuen Handelsregeln.
LONDON (dpa-AFX)
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