Berlin Die bundeseigene Agentur für Sprunginnovationen (Sprind) soll künftig unabhängig darüber entscheiden können, wie und welche Innovatoren sie fördert. Das zeigt ein Gesetzentwurf des sogenannten „Freiheitsgesetzes“ aus dem Haus von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), der dem Handelsblatt vorliegt. Dieser sieht vor, dass die vor gut drei Jahren gegründete Agentur in Zukunft weit freier agieren darf: Die inhaltliche Kontrolle durch das Forschungsministerium soll wegfallen, außerdem sollen innerhalb bestimmter Grenzen auch die ungehinderte Beteiligung an Start-ups, Kooperationen mit anderen Kapitalgebern und sogar Gewinne möglich sein.
Zudem soll Sprind-Chef Rafael Laguna de la Vera künftig auch „wettbewerbsfähige“ Gehälter an Mitarbeiter zahlen dürfen, die ihm bei der Suche nach Tüftlern mit Topideen helfen.
Die von Angela Merkel initiierte Agentur soll Menschen fördern, deren Ideen völlig neue Produkte oder Verfahren ermöglichen – sogenannte disruptive Innovationen oder „Sprunginnovationen“, die nachhaltigen volkswirtschaftlichen Nutzen bringen. Der Bund hatte sie 2019 nach dem Vorbild der ungleich größeren US-amerikanischen Darpa gegründet, die seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle für Innovationen „made in USA“ spielt. Ihre zentralen Instrumente sind bisher die Organisation von Wettbewerben und die Gründung von 100-prozentigen Tochterunternehmen für Topinnovationen.
Schnell zeigte sich jedoch, dass die Sprind, eingezwängt ins deutsche Haushaltsrecht, „ihr Potenzial nicht voll entfalten konnte“, sagte Stark-Watzinger dem Handelsblatt. Daher „befreien wir die Sprind jetzt von unnötigen bürokratischen Fesseln und geben ihr viele Freiheiten“. Das sei ein wichtiges Signal für den Innovationsstandort Deutschland und werde mehr Sprunginnovationen ermöglichen.
Finanzministerium bremste bislang
Hintergrund ist der wachsende Rückstand des Innovationsstandorts Deutschland: So zeigte soeben eine Studie des BDI, dass die Bundesrepublik bei der Innovationsfähigkeit international nur noch Platz zehn erreicht – hinter Ländern wie der Schweiz, Singapur oder Dänemark. Eine Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY von weltweit 500 Unternehmen zeigte: Nirgends steigen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung so schnell wie in den USA. Deutschland fällt zurück – vor allem in Schlüsseltechnologien wie Chipproduktion oder KI.
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Angekündigt war das nun vorliegende Gesetz schon im Koalitionsvertrag. Weil dann aber das Finanzministerium bremste, hatte Laguna zwischenzeitlich schon mit Kündigung gedroht. Im Ministerium von Christian Lindner (FDP) tue man sich schwer, einer staatlichen Agentur bisher völlig unübliche Freiheiten einzuräumen, hieß es hinter den Kulissen. Der vorliegende Entwurf ist nun bereits mit den Ministern für Wirtschaft, Justiz und Finanzen abgestimmt. Stark-Watzinger will sich dafür einsetzen, dass er nun auch zeitnah im Parlament beraten wird, sagte sie.
Sprind-Direktor Laguna zeigte sich „sehr froh“, dass die Ampel ihr Versprechen einlöse, „die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Sprind umgehend substanziell zu verbessern, damit sie freier agieren und investieren kann“. Das sei ein wichtiger Schritt, um die deutsche Innovationsförderung neu aufzustellen. Neben dem neuen Spielraum bei den Förderinstrumenten sei besonders wichtig, dass die Sprind sich nicht mehr sklavisch an Haushaltsjahre halten muss, sondern Mittel auch „überjährig investieren“ darf.
Konkret soll die Sprind bei Bedarf 30 Prozent ihres Jahresbudgets von aktuell 180 Millionen Euro in das nächste Jahr verschieben dürfen. Einnahmen – zum Beispiel aus Darlehensrückzahlungen oder auch dem Verkauf von Tochterunternehmen – sollen künftig zumindest zur Hälfte wieder der Förderung weiterer Sprunginnovationen zugutekommen.
Außerdem soll die Sprind ohne Zustimmung des Bundes Beteiligungen an anderen Unternehmen bis zu 25 Prozent oder im Wert von zehn Millionen Euro erwerben oder verkaufen dürfen. Über größere Beteiligungen muss das Finanzministerium innerhalb von drei Monaten entscheiden. Wenn es sich um Beteiligungen von mehr als 25 Prozent, aber maximal zehn Millionen Euro handelt, gilt die Genehmigung nach dem Gesetzentwurf als erteilt, wenn sich das Finanzministerium nicht innerhalb dieser Frist dazu äußert.
Ein unübliches Privileg hatte die Agentur schon bisher: Der Chef ihres Aufsichtsrats ist nicht wie bei anderen Bundeseinrichtungen üblich ein Abgesandter des Ministeriums. Den Vorsitz führt stattdessen Peter Leibinger, Vizechef des schwäbischen Hightech-Unternehmens Trumpf.
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